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Zur Unterstützung von Ärzten und Krankenpflegern bildet Israel Sanitäter im Verabreichen der Impfung aus.

© MENAHEM KAHANA / AFP

Erste Studien vom Impf-Vorreiter Israel: Wie gut wirkt der Biontech-Impfstoff?

Israel ist bei Corona-Impfungen anderen Ländern weit voraus. Aber sinkt dadurch auch die Infektionsrate? Erste Studien geben Aufschluss.

Israel führt nach wie vor die weltweite Impfstatisik an: Jeder fünfte Israeli hatte nach Angaben des Online-Portals „Our World in Data“ der Oxford-Universität bis Freitag mindestens die erste Impfung gegen das Coronavirus erhalten. Deutschland dagegen liegt mit einem Prozent weit dahinter.

Und nicht nur beim Spritzen, auch im Forschen ist Israels Tempo unerreicht: Die beiden größten Krankenkassen des Landes, Clalit und Maccabi, haben nun erste Daten zur Wirkung der Impfung mitgeteilt. Die Ergebnisse geben Anlass zu vorsichtigem Optimismus.

Was sagen die Studien über die Wirkung des Impfstoffs?

Clalit verglich den Anteil der positiven Corona-Tests unter 200.000 geimpften Israelis im Alter von über 60 Jahren mit der positiven Testrate unter 200.000 Ungeimpften derselben Altersklasse.

Nach zwei Wochen sank die Infektionsrate unter den Geimpften um 33 Prozent im Vergleich zu jenen, die auf die Impfung verzichtet hatten – obwohl die geimpften Teilnehmer nur die erste Dosis des Biontech/Pfizer-Impfstoffs erhalten hatten.

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Dessen 95-prozentige Wirkung, die der Hersteller verspricht, soll sich erst nach der zweiten Dosis entfalten. Medizinprofessor Ran Balicer von der Clalit betonte jedoch, dass die Ergebnisse „nicht auf vollen Schutz vor Infektionen“ hindeuten.

Das vorläufige Ergebnis der Studie der Maccabi-Krankenkasse, ebenfalls mit 400.000 Teilnehmern, fiel etwas besser aus: Demnach sinkt die Infektionsrate der Geimpften nach zwei Wochen um 60 Prozent. Bisher war unklar, ob der Biontech/Pfizer-Impfstoff nur gegen die Symptome des Virus wirkt oder auch vor Ansteckung schützt. Die Studien legen letzteres nahe.

Wer darf sich impfen lassen?

Seit Mittwoch dürfen sich alle Bürgerinnen und Bürger über 50 Jahre impfen lassen, ebenso wie sämtliche Lehrkräfte. Im Februar soll die Altersgrenze auf 40 Jahre sinken, bis Ende März sollen nahezu alle Erwachsenen immunisiert worden sein.

Schwangere sowie Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren sind bis auf Weiteres von der Impfung ausgeschlossen.

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Woher kommt der Impfstoff?

Israel hat sich schneller und in größerem Maßstab als viele andere Länder Impfstoffe der Hersteller Biontech/Pfizer und Moderna gesichert. Israels Regierung gibt keine Daten heraus, doch laut Schätzungen hat das Land schon vor dem Jahreswechsel vier bis fünf Millionen Dosen des Biontech/Pfizer-Impfstoffes erhalten.

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Außerdem erwartet es bis März mehrere Millionen Dosen von Moderna. Israel soll für den Biontech-Impfstoff erheblich mehr gezahlt haben als die USA und Europa. Die Regierung schweigt auch dazu.

Manche Experten meinen, die Hersteller hätten ein Interesse daran, Israel zu bevorzugen: Weil das Land klein ist, ein digitalisiertes Gesundheitssystem und erstklassige Forscher hat, eigne es sich gut als „Pilotprojekt“. Die dort erhobenen Daten liefern Erkenntnisse zu den Impfstoffen – und könnten andere potenzielle Kunden anspornen.

Wer organisiert die Impfungen?

Die vier großen Krankenkassen in Kooperation mit dem Gesundheitsministerium und lokalen Behörden. Die Krankenkassen führen digitale, zentralisierte Krankenakten sämtlicher Patienten. Auf diese Weise können sie alle Impfberechtigten leicht identifizieren und per SMS, E-Mail oder Anruf einladen.

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Israelis können ihre Impftermine online buchen und erhalten automatisch den Termin zur Folgeimpfung. Rund 350 Impfstationen betreiben die Krankenkassen im ganzen Land. Sie nutzen ihre eigenen Ärztezentren und Kliniken, aber auch Fußballstadien, Parkplätze, Gemeindezentren und Sporthallen. Außerdem touren mobile Impfwagen in abgelegene Dörfer.

Wie ermutigt der Staat die Bürger?

Vor Beginn der Kampagne hatten nur knapp Zweidrittel der Israelis in Umfragen erklärt, sich impfen lassen zu wollen. Doch die Regierung startete eine Medienkampagne unter dem Motto „Tnu Katef“, „gebt eine Schulter“. Zudem geht die Regierung streng gegen Anti-Impf-Propaganda vor:

So überzeugte sie Facebook, vier hebräischsprachige Gruppen, die Falschmeldungen über die Impfung verbreiteten, zu deaktivieren. Wer seine zweite Impfung hinter sich hat, erhält einen sogenannten „Grünen Pass“, der den Träger von Corona-bedingten Auflagen befreit, etwa der Quarantänepflicht nach Auslandsreisen.

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Bei der arabischen Minderheit, die 20 Prozent der Bevölkerung ausmacht, ist die Kampagne bisher weniger erfolgreich. Manche Experten machen dafür arabischsprachige Verschwörungstheorien in sozialen Netzwerken verantwortlich. Andere kritisieren, in arabischen Städten gebe es zu wenig Impfstationen. Dagegen spricht, dass manche Impfzentren in arabischen Städten jüdische Israelis zum Impfen einladen, weil sichvor Ort nicht genug Kandidaten melden.

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Wie beeinflusst die Kampagne die allgemeine Gesundheitslage?

Noch nicht spürbar: Die Zahl der täglichen Neuinfektionen ist in Israel zuletzt auf fast 10.000 gestiegen – so hoch nie wie und das trotz eines mehrwöchigen Lockdowns. Manche Experten vermuten, dass die britische Mutation des Virus an dem Anstieg schuld ist, andere sehen das Hauptproblem in der laxen Durchsetzung der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen.

Wie wirkt sich die Kampagne politisch aus?

Vermutlich zugunsten des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, der die Impfaktion zur Chefsache erklärt hat. „17 Mal“ habe er mit seinem „Freund“, dem Pfizer-CEO Albert Bourla, telefoniert, verkündete er vergangene Woche. Dank der „Einigung, die ich mit Pfizer getroffen habe“, versprach er, werde Israel sich als erstes Land der Welt aus den Fesseln des Virus befreien.

Am 23. März wird in Israel die nächste Parlamentswahl stattfinden, die vierte innerhalb von zwei Jahren. Netanjahu scheint die Impfaktion als Kampagne zu nutzen, nachdem seine Beliebtheitswerte im Laufe des vergangenen Jahres erheblich gesunken sind – nicht zuletzt unter dem Eindruck einer oft unvorhersehbaren Regierungsführung.

Das öffentliche Vertrauen in den Staat liegt laut Umfragen so niedrig wie lange nicht. Netanjahu muss hoffen, dass die Wähler ein kurzes Gedächtnis haben.

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