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Im November 2019 waren die Protest in Hongkong besonders heftig

© Thomas Peter / REUTERS

Berlin besorgt über Ausländer-Passus: Hongkong-Gesetz könnte deutsche Unternehmer gefährden

Ein bisher in Berlin wenig beachteter Artikel in Chinas Hongkong-Gesetz wird zum Problem für die Kanzlerin. Bedroht es auch deutsche Bürger und Unternehmer?

Ein bisher in Deutschland kaum beachteter Artikel im scharf kritisierten chinesischen Sicherheitsgesetz für Hongkong setzt auch die Bundesregierung unter Druck. Das Gesetz stellt in seinem Artikel 38 fest, dass seine Vorgaben auch Anwendung finden, wenn Menschen, die nicht permanent in Hongkong leben, von außerhalb der Region dagegen verstoßen, also zum Beispiel wenn sie die Demokratiebewegung unterstützen. Das bedeute vor allem „eine Gefährdung für ausländische und damit auch für deutsche Wirtschaftstreibende in Hongkong“, sagte Margarete Bause, Sprecherin für Menschenrechte der Grünen-Bundestagsfraktion, dem Tagesspiegel.

Artikel 38 sorgt für Wirbel

„Der Artikel entfaltet in dieser Form eine universelle Wirkung", sagte sie Vermutlich seien die Formulierungen bewusst vage gehalten, um internationale Unterstützer der Demokratiebewegung in Hongkong zu verunsichern und mundtot zu machen.

„Ich halte es für nicht nachvollziehbar, dass die Bundesregierung immer noch an ihrer Leisetreterei gegenüber Peking festhält und nicht wenigstens hier massiv interveniert.“ Reisehinweise des Auswärtigen Amtes reichten nicht, wenn die Sicherheit von Bundesbürgern so massiv bedroht sei.

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In Großbritannien und den USA sorgt der Artikel 38 schon seit Tagen für Aufregung, in Deutschland bisher kaum. Merkel hat soeben die EU-Ratspräsidentschaft übernommen, auch der Koalitionspartner SPD fordert von der Kanzlerin eine härtere Gangart über China, - auch auf die Debatte um eine Beteiligung des Huawei-Konzerns am Aufbau des deutschen 5G-Netzes dürfte das Agieren Chinas Auswirkungen haben, Merkel wehrt sich gegen einen pauschalen Ausschluss. Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel warnt bereits vor einem neuen kalten Krieg.

Seit einer Woche ist das neue Sicherheitsgesetz in Kraft. Die Regierungschefin der bisher autonomen Sonderverwaltungszone, Carrie Lam, betont, ihre Regierung werde dieses Gesetz „rigoros umsetzen“. Sie warnte „Radikale“ vor „sehr ernsthaften Konsequenzen“, sollten sie gegen das Gesetz verstoßen. Die Drohung gilt weltweit, auch für Ausländer, die weder in China noch in Hongkong leben.

Wer sich außerhalb des Landes für demokratische Rechte in Hongkong engagiert und das auch dokumentiert, etwa in sozialen Medien, muss mit Strafverfolgung rechnen, sobald er dort einreist. Aus Außenwirtschaftskreisen hieß es, noch seien keine Abzugspläne von deutschen Firmen in Hongkong bekannt.

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Doch werde sich das Gesetz mit Blick auf die Rechtssicherheit zweifellos auf die Attraktivität des Standorts auswirken. Die eigentlich bis 2047 garantierte Regel „ein Land, zwei Systeme“ in der früheren britischen Kronkolonie sei infrage gestellt. Es gibt international scharfe Proteste, zeigt aber auch Chinas Selbstbewusstsein.

Das Auswärtige Amt betonte mit Blick auf den Artikel 38 lediglich, dass man in seiner Aktualisierung der Reise- und Sicherheitshinweise auf die in Hongkong seit Inkrafttreten des „Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit in der Sonderverwaltungszone Hongkong“ geltende neue Rechtslage und mögliche Risiken hin. Auf die Anfrage nach möglichen Risiken auch für Ausländer ging man nicht näher ein.

Peking eröffnet Sicherheitsbüro

Am Mittwoch hat die chinesische Führung auch ihr eigenes Sicherheitsbüro in der Sonderverwaltungszone eröffnet. Die pekingtreue Regierungschefin Carrie Lam sprach von einem "historischen Moment" und einem "Meilenstein". Das Büro werde dazu beitragen, in der Finanzmetropole "ein intaktes Rechtswesen" aufzubauen und die "nationale Sicherheit" zu schützen. Der oberste chinesische Gesandte in Hongkong, Luo Huining, erklärte, die Stadt habe sich "von den Tagen verabschiedet, als sie in Bezug auf die nationale Sicherheit wehrlos war".

Mit dem Sicherheitsgesetz reagiert Peking auf die monatelangen und teils gewalttätigen Massenproteste der Demokratiebewegung in der früheren britischen Kronkolonie reagierte. Das drakonische Gesetz erlaubt es der Pekinger Führung, gegen Aktivitäten vorzugehen, die sie als subversiv, separatistisch, terroristisch oder als Verschwörung mit ausländischen Kräften einstuft.

Bestraft werden unter anderem der Besitz von Flaggen, Aufklebern und Flugblättern, auf denen die Unabhängigkeit Hongkongs befürwortet wird. Wer das Gesetz bricht, muss mit mindestens zehn Jahren Haft rechnen, könnte aber auch lebenslang im Gefängnis landen. Das Gesetz erlaubt es dem chinesischen Sicherheitsapparat auch, offen in der Sonderverwaltungszone zu operieren. Das Sicherheitsbüro ist ein zentraler Bestandteil dieser Präsenz.

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