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Der Streit um den Umgang mit Flüchtlingen nimmt kein Ende.

© Johannes Filous/dpa

AfD-Politiker Kuhs zur Flüchtlingspolitik: „Nächstenliebe ist grundsätzlich begrenzt auf Deutschland“

Ein Gespräch mit Joachim Kuhs, dem Vorsitzenden der „Vereinigung Christen in der AfD“, über Migration, Glauben – und die Aufgaben des Staates.

Joachim Kuhs (63) ist gelernter Rechtspfleger und seit 2013 AfD-Mitglied. Er sitzt im Gemeinderat von Baden-Baden und ist Abgeordneter des Europäischen Parlaments.

Herr Kuhs, Ihre Parteikollegin Beatrix von Storch hat gesagt, bei illegalem Grenzübertritt sollte man auch Kindern den Zutritt mit Waffengewalt verweigern. Was würde Jesus dazu sagen?
Das wurde damals fehlinterpretiert. Beatrix von Storch würde nie etwas sagen, was der christlichen Nächstenliebe widerspricht. Aber Jesus hat selbst gesagt: „Gebt dem Kaiser was des Kaisers ist und Gott was Gottes ist.“ Man muss deshalb klar zwischen Kirche und Staat trennen und Aufgabe des Staates ist es unter anderem, auch seine Grenzen zu schützen.

Jesus war selbst Flüchtling. Wie passen für Sie die christliche Botschaft und die Flüchtlingspolitik der AfD zusammen?
Wir als Christen haben die Verantwortung und die Verpflichtung, uns um Hilfsbedürftige und Flüchtlinge zu kümmern, sie aufzunehmen und zu versorgen. Soweit sie Gott vor unsere Füße legt. Aber ich habe sicher nicht die Pflicht, nach Afrika zu fahren und mich dort um sie zu kümmern. Christliche Nächstenliebe kann ich nicht dem Staat aufbürden. Der Staat weiß nichts von Barmherzigkeit, er hat Interessen. Er muss nicht alle, die in seinen Bereich kommen, mit christlicher Nächstenliebe beglücken. Nur Personen oder Kirchen können das tun.

Der Staat besteht aber auch aus Personen, die dort Verantwortung tragen...
Ja, einzeln können die das tun. Ich bringe mich auch selbst in der Flüchtlingshilfe hier in meiner Stadt ein. Das machen viele in der AfD. Aber Migration muss nach klaren Regeln erfolgen.

Ist Nächstenliebe begrenzt auf die, die schon im Land sind?
Ja, Nächstenliebe ist grundsätzlich begrenzt auf Deutschland. Die Nächstenliebe ist keine Fernstenliebe. Es geht dabei um den, der mir am nächsten ist. Ich verweise auf das Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Er kümmerte sich um den, dem er auf seinem Weg begegnete. Für mich geht es daher zuerst um die Menschen in meiner Stadt.

Die AfD fordert die Schließung der EU-Außengrenzen. Was ist mit Menschen, für die eine Abweisung den Tod bedeutet?
Bei den meisten Flüchtlingen, gerade aus Nordafrika oder Syrien, kann ich nicht erkennen, wo deren Notlage liegt. Zumindest bei über 90 Prozent. Die haben Geld, um Schleuser zu bezahlen, und geben sich hier als Flüchtlinge aus. Manche machen ja auch Heimaturlaub in Syrien, so schlimm kann es dann nicht sein.

Wenn Flüchtlinge Geld haben, heißt das ja nicht, dass sie in ihrem Land keiner ernsten Bedrohung ausgesetzt sind...
Sie müssen mir erst einmal einen zeigen, der wirklich einer ernsten Bedrohung ausgesetzt ist. Aber da werden Sie schon etwas suchen müssen.

Der AfD-Politiker Joachim Kuhs.
Der AfD-Politiker Joachim Kuhs.

© Michael Kappeler/dpa

Im Iran droht Christen und Homosexuellen die Todesstrafe...
Ja, denen droht tatsächlich der Tod. Und die werden von den Behörden dennoch oft zurückgeschickt. Die Christen aus Iran müssen hierbleiben, die dürfen wir nicht zurückschicken.

Zitat aus dem Galaterbrief: „Ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.“ Sollten wir uns nicht aus christlicher Sicht dafür einsetzen, dass sich die Situation in den Auffanglagern und den Ländern verbessert?
Ja klar. Das sollten wir tun. Und ich erinnere daran, dass die Streichung der Gelder für die UNHCR-Lager in Libanon und Jordanien zu der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 führte.

Welche konkreten Vorschläge gibt es da von der AfD?
Wir haben noch keine Regierungsverantwortung und können deshalb nicht viel ändern. Wir finden aber, das Problem sollte gar nicht erst entstehen und wollen deshalb, dass die Grenzen komplett geschlossen werden. Der Magnet Deutschland ist ja immer noch an.

AfD-Politiker fallen öfter mal mit fremdenfeindlichen Aussagen auf. Wie können Sie als Christ es vertreten, mit solchen Leuten in einer Partei zu sein?
Benennen Sie mir mal jemanden. Mit solchen Leuten möchten wir in der AfD nichts zu tun haben. In den wenigen Fällen, wo das passiert ist, gab es Konsequenzen und die mussten die Partei verlassen.

Ihr Parteichef Alexander Gauland sagte über Staatsministerin Aydan Özoguz, man solle sie „in Anatolien entsorgen“...
Es hat auch jemand von der SPD gesagt, man sollte die ganze Merkel-Regierung entsorgen.

Rechtfertigt das diese Äußerung?
Nein, aber man muss es eben im Gesamtzusammenhang bewerten. Außerdem halte ich das nicht für eine rassistische Äußerung.

Keine rassistische Äußerung?
Nein, sehe ich da nicht.

Die AfD wurde nicht zum evangelischen Kirchentag eingeladen...
Das ist schade. Solche Ereignisse sollen dem Gespräch und Meinungsaustausch dienen. Wenn da eine ganze Gruppe ausgegrenzt wird, ist das ein Widerspruch für den Anspruch des Kirchentages. Aber mit sogenannten Rechten redet man ja nicht.

Anette Schultner, Ihre Vorgängerin als Vorsitzende der Christen in der AfD, hat die Partei inzwischen verlassen. Was wäre der Punkt, an dem Sie gehen würden?
Wenn wir zu weit nach links in die sozialistische Ecke rutschen.

Weiter rechts wäre nur noch die NPD...
Das ist undiskutabel. Wir haben mit denen absolut nichts zu tun. Niemand, der mal in der NPD war, darf jemals zu uns kommen. Das ist ein No-Go.

Ist die anglikanische Kirche, in die Sie gehen, eigentlich fundamentalistisch?
Wenn wir uns auf die Bibel stützen und sie für wahr halten und Sie bezeichnen das als fundamentalistisch, dann ja. Aber ich gehöre nicht zu denen, die die Vernunft beiseitelassen. Ich möchte alles erklären können und kann das auch.

Dürften Muslime auch wie Christen und Juden eine Gruppe in der AfD gründen?
Ja, solange sie nicht die Scharia-Gesetze hier haben wollen, die unseren Gesetzen fundamental widersprechen. Dann haben sie bei uns nichts zu suchen.

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