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Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein.

© Markus Scholz/dpa

Ministerpräsident von Schleswig-Holstein: Günther relativiert Gedankenspiele zu Koalition mit Linken

Wer mit wem? Die Suche nach einem Regierungspartner wird mit dem Aufstieg kleiner Parteien immer komplizierter. Ein führender CDU-Mann denkt am Samstag über eine Koalition mit der linken nach – nur um dann zu relativieren.

Nach geballter Kritik aus seiner Partei hat Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) seine Gedankenspiele zu Koalitionen von CDU und Linken in Ostdeutschland relativiert. „Eine Koalition mit der Linkspartei lehne ich entschieden ab“, erklärte er am Samstagnachmittag in Kiel. Ziel der Union müsse es sein, die politischen Ränder auf beiden Seiten klein zu halten.

Seine Äußerungen in einem Interview der „Rheinischen Post“ (Samstag) hätten sich auf die konkrete Diskussion in der Union für den Fall bezogen, dass nach einer Landtagswahl keine Mehrheiten gegen Linke und AfD möglich seien. Eine solche Situation sei der CDU vor zwei Jahren in Sachsen-Anhalt knapp erspart geblieben. Wegen der Schwäche der SPD insbesondere im Osten sei die Gefahr weiter vorhanden. „Hier habe ich Verständnis für die Position von CDU-Politikern, die aufgeschlossen sind für Gespräche über eine inhaltliche Zusammenarbeit in Sachfragen, um Länder nicht unregierbar zu machen“, erklärte Günther weiter.

Zuvor hatte Günther mit Gedankenspielen zu Koalitionen von CDU und Linken in Ostdeutschland scharfe Kritik in der Union ausgelöst. Im Osten sei die Parteienlandschaft anders als im Westen, sagte Günther der „Rheinischen Post“ (Samstag). Fast 30 Jahre nach dem Mauerfall gebe es auch durch regionale Kooperationen ein „gutes Stück Normalisierung“ zwischen CDU und Linken. „Wenn Wahlergebnisse es nicht hergeben sollten, dass gegen die Linke eine Koalition gebildet wird, muss trotzdem eine handlungsfähige Regierung gebildet werden. Da muss die CDU pragmatisch sein.“

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier ging umgehend auf Distanz. „Das ist nicht hilfreich“, sagte der CDU-Bundesvize der Deutschen Presse-Agentur. „Die CDU und die Linkspartei trennen Welten. Deshalb ist das für die Union und erst recht für die CDU Hessen keine Option.“ Mit Blick auf die Landtagswahl am 28. Oktober sagte Bouffier, der derzeit mit den Grünen regiert, der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstag): „Wir machen nichts mit der Linkspartei und nichts mit der AfD. Alles andere ist potenziell koalitionsfähig.“

Friedrich (CSU) zeigt sich "entgeistert"

Der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich reagierte entgeistert auf Günthers Vorstoß. „Teile der CDU scheinen völlig die politische Orientierung zu verlieren“, schrieb der Vizepräsident des Bundestages auf Twitter. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bauministerium, Marco Wanderwitz (CDU), twitterte: „Die CDU als Volkspartei der Mitte braucht eine klare Abgrenzung zu beiden Rändern. Auch die Linke scheidet für Zusammenarbeit ohne wenn und aber aus.“ Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Fuchs drohte: „CDU und Linke, wenn da eine Koalition kommen würde, dann wäre das wohl für mich ein Scheidungsgrund.“

Auch Linksfraktionschef Dietmar Bartsch reagierte skeptisch. „Demokratische Parteien müssen prinzipiell gesprächsbereit sein, aber Union und Linke trennen in zentralen Fragen politische Welten“, sagte Bartsch der dpa. „Die Linke wird in allen Wahlkämpfen die grundsätzlichen Unterschiede zur CDU sichtbar machen.“

Lindner: "Gipfel der Beliebigkeit"

FDP-Chef Christian Lindner warnte auf Twitter: „Wenn die Partei von Adenauer und Kohl mit der Partei des „demokratischen Sozialismus“ koaliert, verliert sie ihre Seele. Und wer mit der FDP koaliert und zugleich mit der Linken liebäugelt, erreicht den Gipfel der Beliebigkeit.“ Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, erklärte: „Günter betreibt gezielte Desensibilisierung für Bündnisse mit Radikalen. Ein Bündnis mit der Linkspartei in Brandenburg ist der erste Schritte, der nächste könnte ein Bündnis mit der AfD in Sachsen oder Thüringen sein.“

Die Linke in Thüringen hat kein Interesse an einer Koalition mit der CDU. „Die Linke stellt mit Bodo Ramelow den Ministerpräsidenten in einer rot-rot-grünen Koalition“, sagte die Landes- und Fraktionsvorsitzende Susanne Hennig-Wellsow am Samstag. „Wir streiten 2019 dafür, dass wir diese Koalition auch weiter fortsetzen“, fügte sie hinzu. Mehr sei dazu nicht zu sagen.

Sachsens Ministerpräsident Kretschmer strikt gegen Koalition

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) lehnt eine Koalition mit der Linken strikt ab. „Die Positionen sind unvereinbar“, schrieb Kretschmer am Samstag auf Facebook und im Kurznachrichtendienst Twitter.

Alexander Dierks, Generalsekretär der sächsischen CDU, reagierte etwas heftiger auf den Vorschlag. „Langsam wird es verrückt“, sagte er. Für die CDU in Sachsen stelle sich die Frage nicht. Man habe eine Zusammenarbeit mit der Fortsetzungspartei der SED in den letzten fast 30 Jahren immer abgelehnt. Bei Themen wie Innerer Sicherheit oder Schulpolitik gebe es grundlegend verschiedene Vorstellungen über die gesellschaftlichen Entwicklungen in unserem Land. „Deshalb werden wir auch weiter selbstbewusst für eine große Zustimmung zu uns werben und uns nicht in überflüssigen Debatten verstricken“, erklärte Dierks.

In seinem Statement verwies Kretschmer darauf, dass die CDU Partei der sozialen Marktwirtschaft sei. „Freiheit und Sicherheit haben Priorität. Wir wollen eine starken aber keinen allmächtigen Staat“, betonte der Regierungschef.

Auf Bundesebene wirbt Günther für Jamaika-Bündnis

Für die Bundesebene sprach sich Günther dafür aus, dass die Union nach der nächsten Bundestagswahl ein Bündnis mit FDP und Grünen anstreben sollte. „Wenn Jamaika 2021 auf Bundesebene gelingen kann, dann wäre das für Deutschland das beste Modell“, sagte der Ministerpräsident, der seit 2017 in dieser Konstellation regiert.

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Für diese Wahlperiode ist die große Koalition im Bund aus seiner Sicht aber zum Erfolg verdammt. „Sie war es schon durch den schwierigen Start bei der Koalitionsbildung, und sie ist es noch stärker geworden durch den Unionsstreit um die Asylpolitik“, sagte Günther der Deutschen-Presse-Agentur. „Jeder Monat, den wir früher neu wählen sollten, würde uns noch mehr schaden, auch im öffentlichen Ansehen.“

In der „Rheinischen Post“ äußerte der 45-Jährige Verständnis für Brandenburgs CDU-Chef Ingo Senftleben, der im Frühjahr Gespräche mit AfD und Linken nach der Landtagswahl in Brandenburg 2019 angekündigt, aber eine Koalition mit der AfD so gut wie ausgeschlossen hatte. „Wenn da vernünftige Menschen in der Linkspartei am Werk sind, vertut man sich nichts damit, nach vernünftigen Lösungen zu suchen“, sagte er. Es wäre gut, auf Scheuklappen zu verzichten. Bei der AfD hingegen sei er skeptisch. „Mir fallen aus jedem Bundesland Äußerungen von führenden AfD-Politikern ein, wo jedes Gespräch vollkommen unmöglich ist.“ (dpa)

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