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Alexander Dobrindt (CSU), Bundesinnenminister.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Dobrindts Asylstopp: Der Kampf gegen die „Herrschaft des Unrechts“ hat Grenzen

Die Union hat eine Migrationswende versprochen. Ob sie kommt, darüber entscheiden – neben Gerichten und Nachbarstaaten – vermutlich auch die Migranten selbst.

Jost Müller-Neuhof
Eine Kolumne von Jost Müller-Neuhof

Stand:

Die deutschen Landesgrenzen sind besser zu kontrollieren, so hat es Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) in Erfüllung eines Wahlversprechens der Union angeordnet. Mehr Bundespolizisten sollen Dokumente checken. Vor allem aber soll nicht mehr jeder, der „Asyl“ sagt, in die Bundesrepublik gelassen werden – und im Zweifel bleiben, obwohl sich kein Asylgrund findet.

Letzteres hatte einer von Dobrindts Vorgängern als „Herrschaft des Unrechts“ markiert. Der CSU-Politiker Horst Seehofer war vor zehn Jahren gegen die Flüchtlingspolitik der eigenen Regierung Sturm gelaufen.

Dobrindt riskiert das, denn wichtiger als der Erfolg seiner Maßnahmen ist ihre symbolische Kraft. Deutschland sagt Stopp.

Jost Müller-Neuhof, Rechtspolitischer Korrespondent

Seehofer bezog sich auf das Asylgesetz, demzufolge Asylbewerbern die Einreise zu versagen ist, wenn sie dabei einen „sicheren Drittstaat“ passieren. Also auch Deutschlands EU-Nachbarstaaten.

Das steht zwar so im Gesetz, wird aber vom EU-Recht überformt. Demnach hat die Bundesrepublik zu prüfen, welcher EU-Mitgliedstaat bei solchen Einreisenden für das Asylverfahren zuständig ist. Damit ist, wer „Asyl“ sagt, erstmal im Land.

Das war keine Merkel-Politik, sondern die Rechtslage, als vor zehn Jahren der Andrang stieg. Nun soll die Rechtslage eine andere sein. Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), der es den Mitgliedsstaaten erlaubt, das Europarecht außer Acht zu lassen, wenn die „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung“ und der „Schutz der inneren Sicherheit“ in Gefahr sind.

Ist das so? Hier bleibt Dobrindt vage, zuletzt am Mittwoch im Bundestag. Deutschland sei „an vielen Stellen am Limit“.

Welches Limit das ist, gemessen oder gefühlt, ist offen. Es wird aber dargelegt werden müssen, wenn die ersten Klagen von zurückgewiesenen Asylbewerbern kommen.

Die Verfahren könnten dann beim Europäischen Gerichtshof landen, der Artikel 72 AEUV als große Ausnahme sieht. Irgendein Limit reicht da nicht. Dobrindt riskiert das, denn wichtiger als der Erfolg seiner Maßnahmen ist ihre symbolische Kraft. Deutschland sagt Stopp.

Politisch klappt das vielleicht, juristisch wird es schwieriger. Nicht zuletzt entscheiden die Einreisenden selbst, ob sie andere Wege ins Land nehmen als die über Kontrollstellen der Bundespolizei. Die Migrationswende, sie ist mehr eine Glückssache als ein Rechtsfall.

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