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Abschiebungen von Straftätern: Söder hält Scholz’ Ankündigung für reines Wahlkampfversprechen
Der Kanzler hat nach der Tat von Mannheim angekündigt, Schwerkriminelle wieder nach Afghanistan und Syrien abzuschieben. Der CSU-Chef glaubt ihm das nicht – auch wegen der Grünen.
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Der Streit um Abschiebungen aus Deutschland verschärft sich weiter: Nach der tödlichen Messerattacke von Mannheim hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine härtere Gangart angekündigt. Ohne konkreter zu werden, kündigte er an, Straftäter und Gefährder auch nach Afghanistan und Syrien abschieben zu wollen „Schwerstkriminelle und terroristische Gefährder haben hier nichts verloren“, sagte Scholz am Donnerstag in einer Regierungserklärung im Bundestag.
Bislang sind Abschiebungen in die beiden Länder wegen der schlechten Sicherheitslage und fehlender Kontakte zu den dortigen Regimen ausgesetzt.
CSU-Chef Markus Söder bezweifelt, dass Scholz seine Ankündigung umsetzen wird. Er befürchte, die Worte des Kanzlers seien dem Wahlkampf geschuldet, sagte Bayerns Ministerpräsident der „Welt“ mit Blick auf die Europawahl. „Bislang ist nichts passiert.“
Da kann es keinen Pardon mehr geben.
Markus Söder, Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef
Eine Regierungserklärung des Kanzlers helfe nicht weiter, solange sich die Grünen nicht bewegten. „Der Bund muss endlich diese Entscheidungen treffen. Das hakt bei den Grünen – da ist Frau Baerbock mitverantwortlich, da ist Herr Habeck mitverantwortlich.“
Ein 25-jähriger Afghane hatte am Freitag vergangener Woche fünf Teilnehmer einer Kundgebung der islamkritischen Bewegung Pax Europa sowie einen Polizisten mit einem Messer verletzt. Der 29 Jahre alte Beamte Rouven L. erlag später seinen Verletzungen.
Söder sagte mit Blick auf den Vorfall in Mannheim, für ihn sei ganz klar: „Wer so eine Tat begeht, der muss abgeschoben werden. Und wenn er aus Afghanistan kommt, dann muss er auch nach Afghanistan oder nach Syrien abgeschoben werden. Da kann es kein Pardon mehr geben.“
Der CSU-Chef forderte, den subsidiären Schutz für Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien abzuschaffen. „Das Problem ist, dass viele Menschen aus Afghanistan, aus Syrien kommen, gar kein individuelles Asylverfahren mehr bekommen, sondern es gibt eine Art Blankoscheck. Den sogenannten subsidiären Schutz“, kritisierte Söder.
Subsidiär schutzberechtigt sind Menschen, die stichhaltige Gründe dafür vorbringen, dass ihnen in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht und sie den Schutz ihres Herkunftslandes nicht in Anspruch nehmen können oder wegen der Bedrohung nicht in Anspruch nehmen wollen.
„Das heißt, praktisch jeder, der von dort kommt, wird als quasi verfolgt eingestuft. Das halte ich für einen Fehler“, sagte Söder. Man müsse in jedem Fall ein neues Verfahren machen, um zu sehen, ob jemand politisch verfolgt ist. Und es müsse auch geprüft werden, ob jemand zurückgeschickt werden könne.
Migrationsexperte hält Abschiebungen nach Syrien für möglich
Auch Migrationsexperte Daniel Thym äußerte sich kritisch zum derzeitigen Umgang mit bestimmten Flüchtlingen. „Kaum jemand bezweifelt hierzulande, dass praktisch alle Syrer und Afghanen einen Schutzstatus erhalten – mit der Folge, dass sie völlig legal in Deutschland leben und umfassend gleichbehandelt werden“, sagte er der „Welt am Sonntag“.
„Diese Großzügigkeit war früher richtig, überzeugt heute jedoch nicht mehr. Ob ein Asylantrag erfolgreich ist, richtet sich nach der Situation im Herkunftsland. Diese veränderte sich in Syrien, Afghanistan und im Übrigen auch in der Ukraine“, sagte der Jurist.
Kretschmer will deutlich weniger Flüchtlinge aufnehmen
2023 sei nur rund ein Prozent aller Anträge von Syrern abgelehnt worden, sagte Thym. „Das überrascht, weil der Bürgerkrieg in Syrien inzwischen abgeflaut ist.“ Daher schlussfolgere die EU-Asylagentur in ihrem jüngsten Bericht, dass im Zentrum von Syrien und an der Mittelmeerküste das Gewaltniveau nicht mehr hoch genug sei, dass automatisch alle subsidiären Schutz bekommen.
„So pauschal droht auch nicht allen Syrern eine Folter oder Entführung. Die deutsche Asylpraxis ignoriert dies“, sagte Thym.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer fordert Abschiebungen mehrfach straffälliger Migranten mit Vollendung des 18. Lebensjahres auch ohne neuerliche Straftat. Bestehende Gesetze müssten angepasst werden, um das zu ermöglichen, sagte der CDU-Politiker in einem Interview mit Sachsen Fernsehen.
„Wir geben Menschen Schutz. Wenn diese unsere Solidarität missbrauchen, weil sie kriminell werden, und das nicht, weil sie mal falsch geparkt haben, sondern ständig und vor allem mit Gewalt, dann haben die doch keinen Anspruch darauf, hier zu sein.“ „Der Flüchtlingsstatus muss viel schneller entzogen werden, wenn man kriminell wird“, sagte Kretschmer.
Notwendig sei zudem eine stärkere Außensicherung durch die EU und die weitere Anpassung der Leistungsgesetze. Die Flüchtlingszahl „muss runter für die nächsten Jahre“, verlangte er und nannte eine Zahl von 30.000, 40.000 oder 50.000 statt 300.000 Asylbewerbern jährlich. „Damit Integration auch wirklich gelebt werden kann“, so Kretschmer. (lem)
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