zum Hauptinhalt

Politik: „Der Protest der Europäer beeindruckt uns“

Marokkos Tourismusminister zum Irak-Konflikt

ADIL DOUIRI (39)

ist Tourismusminister in Marokko. Vor seinem Eintritt ins Kabinett von König Mohammed VI. arbeitete er in der Privatwirtschaft.

Foto: R/D

Herr Minister, auch in Ihrem Land gehen Menschen auf die Straße, um gegen einen IrakKrieg zu demonstrieren. Gleichzeitig hat sich Marokko nach dem 11. September 2001 in die internationale Allianz gegen den Terrorismus eingereiht. Ist diese Allianz nun zerbrochen?

Nein, im Kampf gegen den Terror arbeiten wir weiter sehr eng mit den USA zusammen. Das liegt in unserem eigenen Interesse, denn auch für uns sind islamistische Extremisten eine Gefahr. Die Angst vor Terror schadet zudem unserer Wirtschaft, namentlich dem Tourismus. Der Irak-Konflikt ist etwas völlig anderes. Ein Krieg ohne Mandat des UN-Sicherheitsrats ist aus unserer Sicht nicht legitim. Das wäre ein Rückfall in Zeiten, in denen einzelne Staaten die geostrategische Karte bestimmter Regionen willkürlich veränderten. Das lehnen wir ab.

Wie beurteilen Sie das Regime von Saddam Hussein?

Man darf sich da keine Illusionen machen. Die irakische Bevölkerung leidet unter seiner Regierung. Und wenn morgen eine Umfrage im Irak organisiert würde, wäre das Resultat wohl eindeutig. Dennoch: Am Völkerrecht führt kein Weg vorbei. Aus Sicht der Arabischen Welt kommt ein weiterer Aspekt hinzu: Wir können nicht akzeptieren, dass Israel milder beurteilt wird und ungestraft Resolutionen des UN-Sicherheitsrats brechen kann. Die Menschen bei uns haben den Eindruck, Israel darf alles, andere dürfen nichts.

Deutschland und Frankreich vertreten im Sicherheitsrat eine andere Position als Washington. Jacques Chirac wurde kürzlich in Algerien wie ein Held gefeiert. Bahnt sich da ein neues Verhältnis zwischen Europa und den arabischen Staaten an?

Das hängt meiner Meinung nach nicht so sehr von den Regierungen ab. Denn da gibt es in Europa sehr unterschiedliche Positionen. Spanien, das Land, mit dem Marokko die engsten, wenn auch nicht immer einfachsten Beziehungen unterhält, befürwortet ja einen Krieg. Dennoch kann man die Frage mit Ja beantworten, denn was in den arabischen Staaten vor allem wahrgenommen wird, ist, dass die europäische Bevölkerung einen Krieg ebenso vehement ablehnt wie die Menschen bei uns. Ob in Frankreich, Deutschland, Spanien, Italien oder Großbritannien, überall gibt es Proteste, sprechen sich 80 bis 90 Prozent der Bürger gegen einen Krieg aus. Das hat die Menschen in der Arabischen Welt sehr beeindruckt – und die Islamisten in vielen Ländern in Erklärungsnot gebracht. Plötzlich gibt es da nicht mehr den Westen, der der arabischen Welt feindlich gegenübersteht, so wie sie es immer dargestellt haben. Jetzt sehen wir offen demonstrierte Solidarität und Freundschaft.

Auf der anderen Seite meiden Europäer arabische Urlaubsziele aus Angst vor Terror. . .

Was Marokko angeht, so hatten wir Ende vergangenen Jahres schon wieder sehr gute Buchungszahlen. Die durch die Ereignisse des 11. September 2001 ausgelöste Krise schien überwunden. Nun wirft uns der Irak-Konflikt wieder zurück. Und jede Woche, die dieses Thema weiter Schlagzeilen macht, schadet uns.

Das Gespräch führte Ulrike Scheffer.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false