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Robert Habeck, Wirtschaftsminister und Vizekanzler, hält die Situation für Jüdinnen und Juden in Deutschland für noch schlechter als nach dem Terrorangriff des 7. Oktober.

© AFP/Jens Schlueter

Habeck sieht zunehmenden Antisemitismus: „Bestimmte Stadtteile können nicht mehr betreten werden“

Robert Habeck hält die Lebenssituation für Jüdinnen und Juden hierzulande für noch schlechter als nach dem 7. Oktober. Selbstkritisch sagt er: Auch die Politik habe noch keine adäquate Antwort.

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Als einer der ersten Spitzenpolitiker hatte Vizekanzler Robert Habeck auf den Terrorangriff des 7. Oktober 2023 auf Israel reagiert. In einem Video verurteilte der Grünen-Politiker nicht nur die Gräueltaten der Hamas. Für großes Aufsehen sorgte seine Feststellung, dass 80 Jahre nach dem Holocaust Jüdinnen und Juden wieder Angst hätten, in Deutschland offen ihre Religion zu leben.

Eineinhalb Jahre später hat sich daran aus seiner Sicht nichts zum Positiven verändert – im Gegenteil. „Die Situation ist schlimmer geworden“, sagte Habeck in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit der „Jüdischen Allgemeinen“. Der Antisemitismus in Deutschland habe noch einmal zugenommen. „Bestimmte Stadtteile oder Straßen können faktisch nicht mehr betreten werden, wenn man eine Kippa oder einen Davidstern trägt.“

Wenn der Antisemitismus in Deutschland stark ist, dann ist natürlich bislang keine Antwort – von niemandem – adäquat.

Robert Habeck

Zwar sei seine Haltung und die der Grünen beim Thema Antisemitismus klar. Seine Partei mache überall ihren Einfluss geltend, wo sie könne. Trotzdem gibt sich Habeck in Bezug auf die Unterstützung für die jüdische Gemeinschaft selbstkritisch. „Wenn der Antisemitismus in Deutschland stark ist, dann ist natürlich bislang keine Antwort – von niemandem – adäquat“, sagte Habeck.

Jüdinnen und Juden sollten sich nirgendwo auf der Welt rechtfertigen oder gar verstecken müssen, für Deutschland gelte das allemal. Dass Synagogen und jüdische Schulen Polizeischutz brauchen, beweise, dass es ein Problem gebe.

Habeck plädiert für Besuche von KZ-Gedenkstätten

In der Öffentlichkeit steht vor allem muslimischer Antisemitismus im Fokus. Den sieht auch Habeck. „Es gibt da einen strukturell verankerten Antisemitismus, der sich aus der Ablehnung des Staates Israels speist“, sagte der Grünen-Politiker. Um dem zu begegnen, forderte er eine aktive Aneignung von den hierzulande im Grundgesetz definierten Werten. „Wir müssen an die Schulen und in die Vereine, zu den Menschen“, sagte Habeck.

Habeck sprach sich zum Beispiel dafür aus, dass alle Jugendlichen, die das Existenzrecht Israels ablehnten, KZ-Gedenkstätten besuchen – ganz gleich, ob solche mit rechtsradikaler Gesinnung oder muslimischem Hintergrund.

„Solche Fahrten sollten wir allen Jugendlichen garantieren und Programme dieser Art hochfahren“, sagte Habeck. Aus der persönlichen Erfahrung und Gesprächen mit Erzieherinnen und Erziehern wisse man, dass ein Besuch in Gedenkstätten berühre und verändere. (Tsp)

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