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Verhandeln über den richtigen Entlastungsweg: Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner.

© via REUTERS

Bis zu 150 Euro Mobilitätsgeld statt Tankrabatt?: Ampel diskutiert Entlastungen bei Benzin und Energie – das sind die Details

Der Widerstand gegen den FDP-Tankrabatt ist groß. SPD und Grüne wollen, dass Besserverdiener leer ausgehen. Nun liegt ein Alternativ-Modell auf dem Tisch.

Christian Lindner hat seinen Tankrabatt so in Spiel gebracht, wie man es in einer Dreier-Koalition nicht machen sollte, wenn man nicht für böses Blut sorgen will: Mit kaum jemandem abgesprochen, über die „Bild“-Zeitung lanciert. Lindner bezifferte 40 Cent Entlastung je Liter mit 6,6 Milliarden Euro an Kosten für drei Monate.

Sicherheitshalber stufte er seinen Vorstoß dann als Debattenbeitrag ein. Für Ärger sorgte seine Idee trotzdem.

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Bei Grünen und SPD wird betont, ein pauschaler Rabatt sei sozial nicht zu rechtfertigen. Schließlich zahlen alle dafür, dass auch Spitzenverdiener mit großen Autos entsprechend nach dem Prinzip Gießkanne entlastet werden. Beim Lindner-Vorschlag gebe es „null Verteilungsgerechtigkeit“, heißt es aus SPD-Kreisen.

Außerdem steht die Frage im Raum, ob mit einem solchen Rabatt die Mineralölkonzerne nicht noch einmal die Preise erhöhen. „Wenn ich jetzt ein Mineralölkonzern wäre, würde ich mal versuchen, eine Kartellabsprache hinzubekommen für 3,50 Euro pro Liter“, meint ein Oppositionspolitiker sarkastisch.

Er spielt darauf an, dass die Preise jetzt schon deutlich getrieben sein zu scheinen von hohen Gewinnmitnahmen der Unternehmen und Raffinerien. Denn der Ölpreis ist zuletzt wieder deutlich gesunken. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) lässt diese Preisbildungen bereits vom Bundeskartellamt untersuchen.

Staffelung nach Einkommen - bis zu 150 Euro für drei Monate?

Statt Lindners Tankrabatt wird nach Tagesspiegel-Informationen nun eine Idee aus dem Bundesarbeitsministerium von Hubertus Heil (SPD) diskutiert. Auch weil die Grünen für das von ihnen geforderte Energiegeld für untere und mittlere Einkommen kein schlüssiges Konzept vorlegen können.

Als erstes hatte die „Bild am Sonntag“ über ein sogenanntes Mobilitätsgeld berichtet. Erste Entwürfe des Arbeitsministeriums sahen vor, dass bei Bruttoeinkommen bis 2000 Euro jeden Monat 40 oder 50 Euro, bei 3000 Euro 35 Euro im Monat und bei Einkommen bis 4000 Euro 20 Euro gezahlt werden – befristet auf drei Monate. Also maximal 150 Euro bei 2000 Euro Einkommen.

Das hätte den Vorteil, dass Bürger auch mit Blick auf gestiegene Strom- und Heizkosten etwas entlastet würden. Ausgezahlt werden würde das Geld über die Arbeitgeber mit den Lohnrechnungen, die die Zuschüsse mit entsprechend geringeren Lohnsteuerzahlungen verrechnen.

Klingbeil rechnet mit Einigung schon in der kommenden Woche

Mit Blick auf Sozialleistungsempfänger, Rentner, Azubis und Studenten werden auch noch Entlastungen geprüft, eventuell über Einmalzahlungen.

Das Konzept würde den Staat laut "Bild am Sonntag" eine Milliarde Euro pro Monat kosten. Topverdiener würden demnach leer ausgehen. Der SPD-Parteivorsitzende Lars Klingbeil rechnet in der kommenden Woche mit einer Einigung in der Ampel.

Ob die FDP da aber mitgeht, ist offen. FDP-Fraktionschef Christian Dürr gibt sich kämpferisch. „Der Tankrabatt ist keinesfalls vom Tisch. Wir werden kommende Woche weiter über Entlastungen beraten. Alle Modelle sind weiterhin im Spiel“, sagte er der "Bild"-Zeitung.

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„Wichtig ist, dass wir das Geld nicht mit der Gießkanne ausschütten, sondern diejenigen mit kleinen und mittleren Einkommen gezielt entlasten, denn die sind jetzt am stärksten betroffen", sagte Klingbeil gegenüber der "Bild"-Zeitung – eine Absage an den Tankrabatt.

Er sehe keinen Anlass, Gutverdiener bei ihren Energieausgaben zu subventionieren. Menschen wie er könnten für 2,30 Euro tanken, denen müsse der Staat nicht helfen. „Aber meine Nachbarin, die als Pflegekraft nach Hamburg pendelt, braucht jetzt Unterstützung“, sagte Klingbeil.

Rekordstände an deutschen Tankstellen - aktuellen sinken die Preise wieder etwas.
Rekordstände an deutschen Tankstellen - aktuellen sinken die Preise wieder etwas.

© nordphoto GmbH

Bekannt und beschlossen ist bisher, dass der Heizkostenzuschuss erhöht wird. Der Zuschuss für Wohngeld-Empfänger soll mit 270 Euro für einen Ein-Personen-Haushalt doppelt so hoch ausfallen wie zunächst geplant. Zwei-Personen-Haushalte bekommen 350 Euro sowie 70 Euro für jedes weitere Familienmitglied.

Zusätzlich werden auch Einsparmaßnahmen wie Tempolimits diskutiert, das lehnt aber die FDP ab.

Merz: Senkung der Energie- und Mehrwertsteuer besser

Auch CDU-Chef Friedrich Merz hatte im Tagesspiegel-Interview Lindners Tankrabatt-Vorschlag als völlig falschen Weg abgelehnt. „Ich muss sagen, ich bin einigermaßen erstaunt, um das Mindeste zu sagen, dass dies nun ausgerechnet von der FDP kommt“, sagte Merz.

„Die Idee ist erkennbar von dem Willen getragen, alles zu tun, nur das nicht, was die Union vorgeschlagen hat“, sagte Merz zu Lindners Plan. „Dabei ist unser Weg viel einfacher: Die Energiesteuer senken und die Umsatzsteuer auf Diesel und Benzin von 19 auf sieben Prozent. Das wäre eine unbürokratische, schnelle und gute Hilfe für alle.“

Doch dieser Weg scheint bisher in der Ampel ebenfalls nicht mehrheitsfähig. SPD und Grüne pochen auf die nach Einkommen gestaffelte Lösung, die gerade unteren Einkommen zugute kommen soll.

Energiepreise drastisch gestiegen

Die Energiepreise stiegen in den drei Wochen seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine um 27 Prozent, wie das Portal Verivox erklärte.

Es berechnet die Energiekosten für einen Drei-Personen-Musterhaushalt mit einem jährlichen Wärmebedarf von 20.000 Kilowattstunden, einem Stromverbrauch von 4000 Kilowattstunden und einer jährlichen Fahrleistung von 13.300 Kilometern.

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Am 24. Februar, dem Tag des Einmarsches, lagen die Energiekosten eines solchen Musterhaushalts laut Verivox bei 5454 Euro pro Jahr. Am Donnerstag, den 17. März, kostete die gleiche Menge Energie 6946 Euro.

Das Heizen mit Öl verteuerte sich sogar um 59 Prozent. Die Kosten für Benzin stiegen laut Verivox in den drei Wochen um 21 Prozent, für Diesel um 34 Prozent.

Daher versucht Wirtschaftsminister Robert Habeck gerade von Norwegen bis Katar neue Bezugsquellen für Gas und Öl zu vereinbaren, damit die Abhängigkeit von Russland bis spätestens zum nächsten Winter sinkt, aber auch der Preisdruck.

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