zum Hauptinhalt

Politik: Atommüll-Transporte: Druck auf Ministerin Merkel wächst

BERLIN (ca/fro/csl).Die verstrahlten Atommüll-Transporte und die Rolle von Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) werden in der kommenden Woche den Bundestag beschäftigen.

BERLIN (ca/fro/csl).Die verstrahlten Atommüll-Transporte und die Rolle von Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) werden in der kommenden Woche den Bundestag beschäftigen.Neben den Oppositionsfraktionen beantragte auch die FDP eine Aktuelle Stunde im Parlament.Die Vorstandssprecherin der Bündnisgrünen, Gunda Röstel, forderte bei einem Besuch im Tagesspiegel, den Fall auch von einem parlamentarischen Untersuchungsausschuß prüfen zu lassen.Frau Merkel, die politisch unter Druck gerät, wies im Gespräch mit dem Tagesspiegel Forderungen nach einem Rücktritt als abwegig zurück.In der Bundesrepublik seien beim Beladen und beim Transport von Castoren keine überhöhten Strahlendosen gemessen worden, sondern nur beim Entladen in Frankreich, sagte sie.

Frau Röstel sagte, in einem Untersuchungsauschuß über die verstrahlten Castor-Transporte müßten "auch die Informationsdefizite im Bundesumweltministerium untersucht werden".Auf jeden Fall müsse es zu schärferen Sicherheitsvorkehrungen kommen.Frau Röstel wertete es als "gigantischen Vertrauensbruch", daß die Atomindustrie das Überschreiten der Grenzwerte nicht an die Behörden weitergegeben habe."Das ist das Ende vom Lied für die Atomindustrie", sagte sie.Eine Antwort darauf könne nur der schnelle Ausstieg aus der Atomenergie sein.

Ob es wirklich zu einem Untersuchungsausschuß kommen wird, blieb am Freitag offen.Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Struck, wollte sich der Forderung Röstels nicht anschließen.Die Vorfälle seien "ein klassischer Fall für einen Untersuchungsausschuß".Der Bundestag habe aber nur noch drei Sitzungswochen, so daß die SPD zunächst davon absehe, einen solchen zu beantragen.Der Bundestag muß einen solchen Ausschuß einsetzen, wenn ein Viertel seiner Mitglieder dies beantragt.Die Stimmen der Grünen allein reichen dazu nicht aus.

Umweltministerin Merkel sagte dem Tagesspiegel: "Meine politische Verantwortung sehe ich in der Aufklärung der Vorgänge." Ihre Aufsichtspflicht reiche allerdings nur bis zur Grenze.Aus Frankreich habe sie aber keine rechtzeitigen Informationen bekommen.Sie sagte weiter, die Atomtransporte würden erst wieder aufgenommen, wenn die Energieversorgungsunternehmen "glaubhafte Konsequenzen aus den Gefahren beim Beladen unter Wasser gezogen haben".Wann dies der Fall sein könnte, sei nicht abzusehen.

Als einen "Fall für den Staatsanwalt" hat unterdessen der hessische Innenminister Gerhard Bökel die Nichtweitergabe von Informationen über erhöhte Strahlungswerte bei Atomtransporten bezeichnet."Wie soll ich Polizisten, die Castorbehälter beschützen, glaubwürdig vermitteln, daß sie keiner Gefahr ausgesetzt sind", fragte Bökel die verantwortlichen Unternehmen.Der hessische Innenminister zweifelt außerdem an der vom Atomgesetz geforderten "Zuverlässigkeit" der Unternehmen.

Hessens Umweltministerin Priska Hinz forderte ein Ende der "Kreuz- und Querfahrten von Atomtransporten durch ganz Europa".Atomabfälle sollten zunächst jeweils auf dem Gelände der Atomkraftwerke zwischengelagert werden, bis ein Entsorgungskonzept vorliege.FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle nannte es "skandalös", daß die Elektrizitätsversorger die brisanten Informationen zu den erhöhten Strahlungen offenbar unter den Teppich kehren wollten.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) teilte mit, er prüfe wegen der verstrahlten Atommüll-Transporte Strafanzeige gegen Bundesumweltministerin Angela Merkel.Der BUND werde prüfen, inwieweit hier eine fahrlässige Körperverletzung von Polizei- und Bahnpersonal gegeben sei, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weinzierl in einem Interview mit dem Saarländischen Rundfunk.Die Glaubwürdigkeit der Politik und des Umweltministeriums seien massiv erschüttert.Entweder habe Merkel von der Undichte der Behälter gewußt und müsse dann die Konsequenzen ziehen oder sie habe ihr Haus nicht im Griff, sagte Weinzierl.

Zur Startseite