
© dpa/Michael Kappeler
Bei zentralen Themen kaum gepunktet: Scholz erkämpft sich höchstens ein Unentschieden – das ist zu wenig
Friedrich Merz ließ sich im TV-Duell nicht aus der Fassung bringen. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte auch seine Momente. Aber es hätte mehr kommen müssen.

Stand:
Die Ausgangslage war klar. Bundeskanzler Olaf Scholz liegt zwei Wochen vor der Wahl in den Umfragen weit zurück. Einen Amtsbonus kann er für sich nicht in Anspruch nehmen. Deshalb konnte seine Strategie nur Attacke sein.
Bei Friedrich Merz, dem eigentlichen Herausforderer in dem Duell, war es genau umgekehrt. Der Unionskanzlerkandidat brauchte nur keine großen Fehler zu machen.
Es war also ein Duell mit umgekehrten Vorzeichen: Der Amtsinhaber musste den eigentlichen Herausforderer attackieren, um in die Offensive zu kommen. Und nach 90 Minuten Kanzlerduell bei ARD und ZDF muss man sagen, dass Friedrich Merz seine Strategie am ehesten ins Ziel gebracht hat.
Er hat an keiner Stelle die Fassung verloren, ist nicht zu emotional geworden und war sortiert. Scholz hingegen war zwar engagiert, verhedderte sich aber vor allem bei den großen Themen Asyl und Wirtschaft zu oft in Details, ob bei der Migration oder dem CO₂-Geld. Merz konnte das locker kontern: „Verstanden habe ich es nicht, ist aber auch egal.“ [Machen Sie mit bei der Tagesspiegel-Wahlumfrage zur Wirtschaftspolitik.]
Allerdings wurde Scholz in der zweiten Hälfte etwas souveräner. Als Themen zur Sprache kamen, die ihm lagen. Bei der Schuldenbremse war er klar und er konnte punkten, als es um die Frage des Spitzensteuersatzes ging. Er, Scholz, sei dafür, dass Menschen, die drei Millionen Euro im Jahr verdienten, etwas mehr Steuern zahlen sollten und Merz wolle das nicht. Dem konnte Merz nichts entgegensetzen.
Auch in der Ukraine-Politik musste Merz etwas lavieren, als es um seine Haltung zu den Taurus-Lieferungen ging. Genauso bei der Frage, wie höhere Verteidigungsausgaben finanziert werden sollen.
In einem TV-Duell zählen aber nicht nur Worte und Argumente, sondern auch Mimik und Gestik. Vor allem zu Beginn, als Merz wegen seines Abstimmungsverhaltens im Bundestag angegriffen wurde, wirkte er etwas zerknirscht, runzelte die Stirn, atmete mal schwer.
Allerdings waren die Scholz-Momente in dem Duell zu selten – und vor allem konnte er bei den zentralen Themen Migrationspolitik und Wirtschaft kaum punkten. Am Sonntagabend hat Scholz mit seinen Momenten höchstens ein Unentschieden erkämpft. Für einen aber, der so weit zurückliegt, ist das zu wenig.
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