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Sahra Wagenknecht kommt zu einem Pressetermin.

© Imago/Mauersberger

BSW fehlten im Februar 9000 Stimmen: Ein Drittel der Wähler will Neuauszählung der Bundestagswahl

Denkbar knapp scheiterte das Bündnis Sahra Wagenknecht an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Parteigründerin fordert seitdem wiederholt, die Stimmen neu zu zählen. Eine Umfrage zeigt, wie die Bürger denken.

Stand:

Es war hauchdünn: Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hatte mit 4,981 Prozent im Februar knapp den Einzug in den Bundestag verfehlt. Der Partei fehlten nur rund 9500 Stimmen, um die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen.

Die Parteigründerin und scheidende BSW-Chefin Wagenknecht wiederholt seitdem vehement ihre Vorwürfe gegen den Wahlprüfungsausschuss des Bundestags und fordert eine Neuauszählung – die große Konsequenzen haben könnte.

Eine Umfrage zeigt jetzt, die Wählerinnen und Wähler sind in dieser Frage gespalten: 36 Prozent würden eine Neuauszählung begrüßen, 30 Prozent lehnen sie ab. 21 Prozent ist es gleichgültig. Die größte Zustimmung findet eine Neuauszählung wenig überraschend bei Anhängerinnen und Anhängern des BSW: Hier sind 77 Prozent dafür, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) unter Berufung auf die Online-Befragung des Meinungsforschungsinstituts Insa.

Es ist schlicht nicht vorgesehen, auf reinen Verdacht hin nachzuzählen.

Sophie Schönberger, Staatsrechtlerin

Bei Sympathisanten der AfD sind es 60 Prozent, bei Menschen mit Sympathien für die Linke noch 47 Prozent. Eher ablehnend stehen der Forderung Wählerinnen und Wähler der Grünen (58 Prozent), der Union (46 Prozent) und der SPD (36 Prozent) gegenüber. In aktuellen bundesweiten Umfragen wie dem Politbarometer von ZDF und Tagesspiegel liegt das BSW derzeit wie die ebenfalls nicht im Bundestag vertretene FDP unter drei Prozent.

Wagenknecht rügt Wahlprüfungsausschuss

Wagenknecht kritisierte gegenüber dem RND, dass der Wahlprüfungsausschuss des Bundestags nach wie vor nicht zusammentritt, um über den Einspruch des BSW zu beraten: „Der Wahlprüfungsausschuss wird von Woche zu Woche immer mehr zu einer Farce. Es hätte schon längst eine Entscheidung geben müssen. Das Gremium beschädigt das Ansehen von Parlament und Demokratie“, sagte sie.

„In der nächsten Sitzungswoche Ende November muss endlich der Weg für eine Neuauszählung freigemacht werden.“ Es gehe nicht nur um das BSW, sondern „vor allem um das Vertrauen in die Demokratie insgesamt“, sagte Wagenknecht. Sie hatte angekündigt, bei einer für sie negativen Entscheidung vors Bundesverfassungsgericht zu ziehen.

Die Berliner Staatsrechtsprofessorin Sophie Schönberger sieht keine Veranlassung, die Bundestagswahl neu auszuzählen. Sie sagte dem RND: „Es gibt keine systematischen Wahlfehler. Das Wahlprüfungsverfahren ist nicht dafür da, zu sagen, vielleicht lassen sie sich noch irgendwo Stimmen finden, sondern es ist dafür da, um Wahlfehler aufzuspüren.“ Das BSW habe nach ihrer Kenntnis keine „substanziellen Wahlfehler angemahnt“.

Dass es „minimale Zählfehler“ gebe, „können Sie in einem Massenverfahren nicht verhindern“, sagte Schönberger weiter. „Einfach weil bei so vielen Stimmen immer Fehler passieren, weil Menschen keine Maschinen sind.“ Eine Nachzählung werde mit Sicherheit eine Abweichung zum amtlichen Endergebnis geben – „in welche Richtung, ist aber völlig ungewiss“, sagte Schönberger. „Es ist schlicht nicht vorgesehen, auf reinen Verdacht hin nachzuzählen.“

Käme das BSW in den Bundestag, hätte Merz keine Mehrheit mehr

Käme das BSW durch eine Neuauszählung ins Parlament in Berlin, hätte die schwarz-rote Regierungskoalition von Bundeskanzler Friedrich Merz ihre Mehrheit verloren.

Merz bliebe aber zunächst Kanzler, stellte Schönberger klar: „Der am 23. Februar gewählte Bundestag bliebe in einer korrigierten Zusammensetzung bestehen. Dass die Zusammensetzung des Bundestags im Nachhinein verändert wurde, würde die Kanzlerwahl nicht ungültig machen. Staatsrechtlich ist das im Grundgesetz maximal stabil geregelt. Alles andere sind politische Fragen.“

Vor rund zwei Jahren hatte Wagenknecht ihre eigene Partei gegründet. Nun zieht sich die 56-Jährige aus der allerersten Reihe zurück. Wagenknecht gibt den Vorsitz des BSW ab, wie sie am Montag in Berlin bestätigte. Stattdessen will sie Chefin einer „Grundwertekommission“ in der Partei werden. „Ich möchte in Zukunft den Kopf wieder freihaben für die Dinge, mit denen ich dem BSW wirklich helfen kann, wo meine Stärken liegen“, sagte Wagenknecht.

Die neue Doppelspitze sollen ihre bisherige Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali (45) und der Europaabgeordnete Fabio De Masi (ebenfalls 45) bilden. Auch aus dem Namen der Partei verschwindet die Gründerin bald, das ist bereits angekündigt. Die Entscheidungen sollen beim Parteitag in Magdeburg am 6. und 7. Dezember besiegelt werden.

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