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Bündnis gegen Sahra Wagenknecht : Das BSW zerlegt sich und schafft sich wieder ab
In der jungen Partei tobt der Grundsatzstreit des Ostens: Regieren oder opponieren, mit oder gegen die AfD? Wagenknecht reißt die Brandmauer ein und damit ihr Bündnis in den Abgrund.

Stand:
Die Partei, die nach einem neuen Namen sucht, gibt sich gerade selbst einen: Bündnis Sonstige und Wagenknecht. Ein Jahr nach Gründung durch Talkshow-Königin Sahra Wagenknecht geht ein offener Riss durch das BSW – entlang der politischen Grundsatzfragen des Ostens.
Es gibt ein Hauen und Stechen wie einst in der Linken – als Wagenknecht noch dort wirkte.
Tagesspiegel-Autor Robert Ide
In Brandenburg hat sich die Fraktion in aller Öffentlichkeit zerlegt und im Landtag unterschiedlich über den Rundfunkstaatsvertrag abgestimmt. In Sachsen-Anhalt, wo nächstes Jahr entscheidende Wahlen stattfinden, begehrt fast der gesamte Landesvorstand gegen die beiden Landesvorsitzenden auf. Die Kritiker beklagen ein Klima der Einschüchterung und Ausgrenzung, ein Mediationsverfahren ist gescheitert. Es gibt ein Hauen und Stechen wie einst in der Linken – als Wagenknecht noch dort wirkte.
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Der Kommentar von Robert Ide zum Nachhören:
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Der Richtungskampf wird gnadenlos geführt, denn es geht um drei grundsätzliche Machtfragen.
Erstens: Soll das BSW pragmatisch mitregieren wie in Thüringen und bisher in Brandenburg oder einen fundamentalen Oppositionskurs für die Talkshow-Galerie machen? Wagenknecht selbst will Letzteres, um nach dem knapp verpassten Einzug in den Bundestag wieder mehr Aufmerksamkeit zu generieren. Von Berlin aus hat sie bereits den Regierungseintritt des BSW in Sachsen verhindert.
Der Konfrontationskurs führt zur zweiten zentralen Frage: Wie weit soll das Bündnis mit der AfD zusammenarbeiten – und würde es in Sachsen-Anhalt einem ersten AfD-Regierungschef ins Amt verhelfen? Für Wagenknecht selbst sind gemeinsame Abstimmungen mit den extremen Rechten kein Tabu mehr, sie erklärt die Brandmauer für gescheitert – und nimmt selbst den Hammer in die Hand, um sie einzureißen. In ihrer bedingungslieben Russland-Liebe sind sich BSW und AfD sowieso schon einig.
Die dritte wichtige Frage hat viel mit Wagenknecht selbst zu tun: Wie hält es das zentralistisch organisierte Bündnis mit der innerparteilichen Demokratie? Nicht nur die abtrünnigen Abgeordneten in Brandenburg warnen vor „autoritären Tendenzen“ und „radikalisierten Positionen“. Die Aufnahme von Mitgliedern wurde bisher zentral durch den Bundesvorstand organisiert – gerade diese neuen Mitglieder gehen nun zum Beispiel in Sachsen-Anhalt gegen die Rebellen vor. Beim BSW wird Opposition nach außen propagiert, aber innerparteilich nicht zugelassen.
Wagenknecht selbst hat sowieso keine Lust auf Parteiarbeit und zieht sich von der Spitze zurück. So aber verliert die junge Partei, die im Osten viele Proteststimmen eingesammelt hat, ihre Identifikations-Ikone. Das wird auch der bisherige 1.FC Union-Manager Oliver Ruhnert als neuer Generalsekretär nicht retten können, zumal er eher ein stiller Zeitgenosse ist. Auffällig ist auf jeden Fall: Überall wo Wagenknecht wirkt, bricht das große Drama aus.
Schon jetzt stürzt das Bündnis in den Umfragen ab. Und als Handlangerin der AfD macht sich das BSW selbst überflüssig. So wird es immer wahrscheinlicher, dass die Partei an ihren gegensätzlichen Ausrichtungen zerbricht. In Brandenburg könnte darüber schon im nächsten Jahr die Regierung stürzen.
In Thüringen gilt die pragmatisch mitregierende Vize-Ministerpräsidentin Katja Wolf inzwischen als wichtigste parteiinterne Gegenspielerin von Wagenknecht. Mit den Vernünftigen aus Brandenburg und Sachsen-Anhalt sollte sie am besten eine neue Partei für den Osten gründen und sie einfach BGSW nennen: Bündnis gegen Sahra Wagenknecht.
Jeden Donnerstag ab 6 Uhr kommentiert Robert Ide stadtpolitische Themen bei Simone Panteleit und Team im Berliner Rundfunk 91.4. Im Tagesspiegel finden Sie den Kommentar zum Nachlesen und Nachhören.
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