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Aktivisten von Greenpeace protestieren vor dem Autogipfel im Kanzleramt.

© IMAGO/dts Nachrichtenagentur/IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Autogipfel im Kanzleramt: Von einer gemeinsamen Linie weit entfernt

Nach dem Autogipfel im Kanzleramt beschwört die Koalition den kleinsten gemeinsamen Nenner. Doch Friedrich Merz wendet sich deutlich klarer gegen das Verbrenner-Aus 2035 als die SPD.

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Nach dem Koalitionsausschuss bemühte sich die schwarz-rote Koalition, Einigkeit zu demonstrieren. Also referierten CSU-Chef Markus Söder und SPD-Chef Lars Klingbeil den kleinsten gemeinsamen Nenner: Allen Koalitionspartnern ginge es darum, die Arbeitsplätze in der Autoindustrie zu erhalten, erklärten sie.

Von einer gemeinsamen Linie, wie das geschehen soll, sind aber insbesondere CSU und SPD weit entfernt. Denn Söder fordert seit Wochen eine Abschaffung des Verbrenner-Aus ab 2035. In dieser kategorischen Form lehnt das die SPD ab. Eine Flexibilisierung können sich aber auch die meisten Sozialdemokraten vorstellen. Klingbeil sagte am Donnerstag, man werde zu einer Veränderung der deutschen Position kommen.

Vor dem Koalitionsausschuss und dem anschließenden Autogipfel am Donnerstagnachmittag hatte sich kurz eine mögliche Lösung abgezeichnet. In einem „Handelsblatt“-Gastbeitrag hatten Söder und Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) eine mögliche Kompromisslinie skizziert.

Einen harten Schnitt 2035 darf es nicht geben.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), beharrt auch nach dem Gipfel auf dem Ausstieg aus dem kategorischen Verbrenner-Aus

Demnach sollte es beim Verbrenner-Aus ab 2035 bleiben. Doch es sollte Ausnahmen geben für E-Autos mit einem kleinen fossil betriebenen Hilfsmotor. Also Hybrid-Fahrzeuge und E-Autos mit einem sogenannten Range-Extender, einem Verbrennungsmotor, der die Batterie wieder auflädt.

Doch nach dem zehnstündigen Koalitionsausschuss war davon keine Rede mehr. Stattdessen schwenkte Markus Söder auf seine vorherige Linie ein: „Das starre Aus des Verbrenners ist aus unserer Sicht der falsche Weg“, sagte er. Die Elektromobilität sei die Zukunft. „Aber zu glauben, dass 2035 alles elektrisch fährt, ist nicht realistisch. Darüber wollen wir heute auf dem Autogipfel reden.“

Nach den Gesprächen im Kanzleramt mit Vertretern der Automobilindustrie, der Industriegewerkschaft IG Metall und den Ministerpräsidenten der Autoländer stützte auch Kanzler Friedrich Merz Söders Kurs: „Einen harten Schnitt 2035 darf es nicht geben“, sagte der CDU-Politiker.

Der Automobildialog brachte keine Einigung zum Verbrenner-Aus zwischen Friedrich Merz und Lars Klingbeil.

© imago/pictureteam/IMAGO/Matthias Gränzdörfer

Er forderte Technologieoffenheit. Es brauche eine Öffnung und eine entsprechende Flexibilität. Merz betonte aber auch, Elektroantriebe seien „die Hauptstraße, auf der gefahren wird.“

Die Spaltung der Koalition bewirkt, dass sich Deutschland in die entscheidende Debatte in Europa derzeit nicht einmischen kann. In Brüssel endet an diesem Freitag die Konsultationsfrist der Mitgliedsstaaten für die versprochene Überprüfung der CO₂-Flottenregulierung. Erwartet wird, dass die Europäische Kommission vor Weihnachten erklären wird, ob und wie sie die geltenden Regeln anpasst, wonach ab 2035 keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr neu zugelassen werden dürfen – es sei denn, dieser Motor wird ausschließlich mit klimaneutralen E-Fuels betrieben.

Neues Förderprogramm für E-Autos

Wie viel auf dem Spiel steht, machte nach dem Autogipfel IG-Metall-Chefin Christiane Benner deutlich. Sie bekannte sich zur Elektromobilität, warnte die Politik aber auch: „Wenn klimaneutrale Technologien nur noch importiert werden, wird jede Akzeptanz für den Wandel zerstört.“ Es brauche von der Politik in Brüssel deshalb neben einer Flexibilisierung bei Hybrid-Antrieben und alternativen Kraftstoffen auch eine stärkere Förderung für den Hochlauf der Elektromobilität.

Zumindest in diesem Punkt kann die Bundesregierung den Autobauern ein kleines Hoffnungssignal geben. Die Bundesregierung legt ein neues Förderprogramm für die Anschaffung von Elektroautos auf.

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Milliarden Euro für das Förderprogramm für Elektroautos stammen aus dem Klima- und Transformationsfonds

Der Koalitionsausschuss verständigte sich in der Nacht zu Donnerstag auf „eine gezielte Förderung, insbesondere für Haushalte mit kleinem und mittlerem Einkommen”. Für dieses Förderprogramm werden bis 2029 laut Regierung Mittel des EU-Klimasozialfonds „zuzüglich von insgesamt drei Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF)“ bereitgestellt.

Details des Programms sind noch offen. In der Vergangenheit war stets diskutiert worden, E-Autokäufern mit geringem Einkommen staatlich subventionierte, günstige Leasing-Konditionen zu gewähren. Ob die Koalition nun aber auf ein solches Social-Leasing-Programm wie in Frankreich setzt, bleibt abzuwarten.

Profitieren die ausländischen Hersteller?

Profiteure der geplanten Förderung sind die Hersteller preiswerter Autos. „Damit setzen wir einen milliardenschweren Anreiz für unsere Autobauer, mehr kleine und erschwingliche Elektroautos auf den Markt zu bringen“, sagte Umweltminister Carsten Schneider (SPD). Das künftige Programm sei zudem ein wichtiges Signal für den sozialen Klimaschutz. „Die Fördermittel für den Umstieg gehen gezielt dorthin, wo sie am meisten gebraucht werden.”

IG-Metall-Chefin Christiane Benner begrüßte das Programm, sie wünscht sich allerdings Regelungen, die heimische Hersteller begünstigen. Unklar ist aber, wie verhindert werden soll, dass auch andere europäische oder chinesische Autohersteller Nutznießer der deutschen Förderpolitik sein werden.

Frankreich hatte bei seinem Social-Leasing-Programm gezielt Fabrikate aus französischer Produktion begünstigt. In Deutschland dürfte vor allem der VW-Konzern mit den Marken VW, Skoda oder Seat profitieren, weniger die Premiumhersteller BMW und Mercedes-Benz. Aber auch VW bringt seine E-Autos für weniger als 20.000 bis 25.000 Euro erst ab Ende 2026 auf den Markt.

Hildegard Müller, die Präsidentin des Autoverbands VDA, sieht das Programm dann auch mit Skepsis. Sie warnte die Politik: „Kurzfristige Strohfeuer helfen weder den Verbrauchern noch dem Klimaschutz.“

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