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Israels Premier Naftali Bennett, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Russlands Staatschef Wladimir Putin.

© AFP

Update

Russlands Krieg in der Ukraine: Hat Bennett Selenskyj zum Nachgeben geraten? Jerusalem und Kiew dementieren

Die Regierungen weisen Berichte zurück, wonach Israels Präsident der Ukraine empfohlen habe, Putins Forderung zuzustimmen.

Die Regierungen in Israel und der Ukraine haben Vorwürfe zurückgewiesen, der israelische Premier Naftali Bennett habe dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj empfohlen, den Kreml-Forderungen zuzustimmen. Das hatten am Freitag die israelischen Zeitungen "Haaretz" und "Jerusalem Post" auf ihren Webseiten berichtet.

Demnach soll der offiziell als Vermittler angesprochene Bennett in einem Telefonat am Dienstag geraten haben, das Angebot des russischen Präsidenten Wladimir Putin anzunehmen, um den Krieg zu beenden – auch wenn das ukrainische Zugeständnisse bedeute. Die beiden Medien bezogen sich auf das Statement eines Kiewer Beamten.

Kiews Regierungsberater Mykhailo Podolyak schrieb am Samstag auf Twitter, "aus militärischen und politischen Gründen" habe Bennett nicht geraten, den russischen Forderungen zuzustimmen: Israel fordere Russland hingegen auf, die Lage "angemessener zu bewerten". Die "Jerusalem Post" meldete am Samstag, neben dem ranghohen Vertreter der Ukraine wehre sich auch ein israelischer Beamter gegen die Berichte. Die "Haaretz" schrieb unter Berufung auf eine Quelle in Bennetts Umfeld: "Der Premierminister hat Selenskyj nicht empfohlen, Putins Angebot anzunehmen, da Israel nicht weiß, wie dieses Angebot lautet. Auf jeden Fall beabsichtigt Bennett nicht, Selenskyj Empfehlungen oder Ratschläge zu geben, wie er sich in irgendeiner Phase verhalten soll."

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Der einstigen Meldung zufolge soll Präsident Selenskyj in dem Gespräch mit Bennett knapp "Ich höre dich" geantwortet haben, später wies er wie bekannt Putins Forderungen zurück. Der Anruf sei von Bennett initiiert worden, hieß es in den israelischen Zeitungen, seine Mediation aber "nutzlos" gewesen sein.

Russlands Präsident Putin verlangt, die Ukraine solle auf den angestrebten Nato-Beitritt verzichten, sich zur Neutralität verpflichten und Krim und Donbass als nicht-ukrainische Gebiete anerkennen.

Der ukrainische Staatschef Selenskyj hat in den Fragen zur Nato und den abtrünnigen Gebieten zuletzt Entgegenkommen signalisiert, aber auch "Sicherheitsgarantien des Westens" verlangt: Man sei nur bereit, auf eine Nato-Mitgliedschaft zu verzichten, wenn es Garantien etwa der USA gebe. Zudem müsse Russland die "Souveränität der Ukraine" anerkennen.

Wie berichtet haben sowohl Kiew als auch Moskau der Vermittlung durch Israels Regierungschef zugestimmt: Ministerpräsident Bennett hatte am Wochenende dazu Moskau und Berlin besucht. Der ukrainische Botschafter in Israel, Jewhen Kornijtschuk, hatte zudem erklärt, er könne sich Jerusalem als Ort russisch-ukrainischer Verhandlungen vorstellen.

Auch Präsident Selenskyj hat am Samstag in Kiew die israelische Hauptstadt als möglichen Ort für Verhandlungen mit Putin vorgeschlagen. Bislang fanden die Gespräche in Belarus, das selbst Kriegspartei auf russischer Seite ist, und in der Türkei statt. Selenskyj plädierte für einen anderen Ort: "Ob ich finde, dass Israel so ein Land sein kann und dabei besonders Jerusalem? Ich finde ja." Der Kreml schloss ein Treffen von Putin und Selenskyj nicht prinzipiell aus.

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Israel hat traditionell gute Beziehungen zu Kiew und Moskau; sowohl in der Ukraine als auch in Russland leben zahlreiche Bürger mit israelischen Papieren. In Israel selbst gibt es Millionen Bewohner, die aus den Staaten der früheren Sowjetunion stammen oder in den Jahren nach der Wende aus Russland und der Ukraine eingewandert sind. An zahlreichen Orten in Israel – Restaurants, Läden, Raststätten – weht in diesen Tagen die gelb-blaue Flagge der Ukraine.

Die Regierung in Jerusalem hat derzeit wegen ihrer Verbündeten ein Problem: Israel will die USA als Unterstützer nicht provozieren, die klar gegen Russland steht. Zugleich gibt es Übereinkünfte mit Moskau, dessen Armee für Syriens Regime den dortigen Krieg gewonnen hat – also im Nachbarland Israels als ein (wenn auch umstrittener) Stabilitätsfaktor gilt.

Derzeit loten israelische und ukrainische Diplomaten aus, ob Selenskyj im Knesset-Plenum eine Videorede halten kann. Sollte die Rede im israelischen Parlament nicht stattfinden, will Selenskyj prüfen, ob eine Rede in der Gedenkstätte Yad Vashem, womöglich auch ein virtueller Auftritt auf einem Platz in Tel Aviv möglich ist. Dessen Bürgermeister Ron Huldai habe Selenskyj schon mitgeteilt, berichten israelische Medien, dass er dies arrangieren würde.

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