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Drittes Entlastungspaket ist in der Mache: Energiepauschale auch für Rentner und Studierende
Die Ampel-Koalition will weiter entlasten – und zwar zügig. Wie hoch könnte eine zweite Energiepreispauschale sein? Und lässt sie sich finanzieren?
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Die Ampel-Koalition will zügig ein drittes Entlastungspaket auf den Weg bringen. Rentnerinnen und Rentner sollen in ihm nun auch berücksichtigt werden. Das hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigt. Am Dienstag trifft sich das Kabinett zu einer zweitägigen Klausurtagung im Schloss Meseberg. Wenn Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Mittwoch vor die Presse treten, könnten also zumindest Eckpunkte des Pakets bekanntgegeben werden.
Am Tag darauf laufen die zwei bekanntesten Maßnahmen aus den ersten beiden Paketen aus – der Tankrabatt und das Neun-Euro-Ticket. Noch gibt es keine Abrechnung, aber geschätzt betrug deren Entlastungswirkung mehr als sechs Milliarden Euro. Die Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro, die den meisten Arbeitnehmern wohl mit der Gehaltsabrechnung im September zukommt, hat nochmals einen Entlastungseffekt von etwa neun Milliarden Euro.
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Angesichts massiv steigender Energiepreise und der Erwartung, dass die Inflation ihren Höhepunkt noch nicht erreicht hat, geht es aber nur noch darum, ein drittes Paket zum 1. Oktober zu beschließen. Schon aus rein praktischen Gründen bieten sich weitere pauschale Direktzahlungen an. Sie lassen sich am schnellsten umsetzen. Mit einer zweiten Energiepreispauschale ist also zu rechnen (neuerdings sprechen Politiker auch von Energiegeld).
Lindner verweist auf hohe Rentenerhöhung
Laut Scholz soll sie breiter streuen, also mindestens auch für Rentner ohne Zusatzverdienst in einem festen Arbeitsverhältnis und Studierende ohne Nebeneinkommen gelten. Selbständige kommen meist erst via Steuerklärung im kommenden Jahr an die Entlastung. Lindner hatte zuletzt zwar noch auf die hohe Rentenerhöhung um 5,4 Prozent im Westen und 6,1 Prozent im Osten verwiesen. Aber diese gleicht die Inflation nicht aus.
Eine Pauschalzahlung hat den Vorteil, dass sie bei Versteuerung eine Wirkung hat, die als gerecht empfunden wird. Geringverdiener bekommen die komplette Summe heraus, wenn sie unterhalb der Besteuerungsgrenze liegen. In der breiten Mitte wächst der Steuersatz mit dem Einkommen, nach oben hin kommt netto mithin immer weniger heraus - wobei auch Gutverdiener im Spitzensteuersatz noch 174 Euro erhalten.
Erklärter Wille zumindest der SPD und der Grünen sind jedoch gezielte Zahlungen, die weiter unten eine größere Wirkung haben. „Wir müssen denen helfen, die sich nicht selbst helfen können und die über keine Rücklagen verfügen“, sagte SPD-Chefin Saskia Esken am Freitag im ZDF. Die drohende Nachzahlung für die Heizkosten wegen der hohen Gaspreise stelle für einige Menschen auch eine Existenzbedrohung dar – das Paket sollte genau diese Gruppe entlasten. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge hatte zuletzt gesagt, das jene mit kleinen Renten im Mittelpunkt stehen müssten.
Ein Extra für Pendler?
Aber auch an die Pendler wird in der Koalition gedacht, auch wenn die Entfernungspauschale schon rückwirkend zum 1. Januar erhöht worden ist. Angesichts des endenden Tankrabatts (ein FDP-Vorschlag) brachte ausgerechnet SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert die Autofahrer als Entlastungsempfänger wieder ins Gespräch. Bald seien wieder Literpreise bei Benzin von mehr als zwei Euro zu erwarten, was für „viele Menschen, die zwingend auf ihr Auto angewiesen sind, schlicht zu viel“ sei, wie Kühnert der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte. Ob doch eine Verlängerung von Tankrabatt und Neun-Euro-Ticket zum Paket gehört? Bisher klangen die Koalitionäre nicht so. Aber die zweite Energiepreispauschale könnte mit Blick darauf deutlich höher ausfallen als die erste.
Die Ökonomin Monika Schnitzer, Mitglied der Wirtschaftsweisen, dem Beratergremium der Regierung, nannte am Freitag eine Summe von 500 Euro. Sie sprach sich in der „Rheinischen Post“ auch dafür aus, diese Entlastung über eine weitere Aussetzung der Schuldenbremse zu finanzieren. Das aber hat Lindner bisher ausgeschlossen, auch mit dem Argument, ein halbes Jahr nach dem Beginn des Ukraine-Krieges könne dieser nicht mehr als akuter Notfall herhalten, der die Ausnahmeregelung erlaube. Schnitzer spricht dagegen von einem „temporären Schock“ – und genau dafür ist vorgesehen, die Schuldenbremse temporär aufzuheben.
Gute Steuereinnahmen bisher
Aber muss die Koalition das überhaupt? Die Steuereinnahmen in diesem Jahr liegen bisher über Plan, nicht zuletzt bei der Umsatzsteuer. Es gibt keine Bestätigung dafür, aber schon die Mehrwertsteuersenkung bei der Gasumlage von 19 auf sieben Prozent lässt sich wohl dadurch stemmen, dass Erdgas so ungemein viel teurer ist als im Vorjahr – was die Einnahmen aus der Umsatzsteuer deutlich erhöht, selbst aus der gesenkten.
Auch ein drittes Entlastungspaket könnte aus überplanmäßigen Mehreinnahmen finanziert werden.
Zudem hat sich die Regierung wegen der Ukraine-Krise und der andauernden Pandemie einen großen Puffer im Etat genehmigt. Die Frage ist dann, ob und wie sich Kreditermächtigungen nutzen lassen, um weitere Entlastungen zu finanzieren. Schnitzer schlug dazu ein schuldenfinanziertes Sondervermögen für das Energiegeld vor, also ein Vorgehen analog zum Sondervermögen Bundeswehr, das eingerichtet wurde, um die unvorhergesehene Ausgabensteigerung bei der Bundeswehr zu finanzieren.
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