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„Gewaltige Schnittmenge“: Führende FDP-Politiker umwerben die Union – Liberale weiter unter fünf Prozent
Sieben Wochen sind es noch bis zur Bundestagswahl. Die Union hat deutlich gemacht, dass die FDP nicht auf Hilfe im Wahlkampf setzten darf – dort wird dennoch auf Schwarz-Gelb gehofft.
Stand:
49 Tage vor der Bundestagswahl dümpelt die FDP in Umfragen auch nach dem Bruch der Ampel-Koalition um die fünf Prozent. Den Liberalen von Parteichef Christian Lindner droht, dass sie bei der Wahl am 23. Februar den Wiedereinzug in den Bundestag verpassen.
Die Union mit CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz sowie dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder hat zudem wiederholt deutlich gemacht, dass die FDP nicht auf Unterstützung im Wahlkampf setzen darf. Führende Liberale werben allerdings intensiv für ein Bündnis mit der Union, die darauf hoffen darf, mit Abstand stärkste Kraft im Parlament zu werden.
Ich erkenne an, dass die CDU sich nach der Ära Merkel erneuert hat und heute viele marktwirtschaftliche Positionen vertritt, etwa beim Thema Steuersenkungen.
Christian Dürr, FDP-Fraktionschef
Die FDP-Politikerin Agnes-Marie Strack-Zimmermann sprach nun in der „Bild am Sonntag“ von einer „gewaltigen Schnittmenge“ und einer „sehr gelungenen Kombination“. Für die Herausforderungen in der Sicherheits- und Wirtschaftspolitik wäre Schwarz-Gelb aus ihrer Sicht eine gute Mischung. Gleichwohl gehe im Wahlkampf „jeder für sich in die Bütt“, betonte die Verteidigungsexpertin, die dem FDP-Präsidium angehört und im Europaparlament sitzt.
Auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr warb für Schwarz-Gelb. „Ich erkenne an, dass die CDU sich nach der Ära Merkel erneuert hat und heute viele marktwirtschaftliche Positionen vertritt, etwa beim Thema Steuersenkungen“, sagte Dürr den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Eine Zusammenarbeit mit der Union könnte ich mir gut vorstellen“, betonte er.
Bündnissen mit SPD und Grünen nach der Bundestagswahl erteilte er eine Absage. Die FDP stehe für echte Reformen. „Ich wüsste zurzeit aber nicht, wie Reformen mit Rot-Grün gelingen sollen, die Union ist da besser aufgestellt“, sagte Dürr. „Reformpolitik ist für SPD und Grüne oftmals Wahlkampfthema, aber nie Regierungsthema.“
Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Johannes Vogel sieht dies genauso. „Mit Blick auf die Programme zeigt sich, dass in der Wirtschaftspolitik die Gemeinsamkeiten zwischen Union und FDP am größten sind. Eine solche Mandatsmehrheit ist möglich, nur wenige Prozentpunkte entfernt“, sagte Vogel dem Portal Web.de. Er betonte aber auch: „Schwarz-Gelb ist kein Selbstläufer.“
Auch im neuen Insa-Sonntagstrend für die „Bild am Sonntag“ stagniert die FDP bei vier Prozent. Die Union kommt unverändert auf 31 Prozent. Die SPD verliert einen Prozentpunkt und käme auf 16 Prozent, wenn am kommenden Sonntag bereits gewählt würde. Die Grünen legen einen Punkt auf 13 Prozent zu. Die AfD verharrt bei 20, das BSW bei sieben Prozent. Die Linke liegt bei drei Prozent und würde wie die Liberalen nicht im neuen Bundestag vertreten sein.
In bundesweiten Erhebungen – wie auch dem jüngsten Politbarometer von ZDF und Tagesspiegel – scheitert die FDP bei der Sonntagsfrage an der Fünf-Prozent-Hürde.
Die FDP hatte mit der Union zuletzt von 2009 bis 2013 unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) koaliert. Aus dem Bündnis konnten die Liberalen keinen Vorteil ziehen, sie flogen bei der Bundestagswahl 2013 aus dem Parlament. Nun hofft die FDP nach dem Platzen der Koalition mit SPD und Grünen wieder auf Schwarz-Gelb.
Die FDP kommt am Montag in Stuttgart zu ihrem traditionellen Dreikönigstreffen zusammen. Lindner hatte im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur am 3. Dezember an die Union appelliert, sich zu einem schwarz-gelben Bündnis nach der Wahl zu bekennen.
Baum rügt Lindner und Strack-Zimmermann
Vor dem Treffen hat der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum Ausrichtung und Führungsstil des FDP-Chefs kritisiert. „Unter Lindner sind parteiinterne Diskussionen von der Furcht geprägt, durch sie entstünde etwas Schädliches“, sagte der Liberale im Interview mit „Zeit online“. „Dabei ist der Diskurs das Lebenselixier für die Demokratie. Ohne Diskurs stirbt die Partei.“
Angesprochen auf das Verhalten der FDP-Führung beim Ende der Ampel-Koalition sagte Baum, das Verhalten des Vorsitzenden habe ihn zutiefst verstört. „Lindners Denke ist machtorientiert, auch innerparteilich.“
Baum würdigte in dem Interview Lindner dafür, dass er die FDP in den Bundestag zurückgebracht habe. „Aber danach hat er sie in die Selbstisolation geführt.“ Die Partei habe sich zu sehr auf eine Führungsfigur reduziert. „Wo ist die personelle Vielfalt? Wo ist die kämpferische Frau?“
Angesprochen auf Strack-Zimmermann erwiderte er: „Sie ist nicht sichtbar in der Außenpolitik.“ Nötig sei eine Vielfalt der Gesichter, die man mit bestimmten Themen verbindet. „Die Verengung auf ökonomische Ziele ist eine Verarmung des Liberalismus.“ (lem)
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