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Insekten und Killer? US-Präsident Biden (l.) und sein russischer Amtskollege Putin.

© Jim WATSON, Grigory DUKOR / AFP

Trübe Bilanz zum „Tag der Freundschaft“: Die rasante Ausdehnung der Feindseligkeiten – im All und auf der Erde

Auf der ISS waren globale Konflikte bisher kein Thema. Nun soll die Kooperation enden. Und auf Erden herrscht ohnehin Gegnerschaft vor. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Caroline Fetscher

Alles war möglich im All. Sogar Gesten des Guten zwischen Feinden im Kalten Krieg. So war es etwa im Juli 1975. Da dockten die Raumschiffe Apollo und Sojus aneinander an, der sowjetische Kosmonaut und der amerikanische Astronaut reichten einander die Hände. 200 Kilometer über dem Erdball wirkte der Kalte Krieg wie aufgehoben.

Eines der Wörter, die sich aus dem Russischen auf den Weg in die weite Welt gemacht haben, ist „druschba“, Freundschaft. Oben im All wurde sie signalisiert, und darin lag eine Verheißung. Freundschaft sollte erst recht möglich werden, als der Eiserne Vorhang gefallen war. Auf der International Space Station (ISS) arbeiteten Russen und Amerikaner weiter normal zusammen.

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Und auch neulich noch, schon nach dem Krem-Befehl zum Überfall auf die Ukraine, hatte die freundliche Atmosphäre über der Stratosphäre Bestand. Vergangene Woche allerdings tat die Weltraumbehörde Roskosmos kund, Russland werde „nach 2024“ aus der ISS aussteigen. Folgt jetzt Gegnerschaft im All? Noch erklärt die Nasa dazu, man habe nichts Offizielles dazu gehört. Noch wird also auf Signale in der Weltraum-Freundschaft weiter gehofft.

Diplomatische Sprache erfährt immer weniger Achtung

Auf der Erde scheint es derzeit nicht weit her damit. Statt Freundschaft macht sich Gegnerschaft breit. Selten dürfte der „Internationale Tag der Freundschaft“ unzeitgemäßer geklungen haben, der am Sonnabend zum elften Mal begangen wird, seit die Vereinten Nationen ihn ausgerufen haben. Freundschaft, Freundlichkeit, Miteinander gehört zur universellen Basis der Zivilisation, auch gerade zwischen Staaten, „inter nationes“. Doch diplomatische Sprache, dafür da, Brücken hin zur Freundschaft zu bauen, erfährt immer weniger Achtung.

Russlands Präsident Wladimir Putin prahlte, man werde Feinde „ausspucken wie Insekten“. Staatschefs anderer Regime, wie China, Brasilien oder Myanmar, nehmen ebenfalls seltener ein Blatt vor den Mund, wenn sie Gegner markieren. Und auch auf der anderen Seite wird man verbal ausfällig: US-Präsident Joe Biden etwa nannte Putin einen „Killer“.

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Desillusioniert muss man erkennen, dass es harter Reaktionen und Worte bedarf, um dem Entgleisen ins Unzivilisierte zu begegnen. Wer zivilisiert bleiben will, muss die Gefahr eskalierender Eigendynamik im Auge behalten, die Balance halten zwischen Rationalität und Empathie. Woher aber der Zuwachs an Wut?

Viel wird zu Recht den Zumutungen all der Transformationen der Gegenwart zugeschrieben: Globalisierung der Märkte, anonyme Rivalitäten, Digitalisierung, Verlust des sozialen Gewebes. Parallel wächst gleichwohl das Bewusstsein für Unrecht, historisches und aktuelles.

Gespaltene Gesellschaften und spaltende Politik

An sich ist das eine positive Entwicklung, doch wie komplex Prozesse sind, die Unrecht und Ungleichheit produzieren, das wird mangelhaft mitvermittelt. Viele sehen sich diskriminiert. Freundschaft? Nur mit den Meinen! Gegner? Stets die anderen. Auf so einer Basis haben es auch Staatenlenker leicht, die mit feindseliger Politik letztlich nur Schaden für ihre Bevölkerungen heraufbeschwören.

Gestärkt werden sollten die universellen Vorstellungen von Freundschaft und Versöhnung. Dazu zählt Martin Luther Kings „I have a dream“, und Nelson Mandelas ausgestreckte Hand, die den Anfang dazu machte, jenseits von Hass ein System enormen Unrechts abzuschaffen. Solche Gesten lehren Freundschaft, die ihrem Namen gerecht wird.

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