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„Das wäre Selbstmord“: FDP-Urgestein Baum warnt seine Partei vor Ausstieg aus der Ampel
Einige in der FDP haben nach der Wahlschlappe in Brandenburg genug von der Ampel-Koalition. Der frühere Innenminister Baum warnt, das wäre der Untergang der Partei.
Stand:
Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) hat seine Partei eindringlich davor gewarnt, die Koalition mit SPD und Grünen nach den schweren Wahlschlappen der Liberalen zu verlassen. „Die FDP darf auf keinen Fall aus der Ampel-Koalition aussteigen. Das wäre Selbstmord“, sagte Baum der „Rheinischen Post“. Bei Neuwahlen kämen die Liberalen womöglich nicht mehr in den Bundestag, warnte der 91-Jährige.
Auch sei jetzt nicht Zeit für einen vorgezogenen Bundestagswahlkampf, der alle Kräfte binden würde. „Unser Land und die Welt haben jetzt ganz andere Probleme. Ein Ausstieg der FDP aus der Ampel wäre eine Flucht vor der Verantwortung.“
Die FDP müsse sich um ein breiteres Politikangebot kümmern, mahnte Baum. Die Sorge um die finanzpolitische Stabilität und um das Wirtschaftswachstum sei wichtig, dürfe aber nicht das Hauptziel der Liberalen sein.
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„Wir erleben eine krisenhafte Zuspitzung in der Weltpolitik, die es so in Jahrzehnten nicht gegeben hat. Und wir haben als FDP dazu nicht die nötigen Perspektiven“, beklagte Baum. Er empfahl seiner Partei auch, alles zu tun, um Kernbranchen wie die Auto-, die chemische und die Stahlindustrie im Land zu halten, notfalls mit staatlichen Hilfen und Beteiligungen.
Auch die Ampel wehrt sich. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat die FDP dafür kritisiert, dass sie nach ihren Wahlniederlagen in Ostdeutschland den Druck auf die Ampel erhöht und ein Ende der Koalition nicht ausschließt. „Es hilft doch niemandem, wenn man immer radikaler in der Sprache wird“, sagte er zu dem von FDP-Chef Christian Lindner ausgerufenen „Herbst der Entscheidungen“ für die Ampel. „Wir wollen an der Koalition festhalten. Es gibt kein Ausstiegsszenario“, betonte Mützenich vor einer Fraktionssitzung mit Bundeskanzler Olaf Scholz.
Die FDP hatte bei den drei Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg den Einzug in die Landtage deutlich verpasst. FDP-Vize Wolfgang Kubicki hatte Zweifel angemeldet, ob die Ampel-Koalition Weihnachten noch erreicht.
Parteichef Christian Lindner sprach von einem „Herbst der Entscheidungen“ und mahnte, wichtige Fragen in der Wirtschaftspolitik, beim Haushalt und bei einer Kontrolle der Zuwanderung müssten schnell geklärt werden. Auf Nachfrage nannte der Finanzminister einen Zeitraum bis Weihnachten.
FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler bekräftigte am Dienstag die Forderung, dass die Ampel-Koalition in den nächsten Monaten klare Entscheidungen bei mehreren Themen fällt: „Wenn wir nicht die Kraft haben, als Bundesregierung, diese Weichen zu stellen, die Beschlüsse zu fassen, und wenn das Parlament die nicht durchbringt, dann muss man natürlich sagen, dann brauchen wir eine andere Regierung“, sagte er im Radiosender Bayern 2.
Konkret nannte Köhler die Haushalts- und Wirtschaftspolitik. „Die Herausforderung, die wir haben, wir brauchen einen verfassungskonformen, gut funktionierenden und soliden Haushalt“, sagte er. „Die Menschen erwarten von uns, dass der Staat mit den Mitteln, die er hat, auch haushaltet und das muss entschieden werden bis zum Herbstende.“
Um den Haushalt zu beschließen, „brauchen wir eine Wirtschaftswende“, fügte Köhler hinzu. „Wir müssen dafür sorgen, dass das Land im Automobilbereich zum Beispiel, aber auch bei Startups, genauso wie bei Handwerkern, vorwärtskommt.“
In einer neuen Umfrage verlieren Grüne und FDP unterdessen weiter an Zustimmung. Im Insa-Meinungstrend für „Bild“ kommen die Grünen mit 9,5 Prozent (-0,5) erstmals seit sieben Jahren nur noch auf einen einstelligen Wert. Die FDP rutscht auf 3,5 Prozent (-1,0). Die SPD legt hingegen zu auf 15,5 Prozent (+1,5). Die Union fällt auf 32 Prozent (-1,0). Die AfD verbessert sich einen halben Punkt auf 20 Prozent. Das BSW hält mit 10 Prozent seinen Wert aus der Vorwoche. Die Umfrage wurde vom 20. bis 23. September erhoben. (dpa, AFP)
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