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Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender und Unionsfraktionsvorsitzender.

© dpa / Kay Nietfeld

Affäre um die Warburg-Bank: Union will Scholz mit Untersuchungsausschuss unter Druck setzen

Welche Rolle spielte Olaf Scholz im Fall des in den Cum-Ex-Skandal verwickelten Geldhauses? Die Unions-Fraktion um Friedrich Merz plant nun, diese Frage im Parlament zu klären.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) muss sich wegen der Affäre um die Hamburger Warburg-Bank und der kriminellen Cum-ex-Börsengeschäfte einem Untersuchungsausschuss im Bundestag stellen. Die Unionsfraktion kündigte am Dienstag in Berlin an, einen solchen Ausschuss zu beantragen. Da sie mehr als das dafür nötige Viertel der Abgeordneten stellt, ist die Einsetzung sicher.

Im Mittelpunkt des Ausschusses soll nach Angaben von Fraktionsvize Mathias Middelberg die Rolle von Scholz als Hamburger Bürgermeister stehen. Es solle vor allem geklärt werden, warum die Hansestadt in den Jahren 2016/17 als einziges Bundesland keine Steuern zurückfordern wollte, als das vom Bundesfinanzministerium nahegelegt worden war, und welchen Einfluss Scholz dabei hatte.

Middelberg betonte, dass es der Union darum gehe, die Glaubwürdigkeit des jetzigen Kanzlers in den Mittelpunkt zu stellen. Seine Fraktion habe Scholz mehrfach zu der Sache im Bundestag befragen wollen.

Verdacht der politischen Einflussnahme

Der CDU-Finanzpolitiker Matthias Hauer sagte, im Finanzausschuss hätten die Ampel-Fraktionen im September 2022 und im Januar eine Ladung verhindert. Bei Fragestunden im Bundestag und auf schriftliche Anfragen hin habe es von Scholz keine belastbaren Antworten gegeben. Daher werde die Unionsfraktion nun die weitergehenden Möglichkeiten eines Untersuchungsausschusses nutzen, um aus ihrer Sicht offene Fragen zu klären.

In einem Brief an die Mitglieder der Fraktion hatten CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt die Einsetzung des Ausschusses empfohlen. Das Schreiben liegt dem Tagesspiegel vor. Im Zentrum des Interesses stehen demnach die Treffen von Scholz mit Gesellschaftern der in den Cum-Ex-Skandal verwickelten Warburg-Bank während seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister 2016 und 2017.

So soll der Ausschuss unter anderem Fragen klären wie diese: „Warum wollte Hamburg im Jahr 2016 die Rückforderung von zu Unrecht erhaltenen Steuererstattungen aus Cum-ex-Geschäften von der Warburg Bank – auch zum Nachteil des Bundes – verjähren lassen?“ Bei diesen Geschäften wurden Steuererstattungen bei Dividendenzahlungen mehrfach beim Fiskus abgefordert.

Zunächst, so heißt es in dem Schreiben von Merz und Dobrindt, hatte die Finanzbehörde Hamburg im Jahr 2016 eine Rückforderung befürwortet. „Innerhalb weniger Wochen kam es zu einer Meinungsänderung. Die zu Unrecht erhaltenen Steuererstattungen sollten nun doch nicht von der Warburg Bank zurückgefordert werden.“

Merz und Dobrindt verweisen darauf, dass es genau im Zeitraum dieses Meinungsumschwungs mindestens zwei Treffen zwischen Scholz und dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden und Miteigentümer der Warburg Bank, Christian Olearius, sowie mindestens ein von Scholz initiiertes Telefonat mit Olearius gab. Dazu kamen Treffen mit anderen SPD-Politikern. Vor diesem Hintergrund stelle sich die Frage einer möglichen politischen Einflussnahme, heißt es in dem Schreiben.

Verwirrung um ein Protokoll

In Hamburg geht solchen Fragen seit mehr als zwei Jahren schon ein Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft nach. Er hat zuletzt beschlossen, sich neben dem Umgang von Senat und Behörden mit der Warburg-Bank auch den mit der landeseigenen HSH Nordbank anzuschauen. Diese ist ebenfalls in Cum-ex-Geschäfte verwickelt, die mittlerweile als illegal eingestuft sind.

Die Unionsfraktion im Bundestag will sich auch mit den Erinnerungslücken von Kanzler Scholz beschäftigen. Aus inzwischen öffentlich gemachten Protokollen des Bundestags geht aus Sicht der Fraktion hervor, dass sich Scholz bei einer Befragung im Juli 2020 im Finanzausschuss des Bundestages noch an Inhalte eines Treffens mit dem Banker Olearius erinnern konnte. Bei späteren Vernehmungen sagte er dagegen aus, sich nicht mehr erinnern zu können.

Die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg kam zu dem Ergebnis, dass sich aus den Protokollen „kein konkretes Erinnerungsvermögen des Betroffenen Scholz herleiten lasse“. Scholz’ Aussagen bezögen sich größtenteils auf Erkenntnisse aus Medienberichten und veröffentlichten Tagebuchaufzeichnungen des Warburg-Gesellschafters Olearius. 

Eine Bankeninstitution in der Hansestadt: Die Warburg-Bank.
Eine Bankeninstitution in der Hansestadt: Die Warburg-Bank.

© dpa/Daniel Bockwoldt

Allerdings will sich die Union im Bundestag nicht allein auf Erkenntnisse Hamburger Behörden und des dortigen Ausschusses stützen. Sie kann auch auf Dokumente des Bundes sowie aller anderen Länder zugreifen. Nicht zuletzt die Akten der Staatsanwaltschaft in Köln könnten herangezogen werden, wie Hauer am Dienstag sagte. Dort laufen derzeit die Strafprozesse gegen Cum-ex-Beschuldigte, erste Verurteilungen gab es schon.

Laut Hauer geht es der Union darum, weitere Indizien und Verdachtsmomente zu verfolgen, die sich mittlerweile ergeben hätten. Er verwies darauf, dass Scholz als Bundesfinanzminister jenen Beamten versetzt habe, der die Hamburger Verwaltung angewiesen habe, die Rückforderung der Steuern zu veranlassen. Es gehe darum, zu erkunden, ob Hamburg sich in der Zeit von Scholz in Sachen Cum-ex generell anders verhalten habe als andere Bundesländer.

Der Untersuchungsausschuss ist unausweichlich, weil Kanzler Scholz sich unseren Fragen im Finanzausschuss entzogen hat.

Mathias Middelberg, Unions-Fraktionsvize

Neben Scholz müssen sich weitere SPD-Politiker darauf gefasst machen, als Zeugen in den Ausschuss geladen zu werden. Middelberg und Hauer nannten den jetzigen Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher, der unter Scholz Finanzsenator und damit der Ressortverantwortliche für die Cum-ex-Steuersachen war; den jetzigen Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt, auch zu Hamburger Zeiten schon einer der engsten Mitarbeiter von Scholz; und den früheren Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs.

Der Vorstand es Vereins „Finanzwende“, Gerhard Schick, begrüßte den Schritt der Union. „Bundeskanzler Scholz darf mit seiner Verschleierungstaktik nicht durchkommen“, sagte der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete. Dessen Erinnerungslücken seien unglaubhaft. „In Hamburg wurde das Vermögen von Bankern, das aus kriminellen Cum-ex-Geschäften stammte, geschont, weil sie gute politische Kontakte hatten“, sagte Schick.

Er forderte CDU und CSU aber auch auf, einen weiteren Skandal ins Auge zu fassen. Bei den ähnlich gelagerten Cum-cum-Geschäften ist nach seinen Worten ein weitaus größerer finanzieller Schaden für den Fiskus entstanden, auch deshalb, weil der damalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) trotz der Unterbindung der als illegal eingestuften Geschäfte durch sein Ministerium 2016 faktisch verhindert habe, dass die Länder sich die von den Banken vereinnahmten Milliardensummen zurückholen konnten.

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