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„Abgestufte Chancengleichheit“ als Begründung: ARD und ZDF verteidigen umstrittenes TV-Duell-Konzept zur Wahl
Scholz gegen Merz und Habeck gegen Weidel - so stellen sich ARD und ZDF die separaten TV-Duelle der Kanzlerkandidaten im Wahlkampf vor. Trotz massiver Kritik halten die Sender an diesen Plänen fest.
Stand:
Die ARD hat nach Kritik ihr TV-Duell-Konzept zur Bundestagswahl verteidigt. „Es handelt sich um zwei gleichwertige Duelle, die beide zur Prime Time gesendet werden sollen“, teilte die öffentlich-rechtliche ARD auf dpa-Anfrage mit.
Auch ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten verteidigte am Mittwoch die Entscheidung. „Eine Viererrunde hätte sich kaum vom Format anderer Talkrunden unterschieden und den Zuschauern in der begrenzten Zeit einer Sendung nicht die ausreichende inhaltliche Tiefe gewährleistet“, teilte sie angesichts der Kritik der Grünen und der AfD mit, dass deren Spitzenkandidaten nicht eingeladen sind.
- Es soll zwei Duelle geben, die ARD und ZDF gemeinsam ausrichten: eines zwischen Olaf Scholz (SPD) und Friedrich Merz (CDU) und im Gespräch ist ein zweites zwischen Robert Habeck (Grüne) und Alice Weidel (AfD).
- Doch der Grünen-Kanzlerkandidat will nicht, wie seine Partei klarmachte.
Habecks Wahlkampfsprecher sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Wir hatten ein solches Duell im Vorfeld klar ausgeschlossen und auch mitgeteilt, dass wir eine Einladung nicht akzeptieren werden.“
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ARD und ZDF hätten dennoch eine Einladung ausgesprochen und dann mit einer Pressemitteilung Fakten geschaffen. „Warum das zwei Monate vor der Wahl verkündet werden musste, ist unverständlich. Damit greifen ARD und ZDF in einen extrem kurzen, intensiven und vor allem offenen Wahlkampf ein“, so der Sprecher.
Nachgefragt bei der ARD hieß es von dort: „Es stimmt nicht, dass sich der Spitzenkandidat der Partei Bündnis90/Die Grünen, Robert Habeck, bereits vor der schriftlichen Einladung von ARD und ZDF förmlich gegen eine Teilnahme ausgesprochen hätte.“
ZDF betont Prinzip der „abgestuften Chancengleichheit“
Vom ZDF hieß es auf dpa-Anfrage: „Das ZDF ist sich der Herausforderung bewusst, Wahlformate in einem sich wandelnden politischen Umfeld stets an die aktuelle politische Lage anzupassen.“
Maßstab dafür sei das für die öffentlich-rechtlichen Sender verpflichtende Prinzip der abgestuften Chancengleichheit ebenso wie die journalistische Verantwortung gegenüber den Zuschauerinnen und Zuschauern.
Mit dem Begriff der abgestuften Chancengleichheit ist gemeint, dass Sender mit dem Sendeplatz für Parteien differenziert umgehen. Nicht jede Partei bekommt gleich viel Platz eingeräumt. Es können Kriterien wie zum Beispiel das vorhergehende Wahlergebnis eine Rolle spielen oder ihre Vertretung in einem Parlament. Auch Meinungsumfragen vor Wahlen können ein Indiz sein.
Zu der Habeck-Absage äußerte sich das ZDF so: „Sollte Robert Habeck wie medial angekündigt nicht an dem Duell mit Alice Weidel teilnehmen wollen, wird das ZDF dem Prinzip der abgestuften Chancengleichheit entsprechend den Spitzenkandidaten Alice Weidel und Robert Habeck angemessen Sendezeit in anderen Formaten einräumen.“
ARD und ZDF wollen Scholz und Merz am 9. Februar antreten lassen. Daneben sei ein weiteres Duell gemeinsam von ARD und ZDF geplant, dazu seien Habeck und Weidel angefragt, teilten die öffentlich-rechtlichen Sender mit.
Die ARD betonte: „Unser redaktionelles Konzept wurde vollständig unabhängig von jeglichen Bedingungen oder Einflussnahmen der Politikerinnen und Politiker entwickelt.“ Zudem soll es eine Sendung – eine sogenannte Schlussrunde – mit allen Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten am 20. Februar geben. Am 23. Februar ist die Bundestagswahl.
Habeck für breiteres TV-Duell der Kanzlerkandidaten
Habeck hat sich inzwischen für ein TV-Duell mit mehreren Kandidaten ausgesprochen. „Wir holen auf“, sagte Habeck der Deutschen Presse-Agentur. Das Rennen habe gerade erst begonnen und sei völlig offen. Mit Blick auf SPD und Union sagte er: „Deutschland hat die Wahl und die beschränkt sich längst nicht mehr auf zwei ehemalige „Volksparteien“. Es ist richtig, dass sich diese Wirklichkeit auch in den TV-Formaten widerspiegelt. Der Wahlkampf ist kurz und wird intensiv geführt.“
Merz: Gehe keiner Diskussion aus dem Weg
Merz zeigte sich offen für Fernsehauftritte mit anderen Kandidaten. „Ich gehe keiner Diskussion um den notwendigen Politikwechsel in Deutschland aus dem Weg, auch nicht mit weiteren „Kanzlerkandidaten“ anderer Parteien“, sagte der CDU-Vorsitzende der Deutschen Presse-Agentur.
„Es liegt an den TV-Sendern zu entscheiden, wen sie einladen“, ergänzte Merz. „Die Wählerinnen und Wähler in Deutschland haben einen Anspruch darauf zu erfahren, wo die Unterschiede liegen.“
Der Wahlkampfsprecher Habecks rief ARD und ZDF dazu auf, ihre Pläne noch einmal zu überdenken. Die Umfragewerte für Habeck seien so gut, dass niemand voraussagen könne, wie das Ergebnis am Wahltag aussehen werde. „Zur Erinnerung: Zum gleichen Zeitpunkt vor der Wahl 2021 lag die SPD in den Umfragen weit zurück – und dennoch planten ARD und ZDF von Anfang an ein Triell.“
Auch AfD-Chefin Alice Weidel kritisierte die Pläne der Fernsehsender. Ein Sprecher Weidels sagte „Bild“: „Dass die AfD als Partei mit den aktuell zweitbesten Umfragewerten wieder in Ameisen-Runden verschwinden soll, werden wir juristisch prüfen.“
Lindner und Wagenknecht bieten sich als Habeck-Ersatz an
Inzwischen gibt es schon Spitzenpolitiker anderer Parteien, die Habecks TV-Duell-Platz gerne übernehmen würden.
FDP-Chef Christian Lindner postete auf der Plattform X: „Wenn der Platz also frei ist, nehme ich ihn gerne. Man darf den Ideenwettbewerb mit der AfD nicht scheuen, wenn man deren Wähler zurückgewinnen will.“
Auch Sahra Wagenknecht (BSW) würde den Habeck-Platz nehmen. Die Politikerin sagte: „Falls die Sender Bedarf haben, ich habe überhaupt kein Problem, mit Frau Weidel zu diskutieren. Ich habe das schon einmal gemacht, ich mache es auch gern bei ARD und ZDF.“ (dpa)
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