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Wasserspiele wie hier vorm Bundeskanzleramt helfen, Städte im Sommer zu kühlen.

© dpa/Michael Kappeler

Deutschland wird immer wärmer: Was die Politik gegen Hitze in den Städten unternehmen will

Die Grünen zeigen am heißesten Tag des Jahres auf, wie sehr sich unsere Städte ohne Grün aufheizen. Sie fordern mehr Anpassung an den Klimawandel. Das Bauministerium stellt dafür mehr Fördermittel bereit.

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Für den bisher wärmsten Tag des Jahres hat sich Julia Schneider eine Wärmebildkamera besorgt. Deren Display leuchtet jetzt in gelb-orange: 64 Grad ist der Sand auf dem Spielplatz im Köllnischen Park in Berlin-Mitte heiß. „Kleine Kinder überhitzen besonders schnell.“ Deswegen sei es so wichtig, dass Spielplätze im Schatten liegen, sagt die Berliner Bundestagsabgeordnete, die bei den Grünen für die Anpassung an den Klimawandel zuständig ist.

Rund 3000 Hitzetote gab es in Deutschland laut Robert Koch-Institut (RKI) im Jahr 2024. Die Grünen sehen beim Hitzeschutz in Städten und Gemeinden deshalb viele Defizite. Sie fordern unter anderem Hitzekarten, in denen Orte zum Abkühlen verzeichnet sind, oder mehr Trinkwasserspender an öffentlichen Plätzen.

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Julia Schneider vermisst mit Wärmebildkamera die Hitze in Berlin-Mitte.

© Jan Krüßmann

Schneider richtet die Wärmebildkamera auf den Boden neben einem großen Baum. Nur rund 30 Grad zeigt das Gerät hier an. „Bäume kühlen nicht nur durch ihren Schatten, sondern auch durch das Wasser, das sie mit ihren Wurzeln aus dem Boden ziehen“, sagt die Expertin für Klimaanpassung. Um der durch den Klimawandel zunehmenden Hitze zu trotzen, brauche es deshalb deutlich mehr von ihnen in den Städten.

Grüne fordern weniger Versiegelung

Deswegen möchten die Grünen verbindliche Regeln schaffen, die eine Bepflanzung von Dächern und Fassaden vorschreiben. Auch sollten in den Städten mehr Flächen entsiegelt werden und der Bund den Kommunen dafür Projektgelder bereitstellen. Auch Krankenhäuser und Pflegebedürftige sollen Fördergelder für mehr Hitzeschutz erhalten. So steht es in einem Positionspapier, das die Fraktionsspitze beschlossen hat.

Nur 21,3 Grad in der Baumkrone: Das Bild mit der Wärmebildkamera zeigt, wie sehr Stadtgrün für Abkühlung sorgen kann.

© Julia Schneider, Bündnis 90/Die Grünen

Es sind Regeln, die teilweise eigentlich bereits die Ampelkoalition beschließen wollte. Im vergangenen Herbst hatte Ex-Bauministerin Klara Geywitz (SPD) ein „Gesetz zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung“ vorgelegt.

Es sollte den Kommunen vorschreiben, bei der Stadtplanung den Schutz vor Hitze und Überschwemmungen stärker zu berücksichtigen. Das Ampel-Aus verhinderte, dass es von Bundestag und Bundesrat beschlossen wurde.

Zumindest einen Erfolg bei der Klimaanpassung kann Geywitz aber vorweisen. Im Sommer 2024 veröffentlichte das Bauministerium eine Handlungsstrategie für den Hitzeschutz.

Bauministerin erhöht Fördergelder

In ihr finden sich viele Ideen, die nun auch die Grünen vorbringen. Empfohlen wird unter anderem Fassaden zu begrünen, Straßen zu entsiegeln und dadurch mehr Grün zu schaffen. Die Städte sollen wie ein Schwamm funktionieren, damit Wasser in Tümpeln und Feuchtwiesen langsam versickern und es die Umgebung kühlen kann.

Dies sind zwar nur Vorschläge, über Vorschriften in Förderrichtlinien will das Bauministerium ihnen aber zur Wirksamkeit verhelfen. „Klimaschutz und Klimaanpassung sind bei unseren Förderprogrammen für die Stadtentwicklung Pflicht“, sagt Bauministerin Verena Hubertz (SPD) dem Tagesspiegel.

„Schon dieses Jahr stellen wir 790 Millionen Euro dafür bereit. Bis 2029 verdoppeln wir die Mittel für die Städtebauförderung schrittweise auf 1,58 Milliarden Euro, damit mehr Grün entstehen, versiegelte Flächen reduziert und Wasser in der Stadt besser gespeichert werden kann“, sagt Hubertz. Sie will zudem mit der anstehenden Reform des Bauplanungsrechts die klimaresiliente Anpassung der Städte vorantreiben.

Der Umweltschutzverband Nabu wirft ihr jedoch vor, mit dem sogenannten Bauturbo den Flächenfraß weiter voranzutreiben. Die Gesetzesreform soll kommende Woche erstmals im Bundestag diskutiert werden. Sie soll es den Gemeinden erlauben, ohne Bebauungsplan neue Stadtteile zu genehmigen, wodurch auch der Umweltschutz eingeschränkt würde.

Der Nabu befürchtet, dass dadurch auch viel Grün in der Stadt verschwinden könnte. „Das wird zu Lasten der Lebensqualität und Gesundheit gehen“, sagt Stefan Petzold, Nabu-Referent für Siedlungsentwicklung.

Durch das Gesetz würden „kleinste Grünflächen, die für das Mikro- und Makroklima elementar sind, noch öfter bebaut werden und so verschwinden“, meint Petzold. Nötig sei hier eine Trendwende, um die Hitzebelastung wirksam zu begrenzen.

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