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Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras im Parlament in Athen.

© dpa

Griechenland-Krise: Ein Vorschuss für Athen

Mit der Einigung der Euro-Finanzminister erhält die Regierung von Alexis Tsipras einen Vertrauensvorschuss. Sie kann nun zeigen, dass sie bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Korruption effizienter ist als die Troika. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Tage. Monate. Jahre. Man kann das Takt-Metronom für Griechenland einstellen, wie man will, und doch ist die Melodie immer dieselbe: Die Zeit drängt, das Land steht kurz vor der Pleite, die Retter müssen einspringen. Am Freitagabend hat Griechenland beim Treffen der Euro-Finanzminister wieder einmal Kredit bekommen. Oder besser gesagt: Die Regierung von Alexis Tsipras erhielt einen Vertrauensvorschuss, frische Kredite der Geldgeber sollen erst im Gegenzug für Reformen fließen – wenn alles nach Plan läuft. Ob der griechische Patient wirtschaftlich überhaupt wieder gesunden kann, ob ein politischer Neuanfang in Hellas gelingt, ob die Gläubiger jemals ihr Geld wiedersehen: All dies ist auch nach der Einigung von Brüssel weiter offen.

Bittere Pille für Syriza: Das Programm der Geldgeber wird fortgesetzt

Ob die Einigung tatsächlich das hält, was sie verspricht, werden die nächsten Tage zeigen. Das griechische Linksbündnis Syriza musste beim vorerst letzten Treffen des Athener Finanzministers Yanis Varoufakis mit seinen 18 Amtskollegen einige Kröten schlucken. Das Programm der Geldgeber wird fortgesetzt, Geld gibt es nur gegen Auflagen. Und die Entscheidung darüber, ob die von Tsipras und Varoufakis vorgelegten Reformpläne annehmbar sind, trifft neben den Euro-Finanzministern die Troika, auch wenn die inzwischen nicht mehr so heißt.

Auf deutsche Verhältnisse übertragen, muss das auf die Syriza-Wähler ungefähr so wirken, als ob Gregor Gysi nach einem Wahlsieg erst einmal für die Fortsetzung von Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien stimmen würde. Deshalb ist noch nicht ausgemacht, dass Athen kommende Woche die Bedingungen für die Kredithilfen über den Februar hinaus tatsächlich erfüllen wird.

Falls es gelingt, die unmittelbare Gefahr einer Staatspleite wieder einmal abzuwenden, wird es in den nächsten Monaten darum gehen, eine Basis für eine wirkungsvolle Zusammenarbeit zwischen Tsipras’ Links-Rechts-Regierung und den Euro-Partnern zu finden. Nach dem Treffen der Finanzminister erklärte der deutsche Kassenwart Wolfgang Schäuble, nun müsse „neues Vertrauen“ aufgebaut werden.

Ein schulmeisterlicher Ton - zumal aus Deutschland - wird nicht weiterhelfen

Schäuble mag dies als Aufforderung an die neuen Verhandlungspartner in Athen verstehen, künftig Spielchen, wie man sie von Tarifverhandlungen in Deutschland übrigens durchaus auch kennt, zu unterlassen. Aber umgekehrt sollten Minister Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel, die den Griechen vor dem Verhandlungs-Durchbruch ebenfalls einen verbalen Schuss vor den Bug verpasste, bedenken: Die Geldgeber, die mit ihren wirtschaftlichen Prognosen für Griechenland gewaltig danebenlagen, haben auch einiges wiedergutzumachen. Ein schulmeisterlicher Ton, zumal aus Deutschland, wird da nicht weiterhelfen.

Schon wahr: Die Dauer-Verhandlungen der vergangenen Tage wurden gerade nicht zum Duell zwischen Schäuble und Varoufakis, am Ende wurde ein Showdown zwischen den Griechen und allen übrigen 18 Euro-Ländern daraus. Es ist gut, dass sie, trotz des „Grexit“-Damoklesschwertes, geschlossen der neuen Regierung in Athen die Grenzen aufgezeigt haben. Innerhalb dieser Grenzen haben Tsipras und Co. etwas Spielraum gewonnen. Sie können jetzt zeigen, dass Griechenland von ihren eigenen Reformvorschlägen, etwa zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung und der Korruption, mehr profitiert als von denen der Troika. Doch die Zeit läuft.

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