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Politik: Die Zwischengeneration

Wulff und Koch gelten als moderne Pragmatiker. Parteienforscher sehen sie aber vor allem als Vertreter der alten Bundesrepublik

Sehr pragmatisch und ohne große ideologische Vorbehalte – ist das der neue, erfolgreiche Politikertyp, für den zum Beispiel Roland Koch und Christian Wulff in der Union stehen? So richtig überzeugend finden Politikwissenschaftler und Parteienforscher wie Franz Walter diese These nicht. Pragmatisch seien CDU-Altvordere wie Konrad Adenauer und Helmut Kohl ja auch immer gewesen. Und als ideologiefrei könne man Hessens wiedergewählten Ministerpräsidenten ebenfalls kaum bezeichnen, meint der Göttinger Professor. „Wenn es gegen Rot-Grün geht, dann ist das bei Koch ohne Wenn und Aber. Und diese Vorbehalte gehen bis in die Studienzeit zurück.“ Insofern hätten Politiker wie Koch und Wulff ihre Wurzeln immer noch in der alten Bundesrepublik und den Auseinandersetzungen, die diese bis zur deutschen Einheit prägten.

Dennoch hat sich diese Generation – Wulff ist Jahrgang 59, Koch Jahrgang 58 – nach Walters Einschätzung zumindest in einem Punkt vom „Typus Kohl“ entfernt: „Sie haben kein prägendes kirchliches Umfeld mehr. Ethische Richtpunkte spielen für sie als Impulsgeber keine so große Rolle.“ Was sie allerdings wieder mit den alten Parteigrößen verbindet, ist die so genannte Ochsentour. Wulff wie Koch haben sich jahrelang in der CDU über Gremien und Posten hochgearbeitet. „Das durchgehalten zu haben, hat sich in Form von zuverlässigen Seilschaften und einer Art Hausmacht ausgezahlt“, sagt Walter. Und auf die gestützt, lasse sich gut Politik machen, nach innen und nach außen.

Wenn es um die Probleme der jeweiligen Bundesländer geht, kann sich diese Art von Kontinuität auch in Wählerstimmen positiv bemerkbar machen. Parteienforscher Richard Stöss von der Freien Universität Berlin führt zum Beispiel Wulffs Sieg über Sigmar Gabriel in Niedersachsen auch darauf zurück, dass er beim Wähler den Eindruck der Verlässlichkeit hinterlassen hat. „Wulff hatte seine festen Themen, blieb bei einer Linie. Gabriel dagegen sprang von Thema zu Thema. Das kommt bei den Menschen nicht gut an.“

Und wo sind die „neuen“, die pragmatischen Politiker, die wenig mit alten Ideologien am Hut haben? Walter glaubt, dass deren Zeit noch kommt. Hildegard Müller von der CDU (Jahrgang 67) und der Chef der Jungen Liberalen, Daniel Bahr (Jahrgang 76), seien Vertreter dieser neuen Generation. Sie hätten eben eine vollkommen andere politische Sozialisation hinter sich als die Kochs, Wulffs und Gabriels. Die Grabenkämpfe von einst zählten für die Neuen nicht mehr.

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