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Im Dauerstreit. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) (v.r.) sind sich über die Energiewende nicht einig. Rösler versteht darunter den Neubau von Kohlekraftwerken und möglichst vielen Stromleitungen. Röttgen versteht darunter zumindest auch den Ausbau der erneuerbaren Energien.

© dpa

Erneuerbare Energien: Röttgen verteidigt Solarförderung gegen Rösler

Energiewende rückwärts: Wie der Wirtschaftsminister und Teile der Unionsfraktion im Bundestag Strom aus erneuerbaren Energien bremsen wollen.

Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) sieht keinen Anlass, die Förderung erneuerbarer Energien komplett neu zu erfinden. „Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hat sich grundsätzlich bewährt und ist mit der Energiewende und den dazugehörigen Beschlüssen bekräftigt worden“, sagte Röttgens Sprecherin am Montag in Berlin. Zuvor hatte Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) gefordert, man müsse wegkommen von festen Förderzahlungen für Ökoenergie, um die Kosten für die Verbraucher stärker zu begrenzen. Das EEG müsse komplett überdacht werden.

Der Präsident des Bundesverbands Erneuerbare Energien (BEE), Dietmar Schütz, kritisierte Röslers Vorstoß scharf. „Jeden Tag ein unbrauchbarer Vorschlag aus dem Hause Rösler – das schafft nicht unbedingt Vertrauen in der Erneuerbare- Energien-Branche.“ Auch von den Grünen kam Kritik. „Rösler will offensichtlich die Energiewende nicht und gefährdet hunderttausende Arbeitsplätze in der Erneuerbare-Energien-Branche“, sagte der Energieexperte der grünen Bundestagsfraktion Hans Josef Fell.

Die jüngste Reform des EEG ist gerade mal 17 Tage in Kraft. Speziell die Solarförderung, die Rösler als besonders reformbedürftig einschätzt, ist seit 2008 dramatisch gefallen. 2008 gab es pro Kilowattstunde Solarstrom noch 47,75 Cent, seit dem 1. Januar sind es noch 24,43 Cent, und zum 1. Juli ist bereits die nächste Kürzung angekündigt auf dann noch 20,77 Cent. Damit liegt die Förderung unter dem Haushaltspreis für Strom. Das heißt: Wer Solarstrom ins Netz einspeist bekommt dafür weniger Geld, als er pro Kilowattstunde Strom, die er bezieht, bezahlen muss. Damit wird der Eigenverbrauch von Solarstrom deutlich attraktiver. In der Folge rechnen Experten mit geringeren Solarstrom-Einspeisemengen.

EEG-Debatte

Bundeswirtschaftsminister Rösler (FDP) und die CDU-Bundestagsabgeordneten Michael Fuchs, Joachim Pfeiffer und Thomas Bareiß wollen das Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) aber offenbar ganz abschaffen. Rösler hat statt des seit 1991 gültigen Förderprinzips ein Quotensystem ins Gespräch gebracht. Die CDU-Politiker wollen neue Windräder oder Solaranlagen nur noch da zulassen, wo es genügend Kapazität im Stromnetz gibt. Dabei haben inzwischen weltweit mehr als 40 Länder Gesetze nach EEG-Modell eingeführt.

Bisher gilt: Strom aus Windkraft, der Sonne, Wasserkraft oder Biomasse hat Vorrang. Er muss als erstes ins Stromnetz eingespeist werden. Außerdem gibt es je nach Technologie spezifische Abnahmepreise, die für jeweils 20 Jahre garantiert sind. Das Ergebnis in Deutschland ist ein Anteil von mehr als 20 Prozent erneuerbarer Energie am Strommix und etwa eine halbe Million Arbeitsplätze in der Branche der Erneuerbaren Energien. Hermann Albers, Präsident des Bundesverbands Windenergie, findet den Vorschlag der CDU-Politiker absurd. „Damit würden die Netzbetreiber, die den Netzausbau seit Jahren verschleppen, das Tempo der Energiewende bestimmen.“

Die von Rösler nun bemühten Quotensysteme, bei denen der Gesetzgeber den großen Energiekonzernen einen bestimmten Anteil erneuerbar erzeugten Stroms vorschreibt, haben den Praxistest dagegen nicht bestanden. In Großbritannien, wo es ein solches System gab, ist nun ein dem EEG vergleichbares Gesetz beschlossen worden, weil weder das Ausbautempo noch die erhofften Kostenvorteile erreicht wurden. Der grüne Energieexperte Hans-Josef Fell verweist auf „Mitnahmeeffekte“ in Quotensystemen und ebenfalls darauf, dass das Ausbautempo in diesem Fall von den großen Konzernen bestimmt wird, die bisher bekanntlich wenig Interesse gezeigt haben.

Fell weist noch auf etwas anderes hin: Dass die EEG-Umlage, also der Aufpreis, den jeder Stromverbraucher bezahlt, auf 3,592 Cent pro Kilowattstunde gestiegen ist, ist vor allem auf die Kosten für die Entlastungen der Industrie zurückzuführen. Große Stromverbraucher bezahlten keine EEG-Umlage und zudem auch keine Netzgebühren. Allein der Braunkohletagebau in Deutschland profitiert mit 40 Millionen Euro im Jahr von der sogenannten besonderen Ausgleichsregelung des EEG, schrieb Ursula Heinen-Esser, Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, auf eine entsprechende Anfrage von Fell. Das Institut für Zukunftsenergiesysteme (Izes) in Saarbrücken hat für die Grünen in einer noch unveröffentlichten Studie errechnet, dass diese Entlastungen für die Industrie, also ein Liquiditätspuffer für die Übertragungsnetzbetreiber und die besondere Ausgleichsregelung sowie die neueingeführte sogenannte Marktprämie, mit der Produzenten von erneuerbarem Strom mit einer Prämie dazu gebracht werden sollen, ihren Strom nicht über das EEG sondern anderweitig direkt zu vermarkten, den Großteil der Kostensteigerung bei der EEG-Umlage ausmacht. Ohne diese Sonderfaktoren wäre die EEG-Umlage sogar um 0,09 Cent gefallen, heißt es in der Studie. Der Liquiditätspuffer soll die Kosten der Übertragungsnetzbetreiber senken. Die Stromkunden haben nach Angaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) im Jahr 2011 mehr auf das EEG-Konto eingezahlt, als daraus abgeflossen ist - das ist der besagte Puffer. mit dpa

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