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Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) eröffnet eine Plenarsitzung im Deutschen Bundestag.

© Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Bundestagspräsidentin macht Druck: Bärbel Bas fordert zügige Wahlrechtsreform

Die SPD-Politikerin befürchtet eine zu lange Verzögerung. Anfang Januar soll es eine „Grundsatzentscheidung“ geben, wie das Parlament verkleinert wird.

Die Bundestagspräsidentin fürchtet um die Wahlrechtsreform – und macht nun in ungewöhnlich deutlicher Form Druck mit einer Terminansage. Bärbel Bas fordert die Parlamentarier eindringlich auf, zumindest in der Frage der Größe des Bundestags jetzt zügig voranzukommen. Sie verlangt, „spätestens Anfang des nächsten Jahres zu einer Grundsatzentscheidung zu kommen“.

Der Bundestags-Wochenzeitung „Das Parlament“ sagte die SPD-Politikerin zur Begründung: „Wir müssen zwingend wissen, ob die Wahlkreise neu zugeschnitten werden müssen. Denn das wäre ein längerer Prozess, der rechtzeitig vor der Wahl rechtskräftig abgeschlossen werden müsste. Ich erwarte daher baldige Klarheit zum Wahlverfahren.“

Nach der geltenden Gesetzeslage soll die Zahl der Wahlkreise zur Wahl 2025 von 299 auf 280 verringert werden – ein weiterer Schritt bei dem Versuch, die im Wahlsystem angelegte Vergrößerung der Sitzzahl des Bundestags weit über seine Ausgangsgröße von 598 Mandaten hinaus zu verhindern. Derzeit hat das Parlament 736 Abgeordnete.

Wir müssen damit rechnen, dass das neue Wahlgesetz gerichtlich überprüft wird.

Bärbel Bas, Bundestagspräsidentin

Bas hält es für nicht ausgeschlossen, dass es nach der nächsten Wahl ohne Reform „800 oder 900 Abgeordnete“ sein könnten. Dann müsste der Bundestag „in großem Stil zusätzliche Räume in externen Liegenschaften anmieten, was enorme logistische und Sicherheitsprobleme bedeutet“. Bas fügte hinzu: „Von den Kosten ganz zu schweigen.“

Auf Basis des geltenden Rechts hat die vom Bundestag eingesetzte Wahlkreiskommission bereits Vorschläge gemacht, wie ein neuer Zuschnitt mit 280 Wahlkreisen aussehen könnte. Im Januar muss sie ihren endgültigen Bericht dem Bundesinnenministerium vorlegen, letztlich entscheidend ist das Parlament.  

Die Mahnung der Parlamentspräsidentin richtet sich zwar in erster Linie an die Wahlrechtskommission, die der Bundestag zur Vorbereitung einer Reform eingerichtet hat. Aber sie geht auch an die Adresse der Regierungsfraktionen, denn das Wahlrecht lässt sich mit einfacher Mehrheit ändern. Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP heißt es: „Wir werden innerhalb des ersten Jahres das Wahlrecht überarbeiten, um nachhaltig das Anwachsen des Bundestages zu verhindern. Der Bundestag muss effektiv in Richtung der gesetzlichen Regelgröße verkleinert werden.“

736 Abgeordnete sind zu viel – bei 598 Mandaten liegt die „Normalgröße“ des Bundestags. 
736 Abgeordnete sind zu viel – bei 598 Mandaten liegt die „Normalgröße“ des Bundestags. 

© Foto: dpa/Britta Pedersen

Die Wahlrechtskommission legte Ende August zwar einen Zwischenbericht vor. Allerdings läuft es bisher darauf hinaus, dass es keinen fraktionsübergreifenden Konsens geben wird. Die Ampel-Koalition hat für ihr Modell zwar Zustimmung bei der AfD gefunden, nicht aber bei Union und Linken. Die CDU/CSU-Fraktion und ihre Sachverständigen in der Kommission halten den Vorschlag für verfassungsrechtlich problematisch. Bas sagte jetzt: „Wir müssen auch damit rechnen, dass das neue Wahlgesetz gerichtlich überprüft wird.“

Das Ampel-Modell bleibt beim bisherigen System der mit einer Personalwahl in Wahlkreisen verbundenen Verhältniswahl. Allerdings wird die Zahl der Direktmandate, die eine Partei bekommt, nun ausdrücklich davon abhängig gemacht, dass diese von den Zweitstimmen gedeckt sind. Damit soll es keine Überhangmandate mehr geben – die Direktmandate einer Partei mit den schwächsten Prozentergebnissen im jeweiligen Bundesland werden dann nicht zugeteilt. 2021 waren es 34 Überhänge: zwölf bei der CDU, elf bei der CSU, zehn bei der SPD, eines bei der AfD.

Entsprechend würden künftig Direktmandate nicht mehr zugeteilt (bislang sprach man bei dieser Lösung auch von Kappungsmodell). Um dennoch in diesen „Überhangwahlkreisen“ direkt bestimmte Abgeordnete zu haben, soll eine weitere Stimme abgegeben werden können – die Ersatzstimme. Es wären dann also drei Kreuzchen möglich auf dem Wahlzettel.

Kommen Wahlkreiserste nicht zum Zuge wegen der Kappung, werden die Ersatzstimmen von deren Wählern für weitere Bewerber gewertet – der oder die mit den meisten Stimmen hätte dann das Mandat. Daran aber knüpft die Union ihre verfassungsrechtlichen Bedenken.

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