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Ein für Saudi-Arabien bestimmtes Küstenschutzboot wird in Sassnitz verladen.

© Stefan Sauer/ZB/dpa

Genehmigungen von Waffenexporten: Saudi-Arabien ist der zweitbeste Kunde der deutschen Rüstungsindustrie

Saudi-Arabien gehört auch in diesem Jahr zu den größten Empfängerstaaten deutscher Rüstungsgüter - obwohl das Land im Jemen Krieg führt.

Kaum ein anderer Staat hat in den vergangenen Jahren so viele Rüstungsgüter in Deutschland gekauft wie Saudi-Arabien. Damit müsste es nun eigentlich vorbei sein. Denn dem Koalitionsvertrag zufolge sollen solche Lieferungen in Länder, die im Jemen Krieg führen, nicht mehr erlaubt sein. Saudische Truppen kämpfen dort seit 2015 auf Seiten der jemenitischen Regierung gegen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen. Auch andere Staaten aus der Region beteiligen sich an der Militärallianz. Die Vereinten Nationen sehen Hinweise auf Kriegsverbrechen und sprechen von einer humanitären Katastrophe. Doch Saudi-Arabien ist derzeit der zweitbeste Kunde der deutschen Rüstungsindustrie.

Von Januar bis September 2018 genehmigte die Bundesregierung Rüstungsexporte in den Golfstaat mit einem Gesamtwert von 416,4 Millionen Euro. Nur Algerien darf in noch größerem Umfang deutsche Waffen kaufen, und zwar im Wert von 741,3 Millionen Euro. Saudi-Arabien liegt damit noch vor Deutschlands Nato-Partnern wie den USA (376,6 Millionen Euro) und Großbritannien (132,9 Millionen Euro). Diese neuen Zahlen gehen aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Frage des Grünen-Abgeordneten Omid Nouripour hervor.

Sogar Anstieg im Vergleich zum Vorjahr

Bereits 2017 stand Saudi-Arabien in der Liste der Empfängerländer von genehmigten Rüstungsexporten auf Platz zwei. Ein genauerer Vergleich der Zahlen zeigt allerdings, dass schon in den ersten drei Quartalen dieses Jahres der Wert der genehmigten Rüstungsexporte weit über dem im ganzen vergangenen Jahr erreichten liegt: 2017 genehmigte die Bundesregierung die Ausfuhr von Waffen und militärischer Ausrüstung nach Saudi-Arabien in Höhe von 254 Millionen Euro. Der Anstieg ist um so bemerkenswerter, weil im gleichen Zeitraum der Gesamtwert aller genehmigten Rüstungsexporte deutlich gesunken ist. Das Geschäft mit Saudi-Arabiens Herrschern hat sich also gegen den Trend entwickelt. Der besonders hohe Betrag im laufenden Jahr erklärt sich zum Teil durch die Anfang 2018 erteilten Genehmigungen für acht Patrouillenboote. Vor wenigen Wochen erlaubte die Bundesregierung außerdem die Ausfuhr von Radarsystemen, mit denen sich gegnerische Artillerie orten lässt. Welche deutschen Rüstungsgüter Saudi-Arabien in diesem Jahr noch kaufen darf, ist allerdings weitgehend unklar.

Im Koalitionsvertrag heißt es: „Wir werden ab sofort keine Ausfuhren an Länder mehr genehmigen, solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind.“ Allerdings folgt in der Vereinbarung von Union und SPD eine Ausnahmeklausel: „Firmen erhalten Vertrauensschutz, sofern sie nachweisen, dass bereits genehmigte Lieferungen ausschließlich im Empfängerland verbleiben.“ Dieser Satz stand nicht im Entwurf des Vertrags.

Schwesig hatte Vorbehalte gegen Exportstopp

Doch nicht nur Politiker der Union, sondern auch der SPD hatten Vorbehalte gegen den Exportstopp angemeldet. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) fürchtete, dass die bei der Peene-Werft in Wolgast bestellten Patrouillenboote nicht geliefert werden könnten. So wurde in letzter Minute die Ausnahmeklausel ergänzt, die nun von der Bundesregierung offenbar sehr weit ausgelegt wird.

Waffenexporte in Länder, die Krieg führen, sind nach den Richtlinien der Bundesregierung ohnehin nicht zulässig. „Die Lieferung von Kriegswaffen und kriegswaffennahen sonstigen Rüstungsgütern wird nicht genehmigt in Länder, die in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt sind.“ Allerdings fallen unter diese Regelung eben nicht alle Rüstungsgüter, sondern nur Kriegswaffen im engeren Sinn. Ein anderer Satz aus den Rüstungsexportrichtlinien könnte aber in der Debatte um den Fall des ermordeten saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi relevant sein: „Der Beachtung der Menschenrechte im Bestimmungs- und Endverbleibsland wird bei den Entscheidungen über Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern besonderes Gewicht beigemessen.“

Von der Führung in Riad verlangte Außenminister Heiko Maas (SPD) eine rasche Erklärung im Fall Khashoggi. „Sobald wir diese Erklärung kennen, werden wir daraus unsere Konsequenzen ziehen.“ Ob dann deutsche Rüstungslieferungen in Frage gestellt werden, blieb unklar.

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