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Tanit Koch, Ex-"Bild"-Chefin

© Michael Kappeler / dpa

Imagepflege für den Kanzlerkandidaten: Ex-„Bild“-Chefin Tanit Koch berät jetzt Armin Laschet

Annalena Baerbocks Krisenkommunikation war schwach. Armin Laschet holt sich Profi-Hilfe, damit das seiner Wahlkampagne gar nicht erst passiert.

Von Robert Birnbaum

Zum Sieg, röhrte einst Gerhard Schröder, brauche er nur „Bild, BamS und Glotze“. Armin Laschet hat mit dem Altkanzler wenig gemein. Aber dass der Medienwahlkampf sogar noch viel wichtiger geworden ist, hat der Kanzlerkandidat von CDU und CSU am eigenen Leib erfahren.

Er hat sich jetzt eine Verstärkung geholt, die im Regierungsviertel bei den einen für freudiges Staunen sorgt und bei anderen vermutlich für stillen Neid: Tanit Koch, Ex-„Bild“-Chefredakteurin, nimmt Laschets Kommunikations- und Pressearbeit in die Hand.

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Die 43-Jährige setzt eine parteiübergreifende Tradition fort. Schröders Sprecher Bela Anda („Bild“) kam ebenso aus dem Haus Springer wie Edmund Stoibers Wahlkampf-Medienmanager Michael Spreng (BamS). Den Boulevard in seinem Denken und Methoden zu kennen war eben schon damals von Vorteil.

Heute zählt es noch viel mehr. Twitter, Facebook und viele Onlinemedien folgen den gleichen Gesetzen: Überschriften zählen und Tempo. Koch hat obendrein Fernseh-Erfahrung. Nach den zwei Jahren an der „Bild“-Spitze, als Co-Chef Julian Reichelt sie dort rausboxte, war sie ein Jahr lang bei RTL und n-tv.

Der neue Auftrag heißt also Laschet. Politisch geht das auf. Koch gilt als Liberale. Twitter-Glückwünsche kamen auch von Christdemokraten wie Ex-Generalsekretär Ruprecht Polenz.

[Lesen Sie auch: Laschets Herz für Merz: Der Leise und der Lautsprecher – kann das gutgehen? (T+)]

Nützlich ist es allemal. Laschet ist eigentlich ein geübter Talkshow-Gast. Aber jenseits seiner Komfortzone als jovial-vernünftiger Plauderer passierten ihm Szenen wie die im März, als Moderator Markus Lanz den Kandidaten ins Stottern brachte.

Laschet hat das Problem erkannt

Ob die Neue so was immer verhindern kann, wird sich zeigen. Aber die Personalie sendet jedenfalls das Signal, dass Laschet das Problem erkannt hat und ernst nimmt.

Den Eindruck hatten zuletzt auch wichtige Parteifreunde nicht unbedingt. Laschet, merkte einer neulich an, toure nach dem Machtkampf mit Markus Söder durch die Partei – gut und schön zur Pflege enttäuschter Parteiseelen, aber: „Er muss den Medienwahlkampf gewinnen, nicht bloß unsere Leute.“

Denn in- wie außerhalb der Union machte sich langsam die Sorge breit, dass Laschet die Sache zu gemütlich angehen könnte. Schon geht medial das unvorteilhafte Bild vom Kandidaten um, der im Schlafwagen zur Macht wolle.

Armin Laschet im NRW-Landtag
Armin Laschet im NRW-Landtag

© Marius Becker / dpa

Laschet sah sich am Dienstag in der Fraktion genötigt, den Zeitplan zu verteidigen, nach dem das Wahlprogramm am 20. und 21. Juni von den Vorständen von CDU und CSU gemeinsam verabschiedet wird. „Wir waren vor Bundestagswahlen immer die Letzten“, tröstete er die Abgeordneten, „aber auch somit die mit dem modernsten Programm.“

Eine etwas eigenwillige Logik zwar, doch es erhob sich kein Widerspruch.

Die Fraktion hatte ja auch vorgearbeitet. Ihr Positionspapier mit dem vielversprechenden Titel „Neustaat“ soll, das sagte Laschet zu, im Wahlprogramm gebührend berücksichtigt werden.

Das war für alle kein Geheimnis, die gelegentlich in die virtuellen „Runder Tisch“-Talks der CDU-Zentrale hineinschauen. Da reden Vertreter der Partei mit Fachleuten und Bürgern, die Ideen eingereicht haben, über Themen für das Programm, das Laschet mit dem Wort „Modernisierungsjahrzehnt“ erst sehr vage umrissen hat.

Man kann übrigens die Personalbesetzung dieser Runden durchaus als Fingerzeig dafür nehmen, wen der CDU-Chef sich als Mitglieder eines Wahlkampfteams jenseits von Friedrich Merz vorstellen kann. Beim Thema „Bürokratie“ standen Fraktionsvize Nadine Schön und der Berliner Thomas Heilmann für die CDU im Studio.

Als Experte zugeschaltet war der parteilose Rostocker Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen. Der rauschebärtige Däne, durch sein Corona-Management bekannt geworden, redet über die Verwaltung der Zukunft am Beispiel des Bürgers, der ein Haus bauen will.

Statt zu ’zig Behörden zu laufen, sagt Madsen, brauche der Bauherr ein „Amt für Baugenehmigungen“. Und dafür müsse die Verwaltung es bitteschön selbst hinkriegen, dass vom Bauamt bis zur Unteren Wasserbehörde alle dabei sind. Digital die Ämter zusammenschalten, gemeinsam Bauantrag prüfen, genehmigen, fertig!

Schön und Heilmann nicken. Das ist das „Neustaat“-Papier in Kurzform. Die beiden haben darüber ein Buch geschrieben.

Fraktionschef Ralf Brinkhaus, selbst ein Freund von mehr Management in der Politik, hat sie daraufhin ermuntert, ihre Ideen in das Fraktionspapier einzubringen. Weniger Staat und Vorschriften, dafür stringentere Strukturen lautet das Motto: Digitalakte statt Papierbergen, wie sie sich in Impfzentren stapeln, ein Digitalministerium und eine „Umsetzungswoche“ im Bundestag, in der das Parlament prüft, was Gesetze gebracht haben; vor allem aber eine tiefgreifende Strukturreform in Bund, Ländern und Kommunen.

Oder, kurz: Eine Föderalismusreform. Das Reizwort taucht in dem Text vorsichtshalber nicht auf. Ministerpräsidenten reagieren darauf allergisch und Bürger mit Gähnen. Vielleicht wäre das ja auch was für Tanit Kochs künftige Truppe: Dafür ein anderes Wort finden.

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