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Hat Stallgeruch im Schwabenland: Cem Özdemir hat wohl Interesse, nach Baden-Württemberg zu wechseln.

© dpa/Sebastian Kahnert

Entscheidung des Grünen steht unmittelbar bevor: Özdemir ist auf dem Sprung ins Ländle

Schon lange werden Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir Ambitionen nachgesagt, in Baden-Württemberg als Spitzenkandidat anzutreten. Nun muss er sich erklären.

Stand:

Nach dem Sommer werde es eine Entscheidung geben, hatten Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir über Monate betont. Inzwischen ist es lange Herbst und noch immer weiß man nicht, was die beiden Grünen-Politiker nun entscheiden.

Dabei gilt es längst als offenes Geheimnis, dass Özdemir in die Fußstapfen von Kretschmann treten und als Spitzenkandidat der Grünen bei der Landtagswahl im Frühjahr 2026 antreten will. Die Sache sei entschieden, heißt es aus seinem Umfeld. Nur die Verkündung hat man lange herausgezögert. Doch nun verdichten sich die Gerüchte in Berlin und Stuttgart. Statt „zeitnah“ heißt es inzwischen „unmittelbar“.

Die Verzögerung hat Gründe, denn die Grünen sind auch in Baden-Württemberg, wo Kretschmann vor 13 Jahren der erste – und bis heute einzige – grüne Ministerpräsident wurde, in einen Abwärtsstrudel geraten. In jüngsten Umfragen liegen sie inzwischen bei nur noch 18 Prozent. Bei den letzten Landtagswahlen holten sie noch mehr als 32 Prozent und ließen die CDU weit hinter sich.

34
Prozent erhält die CDU aktuell in Umfragen in Baden-Württemberg.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Die Konservativen im Südwesten haben mit Manuel Hagel einen neuen Landesvorsitzenden, dem es gelungen scheint, die notorisch zerstrittene CDU zu einen. Der junge Fraktionschef gilt als gesetzt für die Spitzenkandidatur der CDU in 2026. Die Umfragen können ihm Mut machen. Bei 34 Prozent liegt die CDU im Ländle – das ist der höchste Wert seit 2016.

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So mancher Grüne in Stuttgart hätte angesichts des negativen Trends die Verkündung, wer denn nun der mögliche Kretschmann-Nachfolger werden soll, am liebsten noch ein bisschen herausgezögert. Bei den Debatten der aktuellen Zeit – Probleme bei der Migration, innere Sicherheit, die angeschlagene Wirtschaft – könne man momentan nicht punkten, ist die Sorge.

Bis Oktober müssen wir wissen, wen wir in Stuttgart für die Bundestagswahl aufstellen.

Amelie Montigel, Stuttgarter Kreisvorsitzende, über den Zeitplan der Grünen.

Nun läuft den Südwest-Grünen jedoch die Zeit davon. Denn wenn Özdemir tatsächlich nach Stuttgart wechseln sollte, bräuchte seine Partei einen neuen Bundestagskandidaten für den Wahlkreis Stuttgart I, den Özdemir 2021 mit sagenhaften 40 Prozent direkt gewann. Im November ist bereits die Kreismitgliederversammlung der Stuttgarter Grünen. „Bis Oktober müssen wir wissen, wen wir in Stuttgart für die Bundestagswahl aufstellen“, sagte die Kreisvorsitzende Amelie Montigel bereits Ende Februar dem Tagesspiegel.

Nach dem Sommer, bis Oktober – das Zeitfenster für Özdemir wird immer kleiner. In seinem Umfeld plant man schon lange, wie die ersten Auftritte und eine Strategie für einen langen Wahlkampf aussehen könnten. Von einem „Team Özdemir“, berichtete die FAZ bereits vor längerer Zeit. Zu dem würden unter anderem Landesfinanzminister Danyal Bayaz, die Staatssekretäre Florian Hassler und Rudi Hoogvliet sowie die stellvertretende Regierungssprecherin Caroline Blarr gehören.

Rudi Hoogvliet gehört offenbar zum „Team Özdemir“.

© Imago/epd/Theo Klein

Auf sie wird ein schwieriger Drahtseilakt zukommen. Denn ab dem Moment der Entscheidung werden Kretschmann und Özdemir unter genauer Beobachtung stehen. Gibt es Differenzen? Was sagt der eine, was der andere? Zudem braucht es in der Landesgeschäftsstelle genug Geld und Personal für eine lange Kampagne.

Schwieriger noch wird es, dass Özdemir nicht zu sehr von der Ampel-Koalition beschädigt wird, der er selbst angehört. Denn die Erkenntnis der Strategen in Stuttgart lautet, dass es nicht der Kretschmann-Kurs ist, der an ihrer Beliebtheit nagt, sondern das miese Image der Bundespartei. So manchem Grünen wäre es wohl sogar ganz recht, wenn die Koalition mit SPD und FDP nicht noch bis zum Herbst 2025 durchhalten würde.

So oder so wird Özdemir dem Vernehmen nach sein Ministeramt nicht abgeben. Das Amt bringt Aufmerksamkeit und Ressourcen mit sich, schon jetzt absolviert Özdemir, der seit vielen Jahren in Berlin-Kreuzberg lebt, viele Termine in seiner alten Heimat.

„An Mut fehlt es mir jetzt nicht“, sagte Özdemir vor zwei Wochen im ARD-Talk „Maischberger“ angesprochen auf seine Ambitionen im Südwesten. Inhalte, Team und Kurs müssten aber stimmen. „Nach dem Sommer geht noch eine Weile“, sagte Özdemir zum Zeitplan. Er würde aber wetten, dass es nicht bis Weihnachten dauert, fügte er mit einem Lächeln hinzu. Allem Anschein nach dürfte die Entscheidung schon deutlich früher fallen.

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