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„Alarmierende“ Zahl: Mehr als 1000 antisemitische Straftaten im ersten Quartal 2025
Jüdinnen und Juden waren auch im ersten Quartal 2025 wieder Ziel vieler Straftaten. Zentralratschef Schuster fordert einen Staat, „der konsequent durchgreift“.
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Antisemitische Straftaten bleiben in Deutschland weiter auf einem hohen Niveau. Im ersten Quartal 2025 erfasste das Bundeskriminalamt (BKA) 1047 Straftaten, wie „Welt“ berichtet. Darunter sind demnach 27 Gewalttaten und 422 Fälle von Volksverhetzung. Die Zahlen gehen aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linke-Fraktion im Bundestag hervor und seien auf dem Stand des 30. Juni, heißt es.
Die meisten Fälle entfallen laut Bericht auf den Phänomenbereich „Politisch motivierte Kriminalität – rechts“ – insgesamt elf Gewalt- und 554 sonstige Straftaten ordnete die Polizei dem rechtsextremen Spektrum zu. Im Bereich „ausländische Ideologie“ seien 267 Straftaten und sechs Gewaltdelikte registriert worden, im Bereich „religiöse Ideologie“ 145 Straf- und fünf Gewalttaten. Eine linksextremistische Motivation sei indes bei 15 Straftaten festgestellt worden. 66 Straftaten und fünf Gewaltdelikte entfielen auf die „sonstige Zuordnung“, heißt es.
Hauptsächlich seien Fälle von Sachbeschädigung, Bedrohung und Beleidigung sowie mehrere Fälle von Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung erfasst worden. In Berlin und Coburg soll es allerdings auch zu je einem Mordversuch gekommen sein. Darüber hinaus sei häufig das Zeigen von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen registriert worden – vor allem Hakenkreuze oder Kennzeichen der Hamas.
Zahlen nur vorläufig
Im vergangenen Jahr hatte das BKA 6560 antisemitische Straftaten erfasst, wovon 178 Gewalttaten, 1438 Propagandadelikte und 3128 Volksverhetzungen waren, meldet „Welt“ unter Berufung auf die Antwort der Bundesregierung. Allerdings werden in der Regel noch sehr viele Taten nachgemeldet. Beispielsweise seien im Mai 2024 793 Straftaten registriert gewesen, am 30. Juni waren es dann bereits 1759. Offenbar fragt die Linksfraktion die Zahlen seit 2008 in jedem Quartal ab.
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, sprach von einer alarmierenden Zahl, die „für Jüdinnen und Juden aber kaum überraschend“ sei. „Vielmehr machen sie das Ausmaß an Anfeindungen und Hass greifbar, das Jüdinnen und Juden tagtäglich entgegenschlägt. Seit dem 7. Oktober 2023 beobachten wir eine dramatische Zuspitzung des Antisemitismus in Deutschland“.
Schuster fordert demnach entschiedenes staatliches Handeln gegen Judenhass. „Was wir jetzt brauchen, ist keine Betroffenheitsrhetorik, sondern einen Staat, der konsequent durchgreift und antisemitische Straftaten in allen Erscheinungsformen bekämpft“, so Schuster.
Aus Sicht der Linken seien „verlässlich finanzierte Bildungsinitiativen sowie Beratungsangebote für Betroffene von antisemitischen Anfeindungen und Gewalttaten“ nötig, wie Linke-Politikerin Clara Bünger „Welt“ sagte.
Sie fordere aber auch einen anderen Umgang mit propalästinensischen Protesten. „Was der Bekämpfung von Antisemitismus überhaupt nicht hilft, ist, wenn legitime Proteste gegen israelische Kriegsverbrechen in Gaza als antisemitisch diffamiert oder gar kriminalisiert werden“, so Bünger. Ebenso schädlich sei es, wenn deutsche Politiker von einem importierten Problem sprächen. Das sei eine „unerträgliche Verharmlosung des europäischen Antisemitismus“. (Tsp)
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