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SPD und CDU wollen künftig Berlin regieren.

© imago/Stefan Zeitz/imago/Stefan Zeitz

Mehr als andere Bündnisse zuvor: CDU und SPD müssen Berlin jetzt überraschen

Was die Bürger in der Hauptstadt noch erstaunt, das ist das Gelingen, nicht das Scheitern. Was braucht es dazu jetzt? Projekte mit Signalwirkung.

Ein Kommentar von Anna Thewalt

Berlin wird also das erste Mal nach fast einem Vierteljahrhundert wieder von der CDU regiert werden. Die Berliner Sozialdemokraten haben ihrer Stadt keine Überraschung beschert. Trotz langen Ringens, heftiger Auseinandersetzungen und vereinzelter verbaler Entgleisungen hat sich die Mehrheit der 18.556 Mitglieder für eine Koalition mit den Christdemokraten ausgesprochen.

CDU und SPD haben nun die Möglichkeit, zu überraschen – mehr als vielleicht andere Bündnisse zuvor. Denn mit Dysfunktionalität kann ein Senat die Berlinerinnen und Berliner kaum mehr in Erstaunen versetzen. Selbst die notwendig gewordene Wiederholungswahl als vorläufiger Tiefpunkt hat in der Stadt mehr Schulterzucken als echte Schockreaktionen ausgelöst. Es ist traurig, aber wahr, womit die Bewohner Berlins überrascht werden können, ist einfach: Gelingen.

Die Voraussetzung dafür wird sein, dass beide Parteien in Zukunft anders miteinander arbeiten als die bisherigen Bündnispartner. Dabei könnten CDU und SPD an den Modus anknüpfen, den sie in den vergangenen Wochen gefunden haben. Die Koalitionsverhandlungen liefen weitgehend geräuschlos ab, der straffe Zeitplan wurde eingehalten. Die sachorientierte Art wurde von Vertretern beider Parteien immer wieder gelobt.

Damit dieser gemeinsame Umgang auch weiter gelingt, müssen alle Akteure der SPD – im Sinne Berlins – die Mehrheitsmeinung ihrer Mitglieder akzeptieren. Das gilt für linke Landespolitiker genauso wie für linke Bundesgeneralsekretäre.

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Aber wohl schon auf dem nächsten Parteitag im Mai dürfte der Unmut vieler Funktionäre auch personelle Änderungen nach sich ziehen. Als Nachfolgerin für Franziska Giffey ist bereits Cansel Kiziltepe im Gespräch, die ebenfalls Senatorin werden soll.

Parteivorsitzender Raed Saleh wiegelte die Frage nach personellen Neuerungen am Sonntag zwar ab. Doch sie könnten ein Signal an all jene sein, die gegen die Koalition mit der CDU stimmten. Wenn es dazu kommt, sollten die Personalveränderungen im Sinne der Stadt ohne große Abrechnungen ablaufen. Sonst könnte Berlin in die nächste Krise stürzen. 

Und die CDU, die strahlende Siegerin der Wiederholungswahl? Die Partei muss beweisen, dass es ihr nicht nur um Macht geht, sondern dass sie eine konstruktive Idee für die Stadt verfolgt. Im Koalitionsvertrag hat die CDU vor allem Zugeständnisse gemacht, statt eigene Akzente zu setzen. Wie sie ihren Stil definieren will, noch dazu mit einem unerfahrenen Regierungschef, muss sie erst zeigen.

Auf Berlin kommt eine Koalition zu, die die Stadt bereits zehn Jahre bis 2001 und, unter SPD-Führung, von 2011 bis 2016, hatte. Doch die Zeiten sind andere, die Herausforderungen erst recht. Nur drei Jahre bleiben dem schwarz-roten Bündnis. Der designierte Regierende Kai Wegner hat die Verwaltungsreform bereits zur Chefsache erklärt. Wenn hier tatsächlich Fortschritte erzielt werden, könnte das auch einem übergeordneten Ziel zugutekommen. Wegner hat es benannt: Berlin zusammenzuführen. Mit der Arbeit an den grundlegenden Funktionsweisen der Stadt muss die Koalition beginnen. Ein weiterer zentraler Punkt: der Klimaschutz. 

Hier hat das künftige Regierungsbündnis mit dem Sondervermögen eine Ankündigung gemacht, die noch auf Umsetzung wartet. CDU und SPD kritisierten in der Vergangenheit immer wieder die Klima- und Verkehrspolitik der Grünen. Jetzt müssen sie zeigen, wie ihr Weg aussieht. Sollte er nur daraus bestehen, Bedenken zu beschwichtigen und den Ausgleich zwischen allen Interessen auszubuchstabieren, wird das nicht reichen.

Stattdessen könnten sich CDU und SPD zu Beginn einige wenige Projekte mit Signalwirkung vornehmen, um zu zeigen, dass sie es ernst meinen. Einerseits etwa zentrale Fahrradstraßen einweihen und zugleich die Friedrichstraße wieder für den Autoverkehr öffnen. Der Platz um den Gendarmenmarkt könnte Fußgängerzone werden.

Wenn die schwarz-rote Koalition Tempo macht und es Schwarz-Rot gelingt, die Weichen jetzt für eine neue Metropolenpolitik zu stellen, könnten aller bescheidenen Erwartungen zum Trotz die Berlinerinnen und Berliner eine positive Überraschung erleben.

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