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Diskussion unter Polizeischutz an der FU Berlin: „Zu sagen, dass Antisemitismus keinen Platz in Deutschland hat, ist eine leere Floskel“
Der Publizist Michel Friedman und Antisemitismus-Beauftragter Felix Klein diskutieren an der FU Berlin über den Umgang mit Antisemitismus. Die Diskussion um den 7. Oktober sei dabei nicht immer hilfreich.
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Über Antisemitismus diskutieren – das geht anscheinend nur noch mit Polizeischutz. Bevor Michel Friedman und Felix Klein den Hörsaal der Freien Universität (FU) Berlin betreten, haben mehrere Einsatzwagen das Gebäude umkreist und Sicherheitskräfte die Taschen der Besucher durchsucht.
Die FU hat den jüdischen Publizisten und ehemaligen CDU-Politiker Friedman und den Antisemitismusbeauftragten Klein zur Podiumsdiskussion geladen – nicht einmal zwei Wochen nach der versuchten Besatzung der Universität durch Hamas-Sympathisanten.
Am 17. Oktober hatten mindestens 40 Vermummte das Präsidiumsgebäude der FU gestürmt. Mitarbeitende berichteten, sie seien unter Androhungen von Gewalt aufgefordert worden, ihre Büros zu verlassen. Die Eindringlinge verwüsteten Räume und besprühten Wände mit Parolen und dem roten Dreieck, das als Symbol der Terrororganisation Hamas gilt.
Die Diskussion über den 7. Oktober hält uns davon ab, über den 6. Oktober zu sprechen
Michel Friedman
Dass Antisemitismus nicht nur an Hochschulen, sondern in der gesamten Gesellschaft ein Problem ist, darüber sind sich Friedman und Klein einig.
„Die Diskussion über den 7. Oktober hält uns davon ab, über den 6. Oktober zu sprechen“, sagt Friedmann – also davon, dass schon vorher genug Judenhass dagewesen sei. „Ich verweigere jede Fehlinterpretation, dass das Problem 2015 entstanden ist durch die Menschen, die hierher fliehen mussten.“
„Zu sagen, dass Antisemitismus keinen Platz in Deutschland hat, ist eine leere Floskel“, findet Klein. „Und das stimmt auch nicht, solange zum Beispiel Menschen in politischen Spitzenämtern antisemitische Posts verbreiten“. Damit dürfte Klein wohl die Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoğuz (SPD) gemeint haben, die bei Instagram einen Beitrag der israelkritischen Organisation „Jewish Voice for Peace“ geteilt hatte und daraufhin scharf kritisiert worden war.
Lob hingegen äußerte Klein gegenüber der ehemaligen Justizministerin Christine Lambrecht, die ebenfalls anwesend war. Lambrecht habe sich dafür eingesetzt, dass gegen antisemitische Straftaten härter vorgegangen werde.
Der Kampf gegen Antisemitismus könne aber nicht nur juristisch stattfinden. „Wir müssen systemischer reagieren. Schulen, Hochschulen und Betriebe müssen wissen, was zu tun ist, wenn antisemitische Vorfälle auftreten“, so Klein.
Auch brauche es mehr Bildung über gesellschaftliche Vielfalt und besseren Geschichtsunterricht, zum Beispiel über die Staatenbildung Israels.
Friedman hingegen ist sich sicher: „Man braucht nicht viel Wissen über eine Minderheit, um sie als Menschen zu respektieren.“ Das Gleiche gilt für ihn, wenn es darum geht, das Massaker der Hamas zu verurteilen. „Das hat mit dem Nahostkonflikt nichts zu tun, sondern mit Menschlichkeit.“
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