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Scheitert das deutsche Maut-Modell an Brüssel?

© dpa

Pkw-Maut: Brüssel lässt die CSU bellen

Die EU-Kommission wir wohl ein Verfahren gegen die deutsche Pkw-Maut einleiten. Das war absehbar. Verkehrsminister Alexander Dobrindt hätte es besser wissen - und besser machen können. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albert Funk

Getroffene Hunde bellen. Getroffene CSU-Generalsekretäre auch. Andreas Scheuer hatte freilich lange Zeit, um seine Reaktion auf die Ankündigung aus Brüssel zu üben. Denn dass die EU-Kommission wegen der von der bayerischen Regionalpartei durchgeboxten Pkw-Maut in ihrer spezifischen deutschen Form Einwände erheben würde, das konnte man sich ausdenken. Hat nicht die CSU das Projekt, das sie unbedingt verwirklichen will, einst als „Ausländermaut“ propagiert? Als Wahlkampfnummer mit dem Ziel, Unmut über das Zahlen anderswo in Europa (vor allem in Österreich und Italien) auszunutzen? „Das ständige Einmischen in nationale Gesetzgebungskompetenzen seitens der EU schadet Europa“, sagt Scheuer nun. Die Bürger nervt das Überall-Einmisch-Europa.“ Manche nervt eher die Überall-Einmisch-Partei aus Bayern.

 Unter Seehofers Beobachtung

Scheuer muss sich aber nicht wundern. Was Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt auf Geheiß und unter ständiger Beobachtung seines Parteichefs Horst Seehofer nach langer und offenbar chaotischer Vorbereitungszeit vorgelegt hat (und was aus Koalitionsräson dann die Zustimmung im Bundestag fand), ist eben nicht über alle europarechtlichen Zweifel erhaben. Und deswegen wird nun völlig zu Recht ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Die Pkw-Maut zahlen faktisch nur Ausländer, denn deutsche Autofahrer werden über eine individuelle Senkung der Kfz-Steuer wieder entlastet. Damit werden Ausländer diskriminiert, so die Sicht in Brüssel. Kommissionschef Jean-Claude Juncker will das, wenn nötig, auch vor dem Europäischen Gerichtshof klären lassen. Das dauert in aller Regel etwas länger, könnte aber auch mal etwas zügiger über die Bühne gehen, im Interesse aller.

Scheuers Ärger ist auch deshalb verständlich, weil ein Scheitern der Maut in der Dobrindtschen Version ein erheblicher Schaden für seine Partei wäre. Die Maut-Finanzierung an sich wird in Brüssel gar nicht abgelehnt, die Mitgliedstaaten werden sogar ermutigt, stärker auf eine Nutzerfinanzierung überzugehen. Irgendwann will die EU das einheitlich regeln. Ein Veto gegen das deutsche Modell wäre somit ein herber Rückschlag, der die Maut-Finanzierung in Deutschland generell erschweren dürfte. Die CSU hätte es dann schlicht und ergreifend vermasselt. Obwohl mögliche Bedenken der Kommission früh erkennbar waren. Der Verkehrsminister hat sie ignoriert. Schon jetzt ist das Dobrindtsche Modell eine ziemlich schräge Nummer, von der niemand weiß, ob sie überhaupt einen Mehrertrag bringen wird. Eine echte Nutzerfinanzierung ist sie ebenfalls nicht, also eine Abrechnung nach tatsächlicher Nutzung, sondern nichts anderes als eine umgetaufte Kfz-Steuer. Scheitert sie an Brüssel, hätte das Folgen: Dobrindt könnte gehen, und Seehofers politische Endphase würde sich beschleunigen, sollte er dann überhaupt noch im Amt sein.

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