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Ein Mann ist auf einem E-Scooter in Hamburg unterwegs.

© dpa/Christian Charisius

Exklusiv

„Ein Bärendienst für die Verkehrssicherheit“: Scharfe Kritik an geplanten E-Scooter-Regelungen

Kein Mindestabstand mehr beim Überholen, freies Abstellen wie bei Fahrrädern. Die neuen Regeln des Verkehrsministeriums für E-Scooter werden von Opposition, Polizei und Städten bemängelt.

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Seit mehr als fünf Jahren sind sie in Deutschland erlaubt: E-Scooter. Bislang gab es für die Nutzung eine Menge Sonderregeln, das soll sich jetzt ändern. Nach einem Entwurf des Bundesverkehrsministeriums sollen ab 2025 schrittweise neue Richtlinien gelten.

In vielen Bereichen sollen die Vorschriften für E-Scooter rechtlich an die bereits geltenden Regelungen für den Fahrradverkehr angeglichen werden. So soll es für E-Scooter zum Beispiel möglich sein, wie Radfahrer bei einer roten Ampel den Grünpfeil nutzen zu dürfen. Der bisher geltende Mindestabstand von 1,5 Metern beim Überholen von Fußgängern entfällt, auch ein Abstellen der Fahrzeuge soll, wie das von Fahrrädern, überall möglich sein. Neu zugelassene Fahrzeuge sollen ab 2027 verpflichtend mit einem Blinker ausgestattet werden.

Es verdeutlicht, wie egal Minister Wissing das berechtigte Sicherheitsbedürfnis von Fußgängern ist.

Christoph Ploß, CDU-Verkehrspolitiker

Kritik gibt es aus der Opposition, vor allem an der neuen Überholregel: Dass Verkehrsminister Wissing (FDP) keine höheren Bußgelder bei Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung vorsehe, „verdeutlicht, wie egal ihm das berechtigte Sicherheitsbedürfnis von Fußgängern ist“ sagte CDU-Verkehrspolitiker Christoph Ploß dem Tagesspiegel. Angesichts einer zunehmenden Zahl von E-Scooter-Unfällen gehe das in eine völlig falsche Richtung. Der Fachverband Fuss e.V. sprach von einer „groben Attacke“ auf die Menschen zu Fuß.

Auch von Seiten der Polizei gibt es deutliche Vorbehalte. Das Streichen des Überholmindestabstandes für E-Scooter gefährde die Sicherheit vornehmlich von Fußgängern massiv, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Michael Mertens, dem Tagesspiegel. E-Scooter die gleichen Wege wie Fußgänger und Radfahrer befahren zu lassen, gehe an der täglichen Verkehrsrealität vorbei. Mertens bezeichnete das Vorhaben als „einen Bärendienst für die Verkehrssicherheit“ und plädierte zusätzlich für eine allgemeine Helmpflicht auf E-Scootern.

Der Entwurf enthält Regelungen, durch die die Verkehrssicherheit in den Städten für alle Teilnehmenden am Verkehr regelrecht gefährdet wird.

Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages

Der Deutsche Städtetag sieht den Entwurf ausgesprochen kritisch. „Der Entwurf enthält Regelungen, durch die die Verkehrssicherheit in den Städten für alle Teilnehmenden am Verkehr regelrecht gefährdet wird“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy dem Tagesspiegel. Zudem greife die Überarbeitung der Regelungen deutlich in die Planungshoheit der Kommunen ein. Es gebe gute Gründe, warum einige Städte Regeln getroffen haben, wonach E-Scooter nur in klar definierten Bereichen geparkt werden dürfen. „Das alles über den Haufen zu werfen, wäre fatal“, so Dedy.

Ähnlich äußerte sich André Berghegger, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Das Angleichen der Regelungen bezüglich Fahrräder und E-Scooter sei zwar im Sinne einfacher und klarer Regeln nachvollziehbar, für ein deutlich spürbares Mehr an Verkehrssicherheit im Interesse lebenswerter Städte sei aber ein besseres Miteinander aller Verkehrsteilnehmer notwendig. „Hierfür müssen die Kommunen mehr Entscheidungsmöglichkeiten erhalten“, so Berghegger.

Der TÜV-Verband dagegen begrüßt die Änderungen. Es sei notwendig, die Sicherheit und Akzeptanz der E-Scooter zu verbessern, vor allem vor dem Hintergrund deren steigender Beliebtheit.

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