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Das Reichstagsgebäude wurde schon mal von russischen Hackern angegriffen.

© Hoch3Fotografie

Cyberangriffe, Sabotage und Förderung von Parteien: Verfassungsschutz warnt vor russischer Einflussnahme auf die Wahl

Moskau könnte versuchen, die Bundestagswahl am 23. Februar zu beeinflussen, so die Einschätzung der Spionageabwehr. Sie warnt besonders vor einer „gezielten Förderung von Personen und Parteien“.

Stand:

Drei Monate vor der Bundestagswahl warnt das Bundesamt für Verfassungsschutz vor „möglichen Versuchen der Einflussnahme“ durch Russland und andere Staaten. „Einzukalkulieren sind Aktionen der Desinformation und Diskreditierung, Cyberangriffe sowie Spionage und Sabotage“, heißt es in einer am Freitag veröffentlichten Gefährdungsanalyse der Sicherheitsbehörde.

„Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat Russland das wohl größte und naheliegendste Interesse, die Wahl im eigenen Sinne zu beeinflussen.“ Russland sehe sich selbst in einem „Informationskrieg“, betonen die Verfassungsschützer.

„Kommunikative Unterstützung“ und „materielle Anreize“

„Ziel der dahinterstehenden Akteure ist es, Unsicherheiten und Spaltungslinien in der deutschen Gesellschaft zu erzeugen beziehungsweise zu vertiefen, die Bereitschaft für die Unterstützung der Ukraine zu mindern und in diesem Sinne Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen.“

Einzukalkulieren sind Aktionen der Desinformation und Diskreditierung, Cyberangriffe sowie Spionage und Sabotage.

Bundesamt für Verfassungsschutz in einer Gefährdungsanalyse

Schon in der Vergangenheit hat der deutsche Inlandsnachrichtendienst die Gefahren durch Cyberangriffe oder wachsende Bedrohung durch Sabotage hervorgehoben.

Erstmals warnt der Verfassungsschutz nun aber ausdrücklich vor einer Einflussnahme auf einzelne Politiker und ganze Parteien: „Illegitime Einflussnahme kann schließlich auch über eine gezielte Förderung und Unterstützung von Personen, Parteien und Bewegungen geschehen.“ Dabei kämen „kommunikative Unterstützung“ und auch „materielle Anreize“ zum Einsatz.

Kreml setzt Hoffnungen offenbar auf AfD und BSW

Die Verfassungsschützer verweisen zudem auf die russische Einflussoperation rund um das Medium „Voice of Europe“ in Prag. Dieses wurde nicht nur für die Verbreitung prorussischer Narrative genutzt, sondern auch als Vehikel, um europäischen Politikern Geld zukommen zu lassen.

Der AfD-Politiker Petr Bystron steht im Verdacht, auf diesem Weg mehr als 30.000 Euro erhalten zu haben, er bestreitet die Vorwürfe. Auch der AfD-Europaabgeordnete Maximilian Krah tauchte als Gesprächspartner bei „Voice of Europe“ auf. Er bestreitet ebenfalls, Geld erhalten zu haben.

Der Kreml setzt seine Hoffnungen offenbar sowohl auf die AfD als auch auf das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), wie aus kürzlich bekannt gewordenen internen Dokumenten hervorgeht. Beide Parteien vertreten insbesondere mit Blick auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine Positionen, die im Kreml auf Wohlwollen treffen dürften.

„Das Handlungsfeld ausländischer Akteure könnte sich von einer direkten Einflussnahme im Sinne einer aktiven Unterstützung einzelner Kandidierender oder Parteien über die Diskreditierung anderer Personen und Parteien bis hin zur Diskreditierung des für Demokratien essenziellen politischen Meinungs- und Willensbildungsprozesses erstrecken“, heißt es in der Gefährdungsanalyse.

Politiker und Parteien im Visier von Cyberangriffen

Schon seit Jahren werden politische Akteure in Deutschland zudem immer wieder Opfer von Cyberangriffen. Im Sommer 2023 traf es die Parteizentrale der SPD. Die Bundesregierung machte für diesen Angriff eine Hackergruppe verantwortlich, die unter dem Namen APT28 oder „Fancy Bear“ bekannt ist. Hinter dieser Gruppierung steht der russische Militärgeheimdienst GRU.

Denselben Tätern wird auch der bisher größte bekannte Cyberangriff in Deutschland zugeordnet: Bereits 2015 hatten die Hacker den Bundestag angegriffen und umfangreiche Daten erbeutet.

Im Bundestagswahlkampf 2021 registrierten die Sicherheitsbehörden vermehrt sogenannte Phishing-Angriffe, mit denen beispielsweise Zugangsdaten erbeutet werden sollen. Sie wurden ebenfalls Russland zugeschrieben.

Anders als in anderen Staaten gab es in Deutschland bisher keine größeren „Hack and Leak“-Operationen, bei denen erbeutete Daten gezielt veröffentlicht werden, um bestimmte Personen oder Parteien zu diskreditieren. Unter Sicherheitsexperten gilt ein solches Szenario als eine Möglichkeit, die kommenden Wahlen zu beeinflussen.

Sicherheitsbehörden sehen zudem eine wachsende Gefahr durch mögliche russische Sabotage. Hier sei es zu einer „Verschärfung der Gefährdungslage in Deutschland und Europa“ gekommen, heißt es in der Analyse.

Im Wahlkampf könnten Angriffe, zum Beispiel auf kritische Infrastruktur, neben den materiellen Schäden auch psychologische Auswirkungen haben, warnen die Verfassungsschützer.

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