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Michael Müller (SPD), Vorsitzender der Kommission zur Suche eines atomaren Endlagers.

© picture alliance / dpa

Michael Müller, Chef der Endlagerkommission: Der Mann, der Gorleben ausschließen will

Der Chef der Endlagerkommission sorgt für Verwirrung. Er meint, ein Lager in Gorleben sei nicht durchsetzbar. Dabei sieht der Auftrag der Kommission anders aus.

Auf den letzten Metern der Endlagerkommission will es Michael Müller noch einmal wissen. Der ehemalige Staatssekretär im Umweltministerium, der für die SPD 26 Jahre lang im Bundestag saß, sagt, er müsse „keine politischen Spielchen mehr spielen“. 2009 schied der 67-Jährige nicht ganz freiwillig aus dem Bundestag aus: Die Stimmen reichten nicht.

Seit 2014 leitet Michael Müller gemeinsam mit seiner Nachfolgerin als Umweltstaatssekretärin, Ursula Heinen-Esser (CDU), die Endlagerkommission. Ihr Mandat endet Ende Juni, zurzeit arbeitet das Gremium am Abschlussbericht. Die Arbeitsgrundlage war der politische Konsens in Bundestag und Bundesrat: Eine neue Suche nach einem Endlagerstandort sollte beginnen, aber der umstrittene Standort Gorleben nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Müller wollte nun in seinem Entwurf für das Geschichtskapitel des Abschlussberichts den Satz verabschiedet haben, dass Gorleben „politisch nicht durchsetzbar“ sei.

Damit zog er sich den Zorn all derer zu, die entweder Gorleben für einen geeigneten Endlagerstandort halten oder die sich an den politischen Kompromiss halten wollen, der zur Gründung der Kommission geführt hatte. Drei in der Kommission vertretene Umweltminister, der Grüne Franz Untersteller (Baden-Württemberg), die CSU-Politikerin Ulrike Scharf (Bayern) und der Sozialdemokrat Christian Pegel aus Schwerin baten gemeinsam darum, „diesen Konsens nicht einseitig aufzukündigen“. Müller musste in der jüngsten Sitzung der Kommission denn auch etwas zurückrudern. Nun solle es nur noch darum gehen, „aus Gorleben zu lernen“. Was auch immer das heißen mag. Jedenfalls wiederholte Müller seine bei einer öffentlichen Veranstaltung vorgebrachte Forderung, dass die Klärung der Gorleben-Frage der „zentrale Auftrag der Kommission“ sei, nicht mehr. Er habe aber „viele Fragen“, sagte er dem Tagesspiegel.

Er sich sich seit Jahren zu gering geschätzt

Michael Müller sieht sich seit Jahren zu gering geschätzt. Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag leistete er sich ein Scharmützel mit seinem SPD-Kreisverband in Düsseldorf über 2500 Euro, die er der Partei noch schuldete. Er wollte erst dann zahlen, wenn er „anständig verabschiedet“ worden wäre. Nach 26 Jahren im Bundestag sei das doch eine Frage des Stils. Müller hat nach eigener Aussage „in mehr Enquete-Kommissionen und Untersuchungsausschüssen gesessen als jeder andere“. Damit hat er vermutlich sogar Recht. Und tatsächlich waren die Enquete-Kommissionen oft ihrer Zeit voraus. Das beste Beispiel ist die Klimaenquete, der Müller auch angehört hatte, deren Abschlussbericht aus dem Jahr 1992 noch heute Elemente enthält, die sich modern und zeitgemäß lesen.

Auch in der SPD fühlt sich Müller nicht genügend anerkannt. In einem bitteren Brief aus dem April an seinen Parteivorsitzenden und früheren Chef im Umweltministerium Sigmar Gabriel  schrieb er  bitter: „Ich bin in diesem Jahr 50 Jahre in der SPD. Warum habe ich immer wieder den Eindruck, dass die Meinung, die ich - manchmal sicher auch unbequem - vertrete, auch dann nicht akzeptiert wird, wenn sie sogar durch die Entwicklung zur Meinung der Partei geworden ist?“

Müller war Stahlbetonbauer und machte nebenberuflich Abitur. Dann studierte er Ingenieurwesen, Betriebswirtschat und Sozialwissenschaften. Wenn er redet, dann immer in den großen Zusammenhängen. Ein Intellektueller, der Politiker sein wollte, dort aber als Intellektueller immer irgendwie unterging. Am Ende seiner politischen Karriere will es Michael Müller nun noch einmal wissen.

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