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Mitarbeiterinnen eines Cannabis-Unternehmens befüllen in der Produktion den Trimmer mit Cannabis-Blüten.

© dpa/Daniel Karmann

Aus für medizinisches Cannabis frei Haus?: Union und SPD wollen Zugang zu Cannabis-Rezepten erschweren

Medizinisches Cannabis per Klick und Postzustellung könnte bald Geschichte sein. Schwarz-Rot möchte im Gesetz für Gras aus der Apotheke nachbessern.

Von Jaro Block

Stand:

Um mehr als 400 Prozent ist der Import von medizinischem Cannabis im ersten Halbjahr 2025 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Die Bundesregierung macht dafür die einfache Vergabe privater Cannabisrezepte verantwortlich und will reagieren.

„Der massive Zuwachs der Importe von Cannabis sowie die Verordnungspraxis im Internet ohne jeglichen persönlichen ärztlichen Kontakt erfordern politisches Handeln“, sagte Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) schon vor Wochen.

Im Frühjahr 2024 hatte die damalige Ampelkoalition die Teillegalisierung von Cannabis beschlossen. In dem Gesetzespaket wurde auch der Umgang mit medizinischen Hanfblüten neu geregelt. Unter anderem zählt als Arznei eingesetztes Cannabis gesetzlich gesehen nicht mehr zu den Betäubungsmitteln.

Durch diese neuen Regelungen kam es bereits in der zweiten Hälfte des letzten Jahres zu einem Importanstieg von medizinischem Cannabis um 170 Prozent. Bei den gesetzlichen Krankenkassen stieg die Zahl der Verordnungen hingegen nur um neun Prozent. Dieser Unterschied ist auf Privatrezepte zurückzuführen, die aktuell sehr einfach zu bekommen sind.

Per App bestellt und mit der Post geliefert

Im Internet gibt es Onlineanbieter, bei denen man Cannabis auf Rezept per App bestellen kann. Das Rezept wird nach dem Ausfüllen eines Fragebogens von einer Ärztin oder einem Arzt ausgestellt, ohne dass sie oder er den Patienten je persönlich untersucht hat. Danach kann die Medizin durch eine Versandapotheke nach Hause bestellt werden.

Nun will die schwarz-rote Koalition den Zugang zu medizinischem Cannabis erschweren. Darüber diskutiert am Donnerstag der Bundestag. Nach einer Änderung des Gesetzes sollen medizinische Hanfblüten nur noch nach einem persönlichen Gespräch zwischen Arzt und Patient verschrieben werden können. Zudem müssten Patienten einmal im Jahr beim Arzt vorstellig werden. In den folgenden drei Quartalen ist auch eine telemedizinische Verschreibung möglich. Die Lieferung per Post soll ganz verboten werden.

Die geplante Reform entspricht dem kleinsten gemeinsamen Nenner der Koalitionspartner. Denn die Union würde die zu Ampelzeiten beschlossene Legalisierung von Cannabis am liebsten ganz rückgängig machen. Die SPD hingegen will die Reform erhalten, die ihr früherer Gesundheitsminister Karl Lauterbach vorangetrieben hat. Im Koalitionsvertrag einigte sich Schwarz-Rot deshalb auf eine „ergebnisoffene Evaluierung“ der Legalisierung von Cannabis.

Nicht ohne Grund will Schwarz-Rot nun als Erstes den Zugang zu Medizinalcannabis erschweren. Denn eigentlich wollte auch Lauterbach den Handel mit Marihuana, Haschisch und Cannabisprodukten weiter verbieten. Im medizinischen Cannabis sieht die schwarz-rote Regierung deshalb ein Schlupfloch, mit dem das Handelsverbot umgangen wird.

Teilweise Kritik aus der Opposition

Aus der Opposition gibt es Kritik an den Plänen der Bundesregierung. Das Versandverbot sei „überregulierend und nicht folgerichtig“, sagt die Grünen-Gesundheitspolitikerin Linda Heitmann. Durch die Änderung würden die Versorgung erschwert und die Stigmatisierung von Cannabispatienten vorangetrieben. Zuspruch hingegen gibt es von Heitmann für die geplante Pflicht, persönlich mit einem Arzt zu sprechen. Verschreibungen sollten „nicht völlig anonym auf Grundlage vorausgefüllter Fragebögen im Internet stattfinden“, sagt sie.

Die Gesetzesnovelle wurde bereits im Oktober durch das Bundeskabinett eingebracht. Der Bundestag wird voraussichtlich Mitte der ersten Jahreshälfte darüber abstimmen. Der Bundesrat hat der Änderung bereits zugestimmt.

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