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Wulff-Nachfolge: Draußen vor der Tür: die Linke

Die Linke bleibt bei der Kandidatensuche außen vor – die machen Union, FDP, SPD und Grüne unter sich aus. Die Partei ist schwer beleidigt und sieht das Amt des Präsidenten durch dieses Vorgehen weiter beschädigt.

Von Matthias Meisner

Selbstverständlich glaubte Gregor Gysi keinen Moment lang an das, was er sagte. Dass nämlich Angela Merkel die Linkspartei „wahrscheinlich versehentlich vergessen“ habe, als sie SPD und Grüne zu Gesprächen über die Wulff-Nachfolge einlud – da kennt der Linken-Fraktionschef die Kanzlerin besser. Richtig ist: Die Linke wurde links liegen gelassen – und damit eine Partei, die bei der Bundestagswahl 2009 auf knapp zwölf Prozent der Stimmen kam, in 13 von 16 Landesparlamenten vertreten ist und in der Bundesversammlung, die den Präsidenten wählen muss, jeden zehnten Wahlmann stellt. Sie zeigt sich nun schwer beleidigt.

Und die politische Landschaft teilt sich. Quasi heilig erscheinen wollten die Linken selbst, die den Auswahlprozess nun, wie Gysi es formuliert, als „extrem undemokratisch“ anprangern. Und die, wie es der Parteivorsitzende Klaus Ernst dem Tagesspiegel sagt, der Kanzlerin unterstellen, „alte Fehler“ zu wiederholen. Die Linken hätten eine Allparteienlösung gewollt. Denn Deutschland brauche einen Präsidenten, „der genauso wenig von Wirtschafts- und Bankeninteressen abhängt wie von der Regierung.“ Der am Sonntagabend nun von den anderen Parteien präsentierte Joachim Gauck ist nicht der Wunschkandidat der Linken. Ihre Begeisterung für Gauck ist seit 2010 auf den Nullpunkt gesunken.

In die Rolle der Scheinheiligen waren SPD und Grüne geschlüpft. 2010 hatten sie versucht, der Linken ihren Kandidaten Gauck aufzudrängen. Genüsslich nahmen beide Parteien damals in Kauf, dass die Außenseiterrolle der Linken gefestigt wurde. Rot-rot-grüne Gedankenspiele von Hinterbänklern erschienen fortan als völlig abwegig. Jetzt beklagten SPD-Chef Sigmar Gabriel und der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir, sie sähen keinen Grund, warum nicht alle Parteien von der Kanzlerin eingeladen würden. Ungläubig wiederum zeigte sich das schwarz-gelbe Lager – was die Frage angeht, Deutschland könne einen Präsidenten bekommen, der von CSU bis Linkspartei akzeptiert wird. Dafür sind dann doch zu viele parteipolitische Interessen im Spiel. „SPD und Grüne sind von einer eigenen Mehrheit weit entfernt“, sagte Gysi – und ärgerte sich, dass sich die beiden Parteien „im Wesentlichen“ nur untereinander abstimmten.

Gysi orakelte, das Amt des Präsidenten werde immer weiter beschädigt, nach den vielen Absagen werde der letztlich Auserwählte „nur ein Kandidat zweiter Wahl“ sein. Er schimpft über „Parteitaktik“ und „Spielereien“ der anderen. Gewinn lässt sich für die Linken daraus nur schwerlich ziehen. Bei früheren Wahlen haben sie mit Uta Ranke-Heinemann, Peter Sodann und Luc Jochimsen eigene Bewerber gehabt. Es waren Zählkandidaten, punkten konnte die Linke mit ihnen nicht. Gegen Joachim Gauck als CDU/CSU/FDP/SPD/Grünen-Kandidaten wäre ein eigener Linken-Bewerber ganz und gar chancenlos.

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