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Festsaal Kreuzberg: Die Grünen müssen bei der Bundestagswahl unter Jungwählern erneut deutliche Verluste hinnehmen.

© IMAGO/dts Nachrichtenagentur/IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Grüne und FDP stürzen bei Jungwählern ab: Linke feiert Kantersieg – AfD springt auf Platz 2

Vor drei Jahren lagen die Grünen unter jungen Menschen noch an erster Stelle. Nun halbieren sie ihr Ergebnis nahezu. Nur die FDP verliert noch mehr Stimmen. Klar ist: Jung wählt vor allem die Linke.

Stand:

Die Linke gehört zu den klaren Gewinnern bei der Bundestagswahl. Ihren Wiedereinzug hat sie geschafft. Unter jungen Menschen liegt die von vielen politischen Beobachtern jüngst noch totgesagte Partei sogar an erster Stelle.

Einer Hochrechnung des ZDF zufolge holte die Partei unter Menschen im Alter von 18 bis 24 Jahren mit 27 Prozent mit Abstand die meisten Stimmen. Im Vergleich zur vorigen Wahl konnte sie ihr Ergebnis damit mehr als verdreifachen.

Ebenso wie die AfD. Die in Teilen gesichert rechtsextreme Partei lag unter Jungwählern mit 21 Prozent an zweiter Stelle (2021: 7 Prozent). Abgeschlagen liegen die Union mit 12 Prozent, die SPD mit 11 Prozent sowie die Grünen mit 10 Prozent. FDP und BSW kommen wie auch bei allen anderen Wählern am schlechtesten weg (je sechs Prozent).

Vor allem Grüne und FDP haben im Vergleich zur Bundestagswahl 2021 massiv an Zustimmung unter jungen Menschen verloren: Getragen vom Jahrhundertthema Klimaschutz konnten die Grünen damals 23 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Die FDP lag mit 21 Prozent nur knapp dahinter. Beide stürzten nun ab.

Dass die Grünen aktuell junge Menschen nicht so erreichen wie in der Vergangenheit, zeigte sich schon bei der Europawahl im Juni. Damals büßte die Partei unter Jungwählern sogar zwei Drittel ihrer Stimmen ein und lag hinter Union (17 Prozent) und AfD (16 Prozent) nur noch an dritter Stelle. Die FDP erhielt da ebenfalls nur sieben Prozent. Die Linke (wie das BSW) sogar nur sechs Prozent.

Umso erstaunlicher ist das Wahlergebnis der Linken bei der diesjährigen Bundestagswahl, liegt die Europawahl doch gerade einmal acht Monate zurück. Soziologen erklären den Hype um die Linkspartei vor allem mit der starken Fokussierung auf soziale Gerechtigkeit, bezahlbares Wohnen und die Positionierung gegen rechts. Auch die starke Social-Media-Präsenz der Partei dürfte eine Rolle gespielt haben: Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek folgen auf TikTok mehr als eine halbe Million Menschen. Bei Friedrich Merz sind es 70.000.

Die Linke erreicht junge Menschen in den sozialen Medien am ehesten – auch die, die offiziell noch gar nicht wählen dürfen. Die Linke hat nämlich auch die U18-Wahl gewonnen. Eine Woche vor der Bundestagswahl haben sich landesweit mehr als 166.000 noch nicht volljährige Menschen beteiligt. Die Ergebnisse sind zwar nicht repräsentativ für junge Menschen zu verstehen.

Doch gehen sie in eine ähnliche Richtung wie die Bundestagswahlergebnisse am Sonntag: Die Linke hat mit 20,8 Prozent die meisten Stimmen junger Menschen erhalten. Danach folgen die SPD mit 17,9 Prozent, CDU/CSU mit 15,7 Prozent, die AfD mit 15,5 Prozent und Bündnis 90/Die Grünen mit 12,5 Prozent. Die Tierschutzpartei lag mit 3,8 Prozent sogar vor der FDP mit 3,4 Prozent.

Das Vertrauen in die Demokratie ist in unter jungen Menschen in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hoch. Das zeigt eine jüngste Umfrage der Bertelsmann Stiftung. Trotzdem blicken auch hierzulande viele mit wenig Optimismus in die Zukunft: Die aktuell größten Sorgen bereiten 18- bis 30-Jährigen demnach Verletzungen von Menschenrechten (51 Prozent), der Klimawandel (46 Prozent) sowie sexuelle Belästigung (45 Prozent).

Auch das Thema mentale Gesundheit spielt eine große Rolle: Viele junge Menschen erwarten, dass sich ihre eigene mentale Gesundheit in der Zukunft verschlechtern wird.

Schon die viel beachtete repräsentative Trendstudie „Jugend in Deutschland 2024“ legte die desolate psychische Situation der Jugendlichen vor allem aufgrund der multiplen Krisen offen. Die Stimmung der unter 30-Jährigen ist demnach geprägt von einer tiefen Verunsicherung, großer Unzufriedenheit und wenig Optimismus mit Blick auf die Zukunft.

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