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Polizeieinsatz bei einer Kundgebung der rechtsextremistischen Organisation "Pro Chemnitz" am Montag in Chemnitz.

© imago images/Bernd März

Ermittlungen gegen sächsischen Polizisten: Rechte demonstrieren in Pirna gegen Coronaregeln

Ein AfD-Mann, Beamter der Polizei Sachsen, organisiert in Pirna eine Demo gegen die Coronamaßnahmen. Nun läuft ein Disziplinarverfahren.

Von Matthias Meisner

Es ging nicht freundlich zu am Mittwochabend bei einem Protestmarsch rund um das Rathaus der Kreisstadt Pirna am Elbufer nahe Dresden. Ein AfD-Politiker hatte eine Demonstration gegen die staatlichen Restriktionen in der Coronakrise organisiert. Die eingesetzten Polizisten wurden von Teilnehmern übel beschimpft, als „Merkel-Schergen“ und „Wichser“, wie die „Sächsische Zeitung“ berichtete.

Pikant: Der Versammlungsleiter der Demonstration, der AfD-Kreisrat Steffen Janich aus der Gemeinde Dohma, ist selbst Beamter der Polizei Sachsen. Gegen ihn wird jetzt ermittelt, wie die Polizeidirektion Dresden am Donnerstag mitteilte. Janich war 2013 in Pirna Gründungsvorsitzender des ersten sächsischen Kreisverbandes der AfD.

Verbot des Führens der Dienstgeschäfte wird geprüft

Neben den strafrechtlichen Ermittlungen wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz sei auch ein disziplinarrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Beamten eingeleitet worden. Zudem prüft die Polizeidirektion Dresden, ob gegen den Polizisten ein Verbot des Führens der Dienstgeschäfte ausgesprochen wird.

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Fotos und Videos der Versammlung hatten bereits am Mittwoch in den sozialen Netzwerken die Runde gemacht. Ein Twitter-User berichtete, gut und gerne 200 Leute würden ums Rathaus laufen – „keine Masken, kein Abstand“. Gut erkennbar seien „die Leute und Wähler der AfD“. Und weiter: „Es soll ein ,Spaziergang' für ,unsere Grundrechte' sein . . . Warum macht die anwesende Polizei nichts?“ Auch im Umfeld der rechtsextremen „Wellenlänge“-Bewegung soll via WhatsApp und auch Facebook mobilisiert worden sein.

Die Polizei hatte nach eigenen Angaben am Mittwochabend zunächst „kein Versammlungsgeschehen“ erkannt. Lediglich fünf Menschen hätten sich zu Beginn versammelt, drei dann einen „Spaziergang“ begonnen. Diese Einschätzung änderte sich allerdings, nachdem sich immer mehr Personen anschlossen - am Ende sollten es laut Polizei rund 180 sein.

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Im Polizeibericht heißt es: „Während der Versammlung stellten Einsatzkräfte fortlaufend Verstöße gegen die Beschränkungen und Auflagen fest. Sie sprachen daraufhin via Lautsprecher die Teilnehmer direkt an. Gleichzeitig forderten sie den 49-Jährigen auf, die Beschränkungen und Auflagen durchzusetzen. Wenn dies nicht geschähe, wurde eine Auflösung der Versammlung angedroht.“ Der Protest-Organisator habe die Versammlung wenige Minuten darauf selbst beendet, die Teilnehmer hätten sich rasch vom Ort entfernt.

Viele Teilnehmer wollten keinen Mundschutz anlegen

Viele Teilnehmer hatten sich entgegen der Forderung der Polizei geweigert, einen Mundschutz anzulegen.

Laut „Sächsischer Zeitung“ hatte der AfD-Kommunalpolitiker Janich über Facebook mobilisiert. In einem Post sinnierte er demnach darüber, wie es wäre, an einem Abend auf dem Pirnaer Marktplatz spazieren zu gehen und über Grundrechte nachzudenken. Janich selbst habe auf Nachfrage von einer Versammlung zunächst nichts wissen wollen.

AfD-Politiker: Coronaeinschränkungen überzogen

Nach Angaben seiner Heimatzeitung fand sich eine bunte Mischung auf dem Marktplatz ein: bekannte Unternehmer und Handwerker seien dabei gewesen, aber auch Köpfe aus der rechten Szene und Verschwörungstheoretiker. Schilder seien hochgehalten worden, in denen von einem „Corona-Wahn“ und „Impfsklaven“ die Rede war.

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Das Blatt zitiert den Pirnaer AfD-Stadtrat Tim Lochner mit seiner Feststellung, dass nicht nur die Mundschutz-Pflicht beim Einkaufen überzogen sei, sondern ein großer Teil der Coronaeinschränkungen: „Wenn in Bergamo Fehler gemacht worden sind, sehe ich nicht ein, dass man in der Sächsischen Schweiz nicht wandern gehen darf“, sagte er. „Ich mahne Verhältnismäßigkeit an.“

Strikte Auflagen für Pegida und „Pro Chemnitz“

Mit einer Sondergenehmigung der Dresdner Versammlungsbehörde hatte am Montag - dem Geburtstag Hitlers - die rassistische Pegida-Bewegung erstmals in der Coronakrise wieder demonstrieren können - allerdings nur mit 15 zugelassenen Teilnehmern.

Zeitgleich versammelte sich die rechtsextreme Vereinigung „Pro Chemnitz“ in Chemnitz. Die Stadt hatte deren Kundgebung zunächst untersagt. Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Chemnitz konnte auch sie nur mit 15 Teilnehmern stattfinden. Zudem mussten die Demonstranten Mundschutz tragen und einen Mindestabstand von zwei Metern einhalten.

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