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„Desaströse Politik der Ampel“: CDU geht Regierung scharf an – Lang sieht „Grünen-Feindbild“
Die AfD steht in Thüringen vor dem Wahlsieg, in Sachsen liegt sie nur knapp hinter der CDU. Die bleibt bei möglichen Koalitionen hart, die Ampelparteien geben sich selbstkritisch. Reaktionen auf die Ost-Wahlen.
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Die Menschen in Thüringen und Sachsen haben gewählt: Hochrechnungen zufolge steht die AfD in Thüringen vor ihrem historisch besten Ergebnis. Abgeschlagen dahinter liegt die CDU, dann folgt das BSW. In Sachsen führt die aktuell regierende CDU zwar leicht. Doch auch hier deutet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der AfD an.
Auch trotz des starken Abschneidens der AfD, die vom Verfassungsschutz in beiden Ländern als gesichert rechtsextrem eingestuft wird, bleibt die CDU bei ihrer Ablehnung einer möglichen Koalition mit der Partei. „Da sind wir sehr, sehr klar“, sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann in der ARD. Das gelte auch für eine Zusammenarbeit mit der Linken. Die CDU werde nun aus der Mitte des Parlaments heraus Regierungen bilden, sagt er.
Im Ausgang der Landtagswahlen sieht der CDU-Politiker zudem eine Ohrfeige für die im Bund regierenden Ampel-Parteien. „Die Ampel muss sich fragen: Wie kann sie ihre desaströse Politik abstellen?“, sagte Linnemann im ZDF. Es müsse wieder Politik für die Menschen gemacht werden. Notwendig sei eine Zukunfts- und keine Übergangsregierung. „So kann es nicht weitergehen“, sagte er.
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Grünen-Chefin kritisiert demokratische Kultur
Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang kritisierte die CDU am Wahlabend dagegen für ihre Kommunikation, vor allem gegen ihre Partei. „Wenn immer wieder ein Gegeneinander aufgemacht wird und Vorurteile gestärkt werden, dann sägen Demokraten an dem Ast, auf dem sie selbst sitzen. Und dieser Ast ist die demokratische Kultur“, sagte Lang. Dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) und dem CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz warf Lang vor, im Wahlkampf das „Feindbild Grüne“ gepflegt zu haben.
Gleichzeitig gab sich die Grünen-Politikerin selbstkritisch. Die Grünen hätten als Regierungspartei stark an Vertrauen verloren. Dass nicht die demokratische Opposition, sondern Rechtsextreme und Populisten gewählt wurden, bezeichnete Lang als „Problem für unsere Demokratie“. „Dann merken wir, dass es eine immer größere Kluft zwischen den Parteien und den Bürgerinnen und Bürgern gibt“.
Grünen-Co-Chef Omid Nouripour führte das mäßige Abschneiden der Ampel-Parteien auf die Querelen im Bund zurück. „Dieser überflüssige Streit in dieser Koalition hat allen geschadet. Und das ist halt auch ein Stückchen die Rechnung, die wir jetzt sehen“, so Nouripour.
Von dem voraussichtlich starken Abschneiden der AfD zeigte sich Nouripour bestürzt. „Ehrlich gesagt ist mein Schmerz heute Abend randständig, verglichen mit der Tatsache, dass wir eine tiefe Zäsur haben und eine offen rechtsextreme Partei das erste Mal seit ‘49 stärkste Kraft geworden ist in einem Landtag“, sagte Nouripour in der ARD.
SPD will sich stärker emanzipieren
Auch die Kanzlerpartei gab sich am Wahlabend selbstkritisch. „Mein Anspruch ist, dass wir besser werden“, sagte SPD-Parteichef Lars Klingbeil am Sonntagabend in der ARD mit Blick auf das schwache Abschneiden seiner Partei. Allerdings habe die SPD besser abgeschnitten als noch vor einigen Wochen vorhergesagt, fügte Klingbeil hinzu. Anlass für personelle Konsequenzen bei der SPD sieht Klingbeil nach eigenen Worten nicht. Auch nicht bei Bundeskanzler Olaf Scholz.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert forderte von seiner Partei – einschließlich des Kanzlers – eine bessere Kommunikation. „Wir müssen viel mehr werben um unseren Politikansatz. Und auch zuhören bei denjenigen, die an manchen Stellen nicht mitgehen und auch manche Lehren daraus ziehen“, sagte Kühnert in der ARD.
Zudem kündigte Kühnert Änderungen bei der Regierungsarbeit im Bund an. „Es wird für meine Partei jetzt auch darum gehen, sich stärker zu emanzipieren und deutlicher zu machen, was man nur mit der SPD bekommt und wo wir uns auch nicht mehr auf der Nase herumtanzen lassen von anderen, die krachend aus den Landtagen jetzt rausgewählt worden sind“, sagte er mit Blick vor allem auf die FDP.
FDP will nicht aus Ampel-Koalition austreten
Die zeigte sich enttäuscht von dem schlechten Abschneiden bei den Landtagswahlen. „Die Ergebnisse in Sachsen und Thüringen schmerzen“, schrieb FDP-Parteivorsitzender und Finanzminister Christian Lindner bei X. Für die anderen Parteien des demokratischen Zentrums gebe es allerdings auch „viel zu bedenken“.
Eine Mitschuld für das schlechte Abschneiden seiner Partei in Thüringen und Sachsen gibt FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der Ampel-Koalition. „Natürlich spielt die ,Ampel’ eine große Rolle“, sagte er in der ARD. Diese sei „sehr belastend für die Wahlkämpfer vor Ort“ gewesen. Einem Austritt der Liberalen aus der Ampel-Koalition erteilte er aber eine Absage: Diese sei „die amtierende Bundesregierung, und sie muss die Probleme im Land lösen“.
Wagenknecht erhebt Anspruch auf Regierungsbeteiligung
Die frühere Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht beansprucht nach den herausragenden Ergebnissen für ihre Partei BSW eine Regierungsbeteiligung in Sachsen. „Wir hoffen sehr, dass wir am Ende mit der CDU eine gute Regierung zustande bekommen“, sagt Wagenknecht in der ARD. Für die erforderliche Mehrheit werde nach Stand der Hochrechnungen am Ende wahrscheinlich auch die SPD mit dabei sein.
Für eine Beteiligung ihrer Partei an einer Regierung in Thüringen hat Wagenknecht in Erfurt zudem bekräftigt, dass man in Sachen Ukraine eine neue Linie einschlagen müsse. Es müsse mehr Frieden und Diplomatie geben, sagte Wagenknecht im ZDF. „Beides ist uns sehr, sehr wichtig (...) Das werden unsere Bedingungen für eine Regierung sein.“ Sie hoffe, dass dies mit der CDU und den anderen Parteien, die es zur Regierungsbildung bedürfe, möglich sei.
AfD bezeichnet CDU-Dementi als „Ignoranz des Wählerwillens“
Von einem „historischen Erfolg“ sprach AfD-Parteivorsitzende Alice Weidel. Die AfD ist laut Hochrechnungen erstmals bei Landtagswahlen stärkste Kraft geworden. Ihre Partei gehe „gestärkt“ aus den Wahlen hervor, sagte sie am Sonntagabend in der ARD zu den Prognosen für Thüringen. Weidel sind die Ergebnisse „gleichzeitig eine Abstrafung der ,Ampel’“. Diese „sollte sich fragen, ob sie noch weiterregieren kann“, betonte die AfD-Chefin.
Zu möglichen Regierungskoalitionen in den Bundesländern sagte Weidel: „Wir werden natürlich sowohl in Sachsen als auch in Thüringen auf die CDU zugehen.“ Die Absage von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann an mögliche Koalitionen mit der AfD nannte die Parteivorsitzende „eine pure Ignoranz des Wählerwillens“. Der Wähler wolle, dass die AfD an der Regierung beteiligt werde – „bürgerliche Mehrheiten Mitte-Rechts“ seien gewünscht.
Bündnisse mit dem BSW kann sich Weidel „ebenfalls vorstellen“, wenn Parteichefin Sahra Wagenknecht „vernünftige Inhalte“ anbiete. Das BSW erteilte Bündnissen mit der AfD allerdings bereits eine Absage.
Rund fünf Millionen Menschen waren am Sonntag zur Wahl aufgerufen. Schon in den letzten Umfragen in Thüringen lag die AfD zuletzt deutlich vor der CDU, gefolgt vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und der Linkspartei unter Ministerpräsident Bodo Ramelow. In Sachsen sahen Demoskopen wiederum die CDU von Ministerpräsident Michael Kretschmer hauchdünn vor AfD und wiederum deutlich vor dem BSW. (mit dpa, AFP)
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