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Als „Bordell Europas“ bezeichnet CSU-Politikerin Dorothee Bär Deutschland.

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Debatte über Sexkauf-Verbot: In Deutschland normal, in Schweden verpönt

Eine Umfrage zeigt, was das Sexkauf-Verbot in Schweden bewirkt hat. Dort ist Prostitution inzwischen ein Randphänomen.

Seit Wochen wird in Deutschland intensiv über die Einführung des nordischen Modells zum Verbot von Prostitution diskutiert. Nun mischt sich die größte schwedische Frauenrechtsorganisation, Sveriges Kvinnoorganisationer, in die Debatte ein, um für ein Sexkauf-Verbot nach schwedischem Vorbild zu werben.

Seit 1999 können in Schweden Freier bestraft werden, wenn sie sexuelle Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Prostituierte werden nicht kriminalisiert. In Deutschland gilt Prostitution hingegen seit Anfang 2002 als Dienstleistung und ist legal. Ziel war es, Prostituierte aus der Schattenwelt zu holen.

In Europa stehen Schweden und Deutschland damit für den entgegengesetzten Umgang mit dem Problem Prostitution. Sveriges Kvinnoorganisationer hat nun mit einer repräsentativen Umfrage ermittelt, wie dies die Einstellung von Deutschen und Schweden zur Prostitution und dem Verhältnis von Männern und Frauen beeinflusst hat.

Deutsche Männer kaufen häufiger Sex

In Schweden sprechen sich demnach 77 Prozent der Befragten für ein Verbot von Prostitution aus, nur 23 Prozent sind dagegen. In Deutschland sind die Werte fast genau umgedreht: 21 Prozent sind für ein Prostitiunsverbot, 79 Prozent dagegen.

Deutsche Männer kaufen Sex auch wesentlich häufiger. 26 Prozent geben an, mindestens einmal für Sex bezahlt zu haben, 16 Prozent tun dies regelmäßig. Demgegenüber bezeichnen sich nur fünf Prozent der schwedischen Männer als regelmäßige Käufer von Sex. Sieben Prozent haben dafür zumindest einmal in ihrem Leben bezahlt.

Zugleich haben deutsche Männer häufiger den Eindruck, dass Personen sexuelle Handlungen an ihnen nicht ganz freiwillig ausüben. Zwölf Prozent geben an, dass sie schon einmal Sex mit einer Person hatten, die das nicht wirklich wollte. In Schweden sagen dies nur drei Prozent.

Rufe nach einem europäischen Verbot

„Wenn Deutschland Menschenhandel bekämpfen und Gleichheit zwischen den Geschlechtern erreichen will, muss es den weltweit verbreiteten Verkauf von Frauenkörpern beenden“, sagte Nathalia Guaje, Expertin für sexuelle Rechte bei Sveriges Kvinnoorganisationer, dem Tagesspiegel. In Schweden seien Prostitution und Menschenhandel deutlich zurückgegangen. Aber schwedische Männer kauften Sex weiter im Ausland, zum Beispiel in Deutschland.

Guaje forderte deshalb einen europaweiten Kampf gegen Sexhandel. Im September sprach sich das EU-Parlament für die europaweite Einführung des nordischen Modells aus.

Es sei ermutigend, dass sich dafür auch viele deutsche Politikerinnen und Politiker starkgemacht hätten, sagte Guaje. „Wir hoffen, dass auch Frauen in Deutschland es bald erleben, dass Männer sie nicht als potentielle Sexobjekte sehen, die gekauft und verkauft werden können.“

In Deutschland hat sich zuletzt die CSU-Politikerin Dorothee Bär für ein Sexkauf-Verbot ausgesprochen. „Deutschland hat sich zum Bordell Europas entwickelt“, sagte die Fraktionsvize der Union im Bundestag. Auch die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen in der SPD wirbt für das nordische Modell.

Um die Öffentlichkeit besser zu informieren, organisiert Sveriges Kvinnoorganisationer in den Nordischen Botschaften in Berlin nun auch eine einwöchige Ausstellung unter dem Titel „Sexkauf ist Gewalt!“. Sie ist seit dem 24. Oktober eröffnet.

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