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Wladimir Putin, Präsident Russlands.

© imago/ITAR-TASS

Cyberangriffe aus Russland: Hacken und Leaken sind eine Machtdemonstration

Russland hat wenig Interesse daran, in Deutschland die eine oder andere Partei gewinnen zu lassen. Es geht bei den Cyberattacken um ein ganz anderes Ziel. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Anna Sauerbrey

Wird es Deutschland ergehen wie Frankreich und den Vereinigten Staaten? Wird Russland versuchen, Einfluss auf die Bundestagswahl zu nehmen? Seit dem erfolgreichen Cyberangriff auf den Bundestag Anfang 2015, der der russischen Hackergruppe „Fancy Bear“ zugeschrieben wird, warten Nachrichtendienste und Sicherheitsexperten darauf, dass die erbeuteten Daten wieder auftauchen: Als informationelle Waffe, als „Kompromat“, um den Ruf von Politikern zu beschädigen und die Entscheidung der Wähler zu beeinflussen.

Diese Gefahr hebt nun auch der am Dienstag veröffentlichte Verfassungsschutzbericht hervor: „Mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl könnten auch deutsche Parteien und Politiker das Ziel russischer Einflussnahme werden.“ Es ist gut, dass vor Beginn der heißen Phase des Wahlkampfes daran erinnert und so das öffentliche Bewusstsein geschult wird – denn tatsächlich ist ein Angriff nicht unwahrscheinlich.

Auf den ersten Blick gibt es für Russland in Deutschland vergleichsweise wenig zu gewinnen. In Frankreich, wo 48 Stunden vor der Wahl teilweise gefälschtes Material von Servern der „En Marche“-Bewegung auftauchte, standen sich mit Emmanuel Macron und Marine Le Pen ein russlandkritischer Pro-Europäer und eine russlandfreundliche Anti-Europäerin gegenüber. In den USA bezeichnete Donald Trump vor der Wahl die Nato als „obsolet“. In Deutschland hingegen würden ein paar Prozentpunkte mehr oder weniger für die eine oder andere Partei wohl keinen großen außenpolitischen Unterschied machen. Angela Merkel, deren Bundestagsbüro unter den Anfang 2015 abgefischten war, führt mit 15 Prozentpunkten in den Umfragen.

Doch um ein kurzfristiges und konkretes Politikziel geht es Russland nach Ansicht vieler Experten auch gar nicht. Das Hacken und Leaken von Daten ist vielmehr eine Machtdemonstration. Putin hat die Urheberschaft für den Einbruch in die Server der US-Demokraten zwar stets von sich gewiesen, zuletzt ließ er verlauten, es handele sich um das Werk russischer „Patrioten“. Für die Zuschreibung sorgten die US-Geheimdienste schon selbst – und verhalfen dem Kreml-Chef damit zum Sieg. Seht her, heißt Putins Geste: Euer tolles demokratisches System, auf das ihr so stolz seid, ist verwundbar.

Das Volk kann sich jederzeit gegen euch wenden. Ihr werdet aus eurer Mitte heraus besiegt. Putin geht es mit den Hacker-Feldzügen und der Finanzierung rechter und populistischer Gruppierungen um eine langfristige Unterwanderung und Schwächung des Westens, um den Verlust von Vertrauen. Das eilt nicht. Er selbst muss schließlich nicht in Legislaturperioden denken.

Deutschland muss sich technisch wappnen

Gerade weil der Cyber- und Informationskrieg damit nicht nur im Bundestagswahljahr relevant ist, muss sich Deutschland technisch wappnen. Damit hat das Land spät angefangen, doch in jüngerer Zeit wurde das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik verstärkt (wenn auch nicht ausreichend), Ursula von der Leyen machte den Cyberkrieg mit dem neuen Weißbuch und der Schaffung neuer Einheiten zur Priorität und die Koordination zwischen Behörden und freier Wirtschaft wurde verbessert.

Der beste Schutz aber ist eine gesunde politische Kultur, Vertrauen in die Integrität der politischen Klasse, in die Verwaltung und in die Medien. Und da liegt Deutschland weit vorn.

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