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Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie, Charité Berlin

© dpa/Michael Kappeler

Christian Drosten über das Coronavirus: „Wer sich gegen das Impfen entscheidet, wird sich unweigerlich infizieren“

Christian Drosten erwartet eine schwere nächste Grippe-Welle. Im „Coronavirus-Update“ nimmt er aber auch die Angst vor der indischen Virusvariante.

Der Virologe Christian Drosten schätzt, dass die Bevölkerung in Deutschland ungefähr in den kommenden eineinhalb Jahren immun gegen das Coronavirus wird. Dies werde durch die Impfung oder durch natürliche Infektion geschehen, sagte der Wissenschaftler der Charité Berlin im Podcast „Coronavirus-Update“ (NDR-Info) am Dienstag.

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„Dieses Virus wird endemisch werden, das wird nicht weggehen. Und wer sich jetzt beispielsweise aktiv dagegen entscheidet, sich impfen zu lassen, der wird sich unweigerlich infizieren.“ Dagegen könne man nichts tun, da die Maßnahmen mit der Zeit immer weiter zurückgefahren würden.

Danach zirkuliere das Virus in der Bevölkerung, zum Beispiel unbemerkt im Rachen von Geimpften und bei kleineren Kindern, die noch nicht geimpft werden können. „Das Virus wird unerkannterweise unter einer Decke des Immunschutzes sich weiter verbreiten. Und dann trifft es immer auch auf Leute, die nicht immunisiert sind durch eine Impfung, die voll empfänglich sind.“

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Auch im kommenden Winter wird es daher nach Einschätzung des Virologen noch Covid-19-Fälle auf Intensivstationen geben. Er glaube, „diejenigen, die sich aktiv gegen die Impfung entscheiden, die müssen wissen, dass sie sich damit auch aktiv für die natürliche Infektion entscheiden. Ohne jede Wertung“, sagte Drosten. Es sei eine freie Entscheidung.

Spürbare Auswirkungen der Impfungen ab Juli

Der Leiter der Charité-Virologie hatte bereits vor einigen Tagen im ZDF gesagt, er sei für die Zeit ab Juni zuversichtlich, denn zu dem Monat würden sich erstmals die Impfungen spürbar auswirken. „Der Sommer kann ganz gut werden in Deutschland.“ Am Dienstag sagte er, dass sich die Situation stark konsolidieren werde, wenn auch die jungen, sehr mobilen Menschen geimpft seien. Diese hätten besondere Funktionen im Übertragungsnetzwerk des Virus. Reisen von frisch Geimpften steht der Virologe recht gelassen gegenüber: Er sehe bei ihnen derzeit keine Veranlassung für Quarantäne nach der Rückkehr.

Die Möglichkeit, sich die zwei Astrazeneca-Impfdosen in Absprache mit dem Arzt in einem Abstand von vier Wochen verabreichen zu lassen und dann in den Urlaub zu fahren, hält der Virologe für nicht verwerflich, wie er sagte. Im Vergleich zu den von der Ständigen Impfkommission empfohlenen zwölf Wochen seien dann zwar Durchschlagskraft und Nachhaltigkeit der zweiten Dosis nicht so stark. Aber es sei immer noch besser, als nur eine Dosis zu haben. Man könne sich auch in einigen Monaten erneut impfen lassen.

Zuletzt hatten Bund und Länder auch die Priorisierung für den Corona-Impfstoff von Johnson & Johnson ist in Deutschland aufgehoben. Voraussetzung dafür seien eine ärztliche Aufklärung und eine individuelle Entscheidung über den Impfstoff. Die Stiko aber empfiehlt nur Menschen über 60 mit dem Vakzin zu impfen.

Drosten bekräftigte, er gehe ohnehin davon aus, dass im Herbst bestimmte Gruppen in Abhängigkeit von Alter und Risiko großzügig gegen Covid-19 nachgeimpft werden sollten. Ihm schwebe vor, dies auch mit der Immunisierung gegen Grippe zu verbinden.

Nächste Grippe-Welle könnte schwer ausfallen

„Jemand, der ein Risiko hat für Influenza, der hat auch dieses Risiko für Covid.“ Es sei zu befürchten, dass die nächste Grippe-Welle schwer ausfalle, wenn man nicht mit Impfungen gegensteuere, sagte Drosten. Hintergrund ist, dass die Influenza-Welle im zurückliegenden Herbst und Winter in Deutschland, aber auch in anderen Ländern ausgefallen ist – auch wegen der Maßnahmen gegen die Pandemie.

Die indische Corona-Variante B.1.617, die von Großbritannien und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mittlerweile als besorgniserregend eingestuft wird, hat derzeit in Deutschland aus Drostens Sicht noch keinen besonderen Verbreitungsvorteil. Die Bevölkerung hier sei noch nicht so stark immunisiert wie in Großbritannien. Die Mutante sei etwas weniger beeinträchtigt durch Impfung und Immunität.

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Die Virusvariante ist auch in Berlin angekommen. Gegenüber dem Tagesspiegel bestätigte die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung am Dienstag, dass seit Anfang April mindestens zwölf solcher Fälle bekannt sind.

Das wird erst jetzt bekannt, da zum Nachweis der Mutante eine aufwendige Sequenzierung der Proben notwendig wurde. Es ist wahrscheinlich, dass es daher für die letzten Wochen noch zu Nachmeldungen kommt.

Auffrischungsimpfstoffe werden kommen

Die Voraussetzungen für die Verbreitung solcher Varianten dürften sich laut dem Virologen aber auch in Deutschland mit dem Impffortschritt zum Herbst hin ändern. Welche Variante dann vorherrsche oder noch neu auftauche, lasse sich nicht vorhersagen. Die Mutanten bescherten dann auch keine neue Pandemie mehr, „sondern wir werden auch gegen diese Viren in der Symptomatik geschützt sein“, sagte Drosten. Es werde auch Auffrischungsimpfstoffe geben.

„Das Virus hat ein bisschen mehr Fitness, aber das bedeutet jetzt überhaupt nicht, dass das eine Riesengefahr für uns unmittelbar darstellt“, sagte Drosten über die Variante aus Indien. „Wir können dagegen animpfen. Wir sind nicht mehr so wehrlos wie letztes Jahr um diese Zeit.“ (Tsp mit dpa)

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