
© AFP/ANDREW CABALLERO-REYNOLDS
US-Kongress beschließt Steuergesetz: Trumps „Big Beautiful Bill“ ist eine bittere Lektion für US-Bürger, Deutsche und Europäer
Der US-Präsident triumphiert im Ringen um niedrige Steuern, Sozialkürzungen und mehr Geld für Sicherheit. Der Erfolg wird ihn auch außenpolitisch weniger nachgiebig machen.

Stand:
Es ist eine Machtdemonstration. Und die werden auch die Europäer im Ringen um die Strafzölle zu spüren bekommen. Donald Trump ist der Sieger im innenpolitischen Streit in den USA um niedrigere Steuersätze, soziale Kürzungen und höhere Ausgaben für Sicherheit.
Der Präsident kann seine „Big Beautiful Bill“ wie geplant am 4. Juli, dem Feiertag zur Unabhängigkeit 1776, mit seiner Unterschrift in Kraft setzen. Der Erfolg wird ihn auch außenpolitisch weniger nachgiebig machen.
Neuer Rederekord: acht Stunden, 45 Minuten
Am Ende haben alle Widerstandsversuche nichts geholfen. Trump hat die Republikanische Partei fest im Griff. Elon Musks Proteste verhallen.
Und die Demokraten können über symbolischen Widerstand hinaus wenig ausrichten, weil ihnen die Machtmittel fehlen. Der neue Rederekord des Oppositionsführers im Repräsentantenhaus Hakeem Jeffries – acht Stunden, 45 Minuten – brachte nur etwas Verzögerung, änderte aber nichts.
Eine bittere Lektion für US-Bürger, Deutsche und Europäer: Es wäre besser gewesen, sich nach Worst-Case-Szenarien zu richten, als sich in das Wunschdenken zu flüchten, es werde schon nicht so schlimm kommen.
Christoph von Marschall, Diplomatischer Korrespondent der Chefredaktion
Drei Republikaner im Senat und zwei im Repräsentantenhaus stimmten gegen das Vorzeigeprojekt des Präsidenten. Das darf man ohne Übertreibung als politischen Todesmut bezeichnen. Thom Tillis, Senator aus North Carolina, verband das mit der Ankündigung, erst gar nicht mehr zur Wiederwahl anzutreten. Er weiß, dass Trump sich andernfalls rächen würde, indem er einen loyalen Rivalen in die Kandidatenaufstellung für die Senatswahl schickt.
US-Schulden steigen um 3,4 Billionen Dollar
Von der Vernunft her lässt sich vieles einwenden gegen Trumps Agenda. Das Gesetz wird die schon heute beängstigend hohen US-Schulden um weitere 3,4 Billionen Dollar über die nächsten zehn Jahre steigern. Parallel wurde die Schuldenobergrenze für die absehbare Zeit de facto außer Kraft gesetzt.
Langfristig wächst das Risiko, dass der Dollar weich wird und sich nicht als Leitwährung der Erde behaupten kann. Das ist Trump egal. Denn vorerst bleibt der Dollar alternativlos. Es ist nicht zu befürchten, dass es kurzfristig keine Käufer für US-Schuldscheine gibt.
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Nun droht Trump Wahlniederlage 2026
Und wo, bitte, bleibt die Hoffnung? Trumps Macht ist endlich. Nicht heute und morgen, aber in absehbarer Zeit. Es wird nun noch wahrscheinlicher, dass die Republikaner die Mid Term Election im November 2026 verlieren – und Trump damit seine knappe Kongressmehrheit.
Erstens büßt die Partei des Präsidenten nach der generellen Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte bei der Zwischenwahl Stimmen ein. Zweitens werden bis dahin Millionen US-Wähler die Folgen der Kürzungen bei der Gesundheitsversorgung und Sozialprogrammen am eigenen Leib zu spüren bekommen. Das wird sie wohl kaum motivieren, die Republikaner zu wählen.
Für die Deutschen und die Europäer ist das ein ferner Trost. Die nächsten Jahre haben sie es mit Trump zu tun. Der nutzt ihre selbstverschuldete Schwäche gnadenlos aus. Werden sie die Kraft und den Mut haben, sich Trumps Forderungen zu widersetzen? Zum Beispiel, dass sie Abstand von der Digitalsteuer nehmen, die vor allem US-IT-Konzerne zahlen? Und dass sie die Unterstützung der Ukraine allein tragen sollen?
Oder muss man es umgekehrt betrachten: Das können sie sich gar nicht leisten angesichts ihrer Unfähigkeit, sich aus eigener Kraft gegen Wladimir Putins Armeen zu verteidigen? Die schiere Vernunft gebietet es angesichts der Abhängigkeit von den USA, mehr Zugeständnisse bei Handel und Strafzöllen zu machen?
So wird Trumps Erfolg zu einer bitteren Lektion für US-Bürger, für Deutsche und Europäer, für die Bundesregierung und die EU-Kommission: Es wäre besser gewesen, sich nach Worst-Case-Szenarien zu richten, als sich in das Wunschdenken zu flüchten, es werde schon nicht so schlimm kommen.
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