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Die Hand von Merih Demiral zeigt den „Wolfsgruß“ der Grauen Wölfe während dem Spiel gegen Österreich.

© AFP/RONNY HARTMANN

Der Gruß der „Grauen Wölfe“ : Rote Karte für schlechte Beispiele!

Millionen Menschen haben beim EM-Achtelfinale die Geste des türkischen Nationalspielers Merih Demiral, seinen Wolfsgruß, gesehen. Sie war rechtsextrem. Das muss Folgen haben.

Stephan-Andreas Casdorff
Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

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Da sage noch einer, Sport sei nicht politisch. Mitunter ist er der Ort für gezielte Provokation. Wie jetzt durch Merih Demiral, Torschütze und Spielretter für die Türkei im Achtelfinale der Fußball-Europameisterschaft. Das kann, das darf nicht ohne Folgen bleiben.

Warum? Demiral hebt die Arme, dass es jeder sieht, Zehntausende im Stadion, Millionen an den Bildschirmen. Dann drückt er Mittel- und Ringfinger auf den Daumen, Zeigefinger und kleine Finger sind ausgestreckt – Handzeichen und Symbol der „Grauen Wölfe“.

Das sind die Anhänger einer rechtsextremen, ultranationalistischen Bewegung, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Ihnen wurden in der Vergangenheit Gewalttaten, ja Morde zur Last gelegt. In Deutschland gilt die Bewegung als die größte rechtsextreme Organisation, mit mehr als 18.500 Mitgliedern.

In Österreich ist ihre Geste verboten, in Deutschland wird ein Verbot (seit Jahren) diskutiert. Spieler Demiral ficht das nicht an; er sieht es als Teil seiner türkischen Identität an, Siege so zu feiern. Künftige auch. Und sagt: „Ich habe Leute im Stadion gesehen, die auch diese Geste gemacht haben.“ Was es nicht besser macht, eher noch schlimmer.

Und wenn der deutsche Staat hier nicht einschreiten kann oder will – der europäische Fußballverband als oberster Verantwortlicher muss es. Übrigens auch im Fall der österreichischen Fans, die „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ skandiert haben. Dieses Aufstacheln des Nationalismus kann er nicht dulden.

Der Fußballverband hat disziplinarische Möglichkeiten

Zumal dann nicht, nachdem die Türkei in der Europameisterschaft weitergekommen ist, möglicherweise sogar noch weiter kommt. Rote Karte für schlechte Beispiele!

Im Fußball wie überall muss diese Maxime gelten: immer Patriot, nie Nationalist. Und schon gar kein Rechtsextremist. So viel Politik muss sein.

Stephan-Andreas Casdorff, Tagesspiegel-Herausgeber

Kontingente für Fans zu deckeln, Spiele ohne Publikum anzusetzen, einzelne Spieler zu sperren – da kann noch was kommen. Ein albanischer Nationaler ist ja bereits für zwei Spiele gesperrt durch die Kontroll-, Ethik- und Disziplinarkammer der Uefa. Sie prüft schon.

Die ist nun wieder gefordert, herausgefordert. Denn alle Spieler aller Nationen sind verpflichtet, die allgemeinen Grundsätze zu achten. Sie lauten: Verhalte dich anständig, nutze eine Sportveranstaltung nicht für unsportliche Äußerungen, bringe den Fußballsport nicht in Verruf.

Alles das hat Demiral missachtet. Doch im Fußball wie überall muss diese Maxime gelten: immer Patriot, nie Nationalist. Und schon gar kein Rechtsextremist. So viel Politik muss sein.

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