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Wie kommt die Sozialdemokratie aus der Krise? : Warnsignale aus dem Osten
Politik als Rolle rückwärts. Davon profitiert auch das BSW, das Bündnis um Sahra Wagenknecht und Ex-SPD-Chef Oskar Lafontaine. Obacht: Sie können auch im Westen punkten.

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Wenn die Scholz-Partei, die Kanzlerpartei, die SPD, gegenwärtig in den Osten schaut, dann müsste ihr schwarz vor Augen werden. Von wegen: Aus dem Osten kommt das Licht. Da kommt seit einiger Zeit ganz anderes, die AfD, das BSW, und am Ende regiert die CDU. Düstere Aussichten. Jedenfalls in drei von fünf Bundesländern.
Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen: Zeichen an der Wand, zu der die SPD mit dem Rücken steht. Wenn die Partei dort, wo sie vor mehr als 160 Jahren gegründet wurde, in Sachsen, noch das Zünglein an der Waage ist – dann ist das schon ein Erfolg. Derzeit oszilliert sie zwischen einstelligen und niedrigen zweistelligen Ergebnissen.
Eine Neugründung wie das BSW, das Bündnis Sahra Wagenknecht, ist nach nur wenigen Monaten schon stärker als die stolze Traditionspartei der Arbeiterschaft. Mehr noch, die SPD verliert Stimmen auch an die AfD, die in althergebrachter Weise obrigkeitlich redet und handelt und auf die „kleinen Leute“ zielt.
Politik als Rolle rückwärts. Davon profitiert auch das BSW. Denn das ist nicht nur – wie früher in Parteien nicht eben selten – straff auf die eine Person an der Spitze zugeschnitten. Sondern hat, dazu passend, ein Programm im Stil vergangener Zeiten. Die Rückschau gerinnt zur Handlungsanleitung.
Das BSW ist die jüngste Herausforderung im Parteienspektrum, und die trifft ausgerechnet die SPD. Auch noch mehr als die AfD, denn deren deutschtümelnder Ton ist dann doch zu dunkel, als dass er verbliebenen Roten passen könnte.
Was passt? Wenn das BSW, aus der Vergangenheit hervorgeholt, so wie die SPD in den Neunzigerjahren Politik zu machen verspricht: Der Masse wohl und keinem wehe – doch wehe denen „da oben“. Das erinnert an das Erfolgsrezept der SPD um 1998, als Oskar Lafontaine das Sagen hatte und die Partei noch einmal über 40 Prozent führte.
Die BSW-Melange wirkt doch arg bekömmlich
Das ist jener Lafontaine, der danach die Linke groß und klein machte und jetzt im Hintergrund des Bündnisses seiner Frau mitwirkt. Das Bündnis Sahra Wagenknecht wird gerade groß. Und noch größer?
Im Osten stehen noch in Brandenburg und in Mecklenburg-Vorpommern Genossen an der Spitze – aber auch unter Druck. Die BSW-Melange erscheint doch arg bekömmlich. Klar pro Russland und contra Reiche, ein wenig mehr pro Umverteilung als die SPD, etwas weniger contra Migranten als die ganz Rechten – das wirkt. Im Osten. Demnächst auch im Westen?
Das kann so kommen. Denn die Scholz-Partei hört auf, Volkspartei zu sein. 365.000 Mitglieder, und diese Zahl sinkt unaufhörlich. Die SPD bietet ein trauriges Bild, ist ein Schatten vergangener Jahre. Es gab Zeiten mit fast einer Million Sozialdemokraten. Und auch als Scholz noch nicht Kanzler war, waren es deutlich mehr als heute: 438.000.
Keine Volkspartei mehr – und keine mehr fürs Volk. Zu wem auch: Die Arbeiterschaft von früher hat sich gewandelt, ist vieles, zum Beispiel eine Facharbeiterschaft unter dem Wandlungsdruck der Digitalisierung. Mit wem nun zieht die SPD in die neue Zeit?
Im Osten geht ihr vielleicht ein Licht auf: dass sie konsequent alles für blühende Landschaften tun muss, für die Bürger gleich welcher Couleur. Das Parteiblatt heißt seit 1876 „Vorwärts“ – eine gute Tradition. Sonst wird die Sozialdemokratie so schnell keinen Kanzler mehr stellen.
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