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Gehts auch eine Nummer kleiner bei der Bundesversammlung?

© Kay Nietfeld dpa

Großveranstaltung in der Omikron-Welle: Die Bundesversammlung sollte verkleinert werden

Mitten in der Omikron-Welle sollen mehr als 1400 Delegierte den Bundespräsidenten wählen. Das ist unnötig und schadet der Pandemie-Politik. Ein Kommentar.

Wer in der geheimen Wahl gewählt wird, ist seit dieser Woche kein Geheimnis mehr. Der alte Bundespräsident wird auch der neue sein. Mit der Unterstützung von SPD, FDP, Grünen und der Union ist für Frank-Walter Steinmeier eigentlich alles klar. 1222 der 1472 Wahlleute unterstützen seine Kandidatur für die zweite Amtszeit. Und trotzdem bestehen die Ampel-Parteien darauf, dass jeder Delegierte mitten in der fünften Corona-Welle seine Stimme abgeben kann.

Es wird eine Großveranstaltung, wenn am 13. Februar Frank-Walter Steinmeier für seine zweite Amtszeit gewählt wird. 1472 Wahlleute - die größte Bundesversammlung aller Zeiten. Die 736 Abgeordneten aus dem aufgeblähten Bundestag und 736 Delegierte, die aus allen Bundesländern entsandt und quer durch Deutschland nach Berlin anreisen werden. Auch Spitzensportlerinnen, Virologen, Musikerinnen und Schauspieler werden komme, dazu Sicherheitspersonal, Mitarbeiter des Bundestags, Techniker und Journalisten anwesend sein. Alles in allem wahrscheinlich rund 2000 Personen.

Mitten in der fünften Welle ist eine solche Großveranstaltung aber schlicht unangebracht. Natürlich muss die Bundesversammlung stattfinden, das sieht schon das Grundgesetz in Artikel 54 vor. Eine Verschiebung in den Sommer ist daher gar nicht möglich. Aber es würde auch eine Nummer kleiner gehen.

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Die Parteien sollten die Bundesversammlung gezielt verkleinern. Dafür braucht es keine kurzfristige Gesetzesänderung, eine Absprache reicht. SPD, Union, FDP und Grüne könnten vereinbaren, dass viele ihrer Delegierte einfach nicht zur Bundesversammlung kommen. Damit könnte man sicherstellen, dass Steinmeier gewählt und das Infektionsrisiko minimiert wird.

Lauterbach will Kontaktbeschränkungen - und geht zur Bundesversammlung

Denn die aktuellen Pläne beschädigen die Glaubwürdigkeit in die eigenen Pandemie-Politik. Selbst Geimpfte dürfen momentan nur zehn Personen in Innenräumen treffen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will über weitere Kontaktbeschränkungen sprechen. Gleichzeitig ist auch er Teil der Bundesversammlung. Das passt nicht.

Die Organisatoren - verantwortlich ist die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) - geben sich alle Mühe, mit der Situation umzugehen. Um Abstände zu garantieren, wird man ins Paul-Löbe-Haus ausweichen, es gibt ein Wegeleitsystem für den Wahlgang und verpflichtende Corona-Tests. Trotzdem werden Grüppchenbildungen nicht ausbleiben, zudem dürfen auch Ungeimpfte teilnehmen.

Noch schwerer wiegt ein weiterer Punkt: Das Amt des Bundespräsidenten ist ein repräsentatives. In der Pandemie hat Steinmeier die Deutschen häufig zu Vernunft und Verantwortung aufgerufen. Seine Wiederwahl durch tausende Wahlleute mitten in der fünften Corona-Welle ist das Gegenteil von Vernunft. Eine Reduzierung der Bundesversammlung wäre ein Symbol an die Gesellschaft, die sich seit fast zwei Jahren selbst fast jeden Tag reduziert.

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