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Große Freude: Sara und Benjamin Netanjahu, Jared Kushner und Ivanka Trump (von links) bei der Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem.

© Ronen Zvulun/Reuters

Botschaftsverlegung und Iran-Abkommen: Trump hat für den Nahen Osten nicht einmal einen Plan A

Jerusalem-Entscheidung und Iran-Politik: Kein Atomabkommen, kein „regime change“, keine Nachverhandlung, plus transatlantisches Zerwürfnis: Wie soll das die Welt sicherer machen? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

War es das wert? Die Botschaft der USA in Israel hat ihren Sitz nun in Jerusalem statt in Tel Aviv. Eingeweiht wurde die diplomatische Vertretung hochsymbolisch am 70. Jahrestag der Staatsgründung. Dafür bedankt sich das offizielle Israel beim US-Präsidenten und feiert dessen Gunst.

Jubel hier, Zorn dort. Für die Palästinenser ist Nakba-Tag, sie erinnern an Flucht und Vertreibung. Im Gazastreifen eskaliert die Gewalt. Tote und Verletzte werden beklagt, mal wieder. Beklagt werden muss ebenso das Schicksal junger israelischer Soldaten, die sich gezwungen sehen, auf gleichaltrige Palästinenser jenseits des Stacheldrahtzauns zu schießen. Auch das kann schmerzen.

Trump war vor den Folgen seiner Jerusalem-Entscheidung gewarnt worden. Manche Warnung war alarmistisch. Einen Friedensprozess, den er hätte zum Erliegen bringen können, gab es ohnehin nicht mehr. Die Akzeptanz von Jerusalem als Israels Hauptstadt ist eine Anerkennung der Realität. Eine Zwei-Staaten-Lösung, innerhalb derer auch die Palästinenser einen Teil Jerusalems zu ihrer Hauptstadt machen können, ist weiterhin möglich. Aber was sich in der Politik richtig anfühlt, kann durchaus falsch, weil unbedacht sein. Hinter allem muss ein Plan sichtbar werden, der ein rationales Kalkül enthält. Bei Trump indes fehlt nicht nur ein Plan B sondern bereits ein Plan A. Auf welche Weise verringert seine Botschafts-Verlegung die Gewalt in der Region und bringt sie einem Frieden nahe? Darauf gibt es keine Antwort.

Rüstungsabkommen mit Saudi-Arabien über 100 Milliarden Dollar

War es das wert? Die Frage stellt sich mit noch größerer Dringlichkeit bei Trumps zweiter folgenreicher Entscheidung, der Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran. Viele Einwände gegen dieses Abkommen sind nachvollziehbar. Es verhindert weder das iranische Raketenprogramm noch die aggressive Expansion im Irak, dem Libanon, Syrien, Jemen – oder die Unterstützung islamistischer Terrororganisationen wie Hamas und Hisbollah. Aber zu glauben, die Mullahs in Teheran würden jetzt einfach nachverhandeln, ist verwegen. Warum sollten sie? Und mit wem? Russland und China winken schon ab. Die Opposition im Iran wiederum wurde geschwächt, weil das Argument der Radikalen, den USA sei nicht zu trauen, schwer zu widerlegen ist. Kein Atomabkommen, kein „regime change“, keine Nachverhandlung, plus transatlantisches Zerwürfnis: Wie soll das die Welt sicherer machen?

Statt dessen schließt die Trump-Regierung Rüstungsabkommen mit Saudi-Arabien über 100 Milliarden Dollar. Wenn der Iran, wie es oft heißt, der größte Sponsor des internationalen Terrorismus ist, steht Saudi-Arabien auf einem ungefährdeten zweiten Platz. In punkto Folter, Frauenverachtung und Homophobie liegen beide Länder gleichauf. Kann man das anders als zynisch empfinden?

Es gibt viele Schurken in der Region, die aus freien Stücken agieren. Sie fangen bei Baschar al-Assad an und hören bei Ali Chamenei nicht auf. Doch Entscheidungen eines amerikanischen Präsidenten haben Konsequenzen. Für die ist er dann mitverantwortlich. Die Botschafts-Verlegung nach Jerusalem und die Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran waren zentrale Wahlkampfversprechen Trumps, gerichtet an die Adresse rechtsevangelikaler Kreise. Ein drittes Versprechen, den Rückzug der USA aus dem Nahen Osten, wird er wohl nicht halten können. Das Bein hat er sich selbst gestellt.

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