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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einem öffentlichen Auftritt am Mittwoch.

© IMAGO/Political-Moments

Exklusiv

Beschluss des Verwaltungsgerichts: Kanzler Scholz muss sich zu vertraulichen Erklärungen im Fall Cum-Ex äußern

Der Investigativjournalist Schröm wirft Scholz vor, ihn als Finanzminister bei einem Hintergrundgespräch angelogen zu haben. Was daran stimmt, ist unklar.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) muss Auskünfte über vertrauliche Äußerungen als Bundesfinanzminister in der Cum-Ex-Affäre erteilen. Das hat das Berliner Verwaltungsgericht in einem Eilverfahren des Tagesspiegels gegen das Bundeskanzleramt entschieden (Az. VG 27 L 36/22). Die Regierungszentrale soll dem Gerichtsbeschluss zufolge Kenntnisse über ein vertrauliches so genanntes Hintergrundgespräch von Scholz mit mehreren Journalisten im September 2020 zum Thema der illegalen Dividendengeschäfte offenlegen.

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Das Kanzleramt wird damit erstmals verpflichtet, über frühere dienstliche Tätigkeiten eines amtierenden Regierungschefs innerhalb der Bundesregierung zu informieren. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig, das Kanzleramt hat Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.

Einer der damaligen Gesprächsteilnehmer, der Investigativjournalist Oliver Schröm, wirft Scholz öffentlich vor, ihn bei dem Treffen angelogen zu haben. Das Bundeskanzleramt hat die Scholz vorgeworfenen Äußerungen bisher nicht bestätigt.

Nach Ansicht der Regierung besteht kein Recht der Presse, über Scholz‘ frühere Tätigkeiten als Bundesfinanzminister informiert zu werden. Daher dürfe das Kanzleramt die geforderten Auskünfte zu dem Vorgang verweigern. Außer Scholz hatte auch Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) in seiner Funktion als Finanzstaatssekretär an dem Gespräch teilgenommen.

Außer Scholz war auch Kanzleramtschef Schmidt bei dem Treffen dabei

Das Verwaltungsgericht ist der Ansicht der Regierung in seinem Beschluss deutlich entgegengetreten: Es sei „gegenwärtig davon auszugehen, dass die Information beim Bundeskanzleramt tatsächlich vorhanden ist, auch wenn hierzu eine Abfrage beim Bundeskanzler und beim Bundesminister für besondere Aufgaben/Chef des Bundeskanzleramts erforderlich ist.“

Der Ämterwechsel der beiden Politiker ändere nichts daran, dass die Information im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aktuell im Bundeskanzleramt vorliege.

Sowohl bei Scholz wie auch bei Schmidt handele es sich nicht um ausgeschiedene Mitarbeiter, zu deren Befragung die vom Auskunftsanspruch betroffene Behörde nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verpflichtet werden könne.

Lediglich der Aufgabenbereich der angefragten Amtsträger habe sich nach der Bundestagswahl am 26. September 2021 verändert: „Beide Amtsträger sind nicht mehr für das Bundesfinanzministerium, sondern für das Bundeskanzleramt, jedoch damit weiterhin für die Bundesrepublik Deutschland tätig“, die Antragsgegnerin des Verfahrens sei.

Der Presse-Auskunftsanspruch besteht trotz Vertraulichkeit des Gesprächs, so das Gericht

Auch dass Scholz die damaligen angeblichen Erklärungen zu seinem Kenntnisstand vor einem Treffen mit Managern der Hamburger Warburg-Bank nur zur vertraulichen Verwendung gemacht haben will und nicht für die Öffentlichkeit, sei unerheblich: „Der vertrauliche Charakter von Hintergrundgesprächen schließt für sich genommen den presserechtlichen Auskunftsanspruch entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht aus“, heißt es in dem Beschluss.

Für die Frage, ob der presserechtliche Auskunftsanspruch ausgeschlossen sei, komme es allein darauf an, ob der begehrten Auskunftserteilung schutzwürdige öffentliche oder private Interessen entgegenstehen. Diese seien in dem Fall nicht erkennbar. Weitere Anträge des Tagesspiegels auf Auskunft, wie das Hintergrundgespräch im Bundesfinanzministerium zustande kam, hat das Gericht wegen fehlenden Eilbedarfs zurückgewiesen. Dafür müsse ein Hauptsachverfahren geführt werden.

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